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Stellenabbau bei Audi? Auch die Weißwurst steht auf dem Spiel

Autoindustrie

Stellenabbau bei Audi? Jetzt geht es auch um die Wurst

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    Der Vorsitzende des Audi Gesamtbetriebsrats Jörg Schlagbauer (hinten rechts) überzeugt sich bei den Kollegen in der Audi-eigenen Metzgerei über die Frische und Qualität der mehrfach prämierten Audi-Weißwürste.
    Der Vorsitzende des Audi Gesamtbetriebsrats Jörg Schlagbauer (hinten rechts) überzeugt sich bei den Kollegen in der Audi-eigenen Metzgerei über die Frische und Qualität der mehrfach prämierten Audi-Weißwürste. Foto: Audi AG/Betriebsrat

    Das Ringen um die Zukunft von Audi hat begonnen. Nach informellen Gesprächen hat die erste Verhandlungsrunde zwischen der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite stattgefunden, wie unsere Redaktion erfuhr. Erwartungsgemäß liegen die Parteien in ihren Vorstellungen weit auseinander, wie der Ingolstädter Autobauer aufgestellt werden soll. Dem Vernehmen nach stehen tausende Arbeitsplätze an dem oberbayerischen Standort und im baden-württembergischen Werk in Neckarsulm auf dem Spiel, wenn sich die Führung des Unternehmens mit ihren Forderungen durchsetzt. Audi-Insider sprechen davon, dass es die Beschäftigten rund ein Monatsgehalt kosten würde, sollten die Kürzungs-Pläne des Vorstands Wirklichkeit werden. 

    Im Gespräch mit unserer Redaktion sagt Jörg Schlagbauer, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Audi AG, zu solchen Rechen-Beispielen: „Wenn man sich die finanziellen Forderungen des Vorstands gegenüber der Belegschaft genau ansieht, dann komme ich sogar auf noch höhere Zahlen.“ Doch die Führung habe die Rechnung ohne die Menschen bei Audi und die IG Metall gemacht: „Ich kann dem Vorstand nur empfehlen, es nicht zu überziehen mit den Wünschen des Grauens.“ Denn die Forderungen nach einschneidenden Gehaltskürzungen beim Tarifentgelt, den tariflichen Leistungen und nach der Komplett-Ausgründung zentraler Bereiche würden an die Substanz des Unternehmens gehen. 

    Schärfere Töne der Audi-Betriebsräte

    Schlagbauer kritisiert das Vorgehen als „Frontalangriff auf die Audi-Beschäftigten sowie die bestehenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen“. Die Tonlage der Arbeitnehmerschaft gegenüber der Chefetage ist im Zuge des Konflikts schärfer geworden. Aus der Sicht des Betriebsrats-Vorsitzenden würden allein die bisher bekannt gewordenen Pläne des Vorstands zum Outsourcing ganzer Betriebsbereiche, zum Einsatz vermehrter Leiharbeit und der Verringerung von Ausbildungsplätzen zu einem erheblichen Personalumbau und Personalabbau der Stammbelegschaft führen. In der Audi AG, also in Deutschland, arbeiteten Ende vergangenen Jahres noch 55.413 Frauen und Männer. 

    Der Gewerkschafter gibt Einblicke in die Auslagerungspläne des Audi-Vorstands: Es gehe um drei Bereiche, den Vertrieb Deutschland, um alles, was mit Werkservice zu tun habe, also etwa die Instandhaltung wie die Haus- und Hofmeisterei und schließlich die Gastronomie. Der Betriebsrats-Vorsitzende stellt klar: „Da reden wir über rund 1600 Kolleginnen und Kollegen.“ Was die Gastronomie betrifft, geht es bei Audi im wahrsten Sinne des Wortes um die Wurst. Der Ingolstädter Schlagbauer ist als Oberbayer ein Freund der Weißwurst. So hat er schon einmal IG-Metall-Chefin Christiane Benner zum Verzehr der bayerischen Spezialität empfangen und nach dem Anlass auf dem sozialen Netzwerk LinkedIn getextet: „Wir freuen uns über die Weißwürste und Wiener, die unsere hauseigenen Metzgereien für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jeden Tag frisch herstellen. Das ist auch echtes Audi-Gfuih und das lassen wir uns auch nicht nehmen.“ 

    Gewerkschafter kämpft auch um die Audi-Weißwurst

    Nun warnt Schlagbauer die Spitze des Autobauers: „Wer hier wirklich ernsthaft vorhat, die Gastronomie auszulagern, setzt im Grunde auch die Axt an die Aufenthalts-Qualität in den Werken und die Attraktivität von Audi als Arbeitgeber an.“ Der Gewerkschafter kämpft damit auch für die „zig-fach prämierte Audi-Weißwurst“. Sie ist das bayerische Pendant zur bekannten Volkswagen-Currywurst. Das Unternehmen schreibt selbst in einem Pressetext: „Würstl rangieren bei den Audi-Mitarbeitern in der Beliebtheitsskala vor allen anderen Gerichten – noch vor Schnitzel oder Pasta. Im vergangenen Jahr sind rund eine Million Wiener Würstchen am Audi Standort Ingolstadt verkauft worden.“ Und noch konkreter heißt es dort: „Zudem haben die Mitarbeiter in den Pausen oder zum Mittagessen 460.000 Weißwürste und 110.000 Currywürste verzehrt. Für die selbst hergestellten Wurstwaren verwendet die Metzgerei ausschließlich hochwertige Zutaten aus der Region.“ 

    Aus dem firmeneigenen Beitrag spricht Stolz auf die eigenen Wurstwaren. Für den Betriebsrats-Vorsitzenden gilt für die Gastronomie und damit auch die Weißwürste, wie generell für das Unternehmen: „Wo Audi draufsteht, sollte auch Audi drin sein.“ Schlagbauer hat ein Gegenkonzept zur „Schonungslos-Liste des Vorstands, die sich für die Belegschaft zu einer Liste des Grauens entwickelt“.  Sein Slogan lautet: „Wir setzen auf mehr Audi im Audi.“ Was bedeutet das? Der Arbeitnehmer-Vertreter zielt darauf ab, dass wieder Kompetenz und Aufgaben zur Beschäftigungssicherung in das Unternehmen hereingeholt werden. Das wäre Insourcing statt Outsourcing. Natürlich drängt Schlagbauer darauf, dass ein möglicher Stellenabbau über Instrumente wie Altersteilzeit und Vorruhestand sozialverträglich gestaltet wird: „Der Vorstand steht hier im Wort.“ Er fordert eine Verlängerung der bisher geltenden Beschäftigungssicherung über 2029 hinaus.

    Noch ist unklar, wie viele Arbeitsplätze bei Audi wegfallen

    Noch ist unklar, wie viele Arbeitsplätze im Zuge der Veränderungen bei Audi wegfallen könnten. Schlagbauer beobachtet unter den Beschäftigten „Verunsicherung und Sorge um die vier Ringe“. Dennoch sei Audi immer noch eine besondere Firma mit extrem loyalen Beschäftigten: „Aber Wertschätzung sieht nun mal anders aus. Das tut uns allen nicht gut.“ Dabei kreidet der Betriebsrats-Vorsitzende ehemaligen Managern der Audi Konzern-Mutter Volkswagen vor allem einen großen Fehler an, „nämlich die einseitige, milliardenintensive Fokussierung rein auf E-Mobilität“. Damit seien Denkverbote gegenüber anderen Technologien einhergegangen. Schlagbauer ist sich sicher: „Das hat dem ganzen Konzern hinsichtlich Kreativität, Motivation, Identität und Kundenbegeisterung geschadet.“ 

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