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Sozialer Ausgleich: Wirtschaftsexperte übt massive Kritik an den Plänen von Olaf Scholz

Sozialer Ausgleich

Wirtschaftsexperte übt massive Kritik an den Plänen von Olaf Scholz

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    Vor allem ärmere Haushalte sind von der steigenden Inflation stark betroffen.
    Vor allem ärmere Haushalte sind von der steigenden Inflation stark betroffen. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Wenn sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 4. Juli mit Spitzenvertretern der Arbeitnehmer und Arbeitgeber darüber beraten wird, wie die Preisentwicklung in den Griff zu bekommen ist, muss er mit heftigem Gegenwind rechnen. Nicht nur die Gewerkschaften sind wenig angetan von seinem Vorhaben, statt auf tarifliche Lohnerhöhungen auf Einmalzahlungen zu setzen. „Tarifverhandlungen werden nicht im Kanzleramt geführt. Über Ziele unserer Tarifpolitik entscheidet nicht die Politik, sondern die Tarifkommissionen und Gremien der IG Metall“, stellte die

    DIW-Chef Fratzscher: Bürger brauchen eine permanente Entlastung

    „Sonderzahlungen an Arbeitnehmer sind besser als keine Hilfe, können jedoch keine permanente Entlastung darstellen“, sagt Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Doch genau die braucht es seiner Meinung nach. „Die Energiekosten werden wohl nie wieder auf das Vorkrisenniveau sinken und dürften zudem weiter stark steigen“, sagt Fratzscher. „Einmalige Hilfen werden nur kurzfristig helfen, aber nicht dauerhaft Menschen mit geringen Einkommen entlasten können.“

    Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), kritisiert das Vorhaben von Bundeskanzler Olaf Scholz. .
    Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), kritisiert das Vorhaben von Bundeskanzler Olaf Scholz. . Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Höhere Löhne und Sozialleistungen seien deshalb der einzige nachhaltige Weg, wie Menschen mit geringen Einkommen dauerhaft höhere Preise für Energie und Lebensmittel verkraften können. „Bei Sonderzahlungen der Arbeitgeber fallen zu viele Menschen durch das Raster des Sozialstaats“, glaubt der DIW-Chef. „Die Bundesregierung muss dringend die Sozialsysteme modernisieren und so gestalten, dass Menschen mit geringen Einkommen und Bedürfnissen schnell, zielgenau und unbürokratisch erreicht werden können.“

    Unter anderem eine längerfristige Absenkung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse sei ein Weg. Tatsächlich zeigen Studien, dass Familien mit niedrigem Einkommen am meisten unter der Inflation leiden, weil sie prozentual mehr für Lebensmittel ausgeben.

    Viele DAX-Konzerne machen in der Krise hohe Gewinne

    „Die Bundesregierung muss jetzt Farbe bekennen, ob sie in dieser Krise die Schuldenbremse über die Bedürfnisse von Menschen mit geringen Einkommen stellen will“, sagt DIW-Chef Fratzscher. Bei einer offenen und transparenten Verrechnung der Schulden sei die Einhaltung der Schuldenbremse für 2023 schon jetzt unmöglich. Fratzscher macht zudem auf eine andere Entwicklung aufmerksam: „Es gibt nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner der Inflation“, sagt er.

    Zahlreiche DAX-Konzerne fahren zurzeit hohe Gewinne ein. „Eine konzertierte Aktion darf nicht zu einem universellen Lohnverzicht führen, sodass primär Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Last der Krise tragen müssen“, fordert er. „Das wäre wirtschaftlich schädlich, weil es die Nachfrage und damit Beschäftigung senken und lediglich die Ungleichheit erhöhen würde.“

    Fratzscher fordert: Erfolgreiche Firmen sollten Löhne erhöhen

    In erfolgreichen Wirtschaftssektoren müssten die Löhne auch stärker als die Inflation steigen können, in anderen dagegen sollten Löhne nur schwach erhöht werden, um Unternehmen nicht zu riskieren. „Wieso sollten beispielsweise Arbeitnehmerinnen von Mineralölkonzernen, die zurzeit Rekordgewinne machen, auf Lohnerhöhungen verzichten und der Staat mit Steuererleichterungen diese Konzerne noch stärker subventionieren?“, fragt Fratzscher.

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