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Standort Bayern: Studie: 2035 fehlen der bayerischen Wirtschaft 400.000 Arbeitskräfte

Standort Bayern

Studie: 2035 fehlen der bayerischen Wirtschaft 400.000 Arbeitskräfte

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    Der Fachkräftemangel bleibt noch für Jahrzehnte ein großes Problem.
    Der Fachkräftemangel bleibt noch für Jahrzehnte ein großes Problem. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Es gibt eine amüsante Anekdote, die man sich in der schwäbischen Wirtschaft gerade erzählt, die vielleicht stimmt, vielleicht auch nicht, die aber die derzeitige und aller Voraussicht nach künftige Situation auf dem Arbeitsmarkt perfekt auf den Punkt bringt: Nach einem Bewerbungsgespräch streckt der überaus geeignete Kandidat seinem potenziellen und sehr an ihm interessierten Chef die Hand entgegen und sagt: "Vielen Dank, gutes Gespräch, ich melde mich wieder bei Ihnen." Der sagt danach erst mal nichts. Und nun zu einer neuen Studie, die die neuen Strukturen des Arbeitnehmermarktes verdeutlicht: 

    2035 werden im ganzen Freistaat 400.000 Arbeitskräfte fehlen. Allein in Schwaben werden es 74.000 sein. In Zeiten des Fachkräftemangels hat die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) frische regionale Zahlen vorgestellt, die Einblicke bis tief in die einzelnen Regierungsbezirke und Landkreise geben. Dieser Prognos-Studie zufolge vergrößert sich die Lücke damit von heute knapp 55.000 um weitere rund 19.000 Personen, die dem Arbeitsmarkt fehlen. 

    Das ist die wirtschaftlich immer noch schwierige Perspektive für einen Zeitpunkt, an dem das Gröbste allerdings schon hinter der Region liegt. Die härteste Phase wird von dem schweizerischen Beratungsunternehmen für 2031 prognostiziert: Dann fehlen in den Unternehmen, Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen insgesamt rund 88.000 Arbeitskräfte. vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt sagt: ,,Wir beobachten im Wesentlichen in ganz Bayern eine günstigere Entwicklung des Arbeitskräfteangebotes in den Ballungszentren. Der Saldo zwischen Angebot und Nachfrage fällt in Schwaben insgesamt weniger stark aus als in anderen Regierungsbezirken".

    Arbeitskräftemangel wird sich in Schwaben vor allem im Landkreis Lindau zeigen

    Der Arbeitskräftemangel wird sich den weiteren Angaben zufolge 2035 in Schwaben besonders stark im Landkreis Lindau am Bodensee zeigen, wo die Nachfrage nach insgesamt 38.600 Arbeitskräften um knapp 13 Prozent über dem Angebot liegen wird. ln Dillingen an der Donau wird die Nachfrage (39.700 Arbeitskräfte) das Angebot um 11,5 Prozent übersteigen. Auch in den Landkreisen Unterallgäu und Günzburg (jeweils 10,8 Prozent) wird der Mangel groß sein. Für Augsburg geht Prognos davon aus, dass in 13 Jahren 178.900 Kräfte gebraucht werden: 5,5 Prozent mehr, als das Angebot hergibt. Sprich: Es werden knapp 9000 fehlen. 

    Die vbw erhebt die Daten regelmäßig. Zwar sind die Ergebnisse - bei der vorausgegangenen Studie war man davon ausgegangen, dass 700.000 Arbeitskräfte fehlen würden - weniger dramatisch als zuletzt, aber immer noch gravierend für den Standort. Die "verbesserte" Entwicklung geht laut Brossardt unter anderem darauf zurück, dass die Geflüchteten in die Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes mit einbezogen wurden. Entsprechend geht man davon aus, dass 2035 nicht mehr wie heute rund 13,4 Millionen, sondern 13,8 Millionen Personen in Bayern leben. Die Bevölkerung wächst also und mit ihr die Zahl derjenigen, die für die unbesetzten Jobs zur Verfügung stünden. Das macht es besser, aber eben nicht gut. 

    vbw-Geschäftsführer Brossardt fordert Reform des deutschen Arbeitsrechts

    Was gegen die Misere zu tun ist? Brossardt sagt, man müsse alle Register ziehen. Das heißt neben der ohnehin immer mitgedachten notwendigen Zuwanderung: Mehr für die Bildung tun - von der Grundschule über die betriebliche Ausbildung bis hin zur Hochschule und zur betrieblichen Weiterbildung. Dann: Fachkräftepotenziale im Land heben. Er hat da vor allem Frauen und Ältere im Blick. Dann: Die Jugendlichen und Langzeitarbeitslosen in die Jobs bringen. Und Brossardt fordert zudem: "Wir brauchen eine Veränderung des deutschen Arbeitszeitrechts. Das deutsche Arbeitszeitrecht entspricht nicht den Anforderungen einer modernen und flexiblen Arbeitswelt." Die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden müsse abgeschafft werden, zugunsten einer durchschnittlichen wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden. Die europäische Arbeitszeitrichtlinie ermögliche dies.

    Mal sehen, was die Azubis der Zukunft im Vorstellungsgespräch dazu sagen.

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