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Skigebiet Laax in der Schweiz: Jump und Slide: Einstieg in die Welt des Freestyle-Skiing

Skigebiet Laax in der Schweiz

Jump und Slide: Einstieg in die Welt des Freestyle-Skiing

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    Freestyle-Mekka in den Schweizer Alpen: Das Skigebiet Flims Laax Falera verfügt über rund 224 Pistenkilometer und fünf Snowparks.
    Freestyle-Mekka in den Schweizer Alpen: Das Skigebiet Flims Laax Falera verfügt über rund 224 Pistenkilometer und fünf Snowparks. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn

    War das jetzt wirklich eine gute Idee? Während der Gondelfahrt zur Bergstation Crap Sogn Gion auf 2.252 Metern Höhe kommen erste Zweifel auf. Ich fahre zwar seit Jahren Ski. Aber das, was ich aus dem Fenster unter mir sehe, ist eine andere Dimension.

    Snowboarder fetzen durch eine gigantische Halfpipe und schießen die meterhohen Seitenwände hoch, um in der Luft wilde Drehungen zu vollführen. Mir tut schon beim Zuschauen alles weh.

    Joos Caviezel, Snowpark-Manager des Skigebiets Laax im Schweizerischen Kanton Graubünden, wird mir später erklären, dass es sich da unten mit 220 Metern Länge, über 7 Metern Höhe und 22 Metern Breite um die größte Halfpipe der Welt handelt. Die u-förmige Schneeröhre wird das «Big Beast» genannt - das «Große Biest».

    Direkt daneben wird es noch krasser - gerade läuft ein Slopestyle-Wettkampf. Das bedeutet: Internationale Freestyle-Stars sausen in Skiklamotten voller Sponsorennamen eine steile Piste mit mehreren bis zu vier Meter hohen Schanzenhügeln hinunter und drehen sich im Fliegen mehrmals um die eigene Achse. Wer die verrücktesten, originellsten und spektakulärsten Sprünge abliefert, gewinnt.

    Nervosität vor dem Anfängerkurs

    So etwas wie hier sieht man eigentlich nur bei den Olympischen Winterspielen und im Fernsehen. Doch ein Motivationsschub vor meinem gleich beginnenden Freestyle-Anfängerkurs ist das nicht. Im Gegenteil: Als ich oben aus der Gondel steige, meine Ski anschnalle und zum ausgemachten Treffpunkt gleite, werde ich immer aufgeregter.

    Das sei ganz normal. «Gerade bei älteren Anfängern, die vorsichtiger sind, während Kinder und Jugendliche noch nicht über mögliche Verletzungen nachdenken und einfach den Kick suchen», sagt mein Freestyle-Lehrer Dominic Camenisch zur Begrüßung.

    Wir fangen langsam an. Erst einmal möchte er sehen, wie ich Ski fahre. Ich soll vorfahren. Es ist eine leichte Piste. «So, die fahren wir gleich noch mal runter. Aber diesmal schnallst Du Deine Skischuhe komplett auf.» Er meint, ich hätte noch zu viel Rückenlage, und eine ausbalancierte Grundposition auf den Ski wäre vor allem bei Absprüngen auf Hindernissen und Schanzen wichtig, um nicht nach hinten zu fallen.

    Die Methode funktioniert. Ich stehe jetzt besser auf den Skiern. Nun fordert mich Dominic zum Walzer auf: Ich soll erneut die Piste runterfahren und mich dabei ständig im Kreis drehen. Danach fahren wir die Hügel streckenweise sogar rückwärts runter. Es dient dazu, später Hindernisse mit dem Rücken voran anfahren zu können.

    In Affenhaltung zum Absprung

    Als Nächstes steht der Hindernis-Parkour auf dem Programm – aber ohne Ski. Ich soll ein Gefühl dafür bekommen, wie man Boxen und Rails - lange Metallstangen - seitwärts herunter schlittert und zum Schluss abspringt. Schwerer als gedacht. Die Dinger sind extrem glitschig unter den Schuhen. «Weiter in die Knie, Arme und Oberkörper nach vorn», ruft Dominic mir immer wieder zu. Er nennt das die «Affenhaltung».

    Dominic nimmt mich beim Sliden zwischendurch an die Hand, als würde er einer alten Dame über die Straße helfen. Nach drei Stunden ist der erste Kurs-Tag vorbei. Ob ich noch ein wenig Pisten fahren möchte, fragt Dominic. Mein Rücken, meine Beine und die Knie sagen: nein. Verlockender sind jetzt der italienische Kaffee und die frisch zubereiteten Panini im «Caffè NoName». Von dort aus schaue ich den waghalsigen Freaks in der Superpipe zu.

    Dann geht’s gemächlich zur Talstation auf 1.100 Meter hinunter. Dort bringe ich doch noch Energie für den «Senda dil Dragun» auf. Schließlich soll es sich beim «Pfad des Drachen» um den - mit fast 1,6 Kilometern - längsten Baumwipfelpfad der Welt handeln.

    Weltoffen soll sie sein, die Freestyle-Szene, und trendy. Könnte gemessen an Laax hinhauen, das immerhin schon zum neunten Mal in Folge als «World's Best Freestyle Resort» ausgezeichnet wurde. Alles ist auf ein hippes Publikum zugeschnitten.

    Das Restaurant «Nooba» lädt zu einer kulinarischen panasiatischen Reise von Thailand über Vietnam bis Japan. Im Keller der angesagten «Indy Bar» im Rockresort können sich unkaputtbare Freestyler beim Skaten in einer Halfpipe weiter austoben.

    In der «Indy Bar» schlürft man auch leckere Drinks, während ein DJ Indie-Rock-Musik auflegt. Und macht der DJ auf der Bergstation Crap Sogn Gion Pause, kann man sich am Plattenregal bedienen, das man passiert, wenn man aus der Gondel kommt, und selbst eine Scheibe auflegen.

    Après-Ski-Partys - Fehlanzeige

    «Wer typische Après-Ski-Party sucht, wird in Laax definitiv enttäuscht», sagt Reto Poltera. Der Schweizer Snowboard-Pionier hat maßgeblich dazu beigetragen, das Skigebiet zu dem zu machen, was es heute ist. Bereits 1992 baute er mit zwei Kilometern den längsten Snowpark der Welt mit Autoreifen und Eisenstangen. Ein Jahr später die erste Schweizer Halfpipe.

    Es fiel ihm damals nicht schwer, den Skiresortbesitzer Reto Gurtner von der Idee zu überzeugen. Der studierte 1970 Jura in Kalifornien und war fasziniert vom Lifestyle der dortigen Surf- und Skateszene, dem Ursprung vom Snowboarding und Freestyle-Ski. Er spricht von einem besonderen «Vibe», einer «besonderen Kombination aus Lifestyle, Freestyle und Greenstyle». Dabei sind die Nachhaltigkeitspläne groß: In fünf Jahren will Laax als Skigebiet klimaneutral sein.

    All das zieht vor allem junge Leute aus der Surf-, Skate- und Snowboardszene an. «Aber auch Familien mit Kindern oder 40-jährige Väter, die früher mal skateten und sich jetzt im Freestyle üben wollen», sagt Snowpark-Manager Joos Caviezel.

    Gesteigerte Glücksgefühle

    Am nächsten Tag mache mich wieder zum Beginner-Park auf. Die Nervosität vom ersten Kurstag mischt sich mit Vorfreude. Freestyle-Lehrer Dominic zeigt, wie man mit leicht gebeugten Knien auf Stangen und Boxen fahrend balanciert. Sieht bei mir wohl nicht so spektakulär aus, aber wenn ich mal nicht vorzeitig runterfalle, bin ich schon stolz.

    Es ist ein vorsichtiges Herantasten. Selbst die kleinen Jumps, Slides und Sprünge machen Lust auf mehr. Ich fahre auf eine Schanze zu, die scheinbar immer größer wird, je näher ich ihr komme. Und schon wieder falle ich in den Schnee. Doch beim dritten Mal klappt es mit der sicheren Landung - endlich.

    Genau das ist es, was Freestyle-Skiing ausmacht - die kleinen Erfolgserlebnisse, die mit der Zeit größer werden und die Freiheit, die eigenen Grenzen zu testen. Ich verstehe langsam, was Dominic damit meint, dass es «süchtig» machen könne – selbst für einen Anfänger im fortgeschrittenen Alter.

    Jedenfalls reihe ich Versuch an Versuch. In der Mini-Pipe falle ich zwar mehr hin, als dass ich fahre. Ich brauche erst gar nicht daran zu denken, die Seitenwände komplett hoch zu brettern. Aber allein der Versuch macht mir Spaß.

    Reto Poltera hat dafür sogar eine wissenschaftliche Erklärung. Zusammen mit der Uni Köln hat er Messungen unternommen, die seiner Auskunft nach belegen, dass die überproportionale Beschleunigung in einer Halfpipe den Adrenalinspiegel und damit das Glücksgefühl überproportional steigert.

    So kann gesagt werden: Mut gehört für jeden Freestyle-Anfänger dazu, aber der wird ordentlich belohnt.

    Links, Tipps, Praktisches:

    Anreise: Verschiedene Airlines fliegen von Deutschland nach Zürich. Von hier sind es nach Laax rund zwei Autostunden. Mit dem Zug erreicht man aus Zürich in rund 1,5 Stunden die Kantonshauptstadt Chur. Von hier aus ist man in etwa 40 Minuten mit dem Postbus in Laax.

    Einreise: Für deutsche Staatsangehörige genügt der Personalausweis.

    Skigebiet: Das Skigebiet Flims Laax Falera liegt im Schweizer Kanton Graubünden und verfügt über 224 Pistenkilometer und fünf Snowparks, zwei Halfpipes und Jump-Lines. Allein der «P60»-Parkour hat 70 Hindernisse.

    Kurse: Private Freestyle-Kurse für ein bis zwei Personen kosten ab 245 Schweizer Franken und dauern zwei Stunden. Für jede weitere Person werden zusätzlich 30 Franken fällig. Für Jugendliche zwischen 10 und 17 Jahren gibt es mehrtägige Gruppenangebote mit Betreuung und Essen ab 366 Franken (laaxschool.com).

    Skipass: Die Tageskarte für Erwachsene kostet 65 Schweizer Franken. Jugendliche (13 bis 17 Jahre) bezahlen 43,50, Kinder (6 bis 12 Jahre) 23 Franken. Es gibt auch Mehrtageskarten.

    Währung: 1 Schweizer Franken (CHF) entspricht 1,07 Euro (Stand: 27.11.2024).

    Weitere Auskünfte: flimslaax.com

    Bringt Anfängern erste Tricks bei: Freestyle-Skilehrer Dominic Camenisch.
    Bringt Anfängern erste Tricks bei: Freestyle-Skilehrer Dominic Camenisch. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Reto Poltera gilt als Freestyle-Pionier und ist Managementmitglied des Skigebiets Laax.
    Reto Poltera gilt als Freestyle-Pionier und ist Managementmitglied des Skigebiets Laax. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Erst mal ohne Ski über die Box rutschen: Autor Manuel Meyer beim Freestyle-Anfängerkurs in Laax.
    Erst mal ohne Ski über die Box rutschen: Autor Manuel Meyer beim Freestyle-Anfängerkurs in Laax. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Gigantische Halbröhre: Die Superpipe in Laax ist 220 Meter lang und an den Seiten sieben Meter hoch.
    Gigantische Halbröhre: Die Superpipe in Laax ist 220 Meter lang und an den Seiten sieben Meter hoch. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Es braucht Mut und ordentlich Geschwindigkeit, um an den Rändern der Superpipe in die Luft abzuheben.
    Es braucht Mut und ordentlich Geschwindigkeit, um an den Rändern der Superpipe in die Luft abzuheben. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Unterwegs im Snowpark von Laax: So sieht es aus, wenn Könner ihre Tricks zeigen.
    Unterwegs im Snowpark von Laax: So sieht es aus, wenn Könner ihre Tricks zeigen. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Joos Caviezel ist Snowpark Manager des Skigebiets Laax.
    Joos Caviezel ist Snowpark Manager des Skigebiets Laax. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Anlaufpunkt für die Elite: Während unser Autor in Laax ist, findet dort auch ein Slopestyle-Wettkampf statt.
    Anlaufpunkt für die Elite: Während unser Autor in Laax ist, findet dort auch ein Slopestyle-Wettkampf statt. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Bretterwechsel: Im Keller der «Indy Bar» kann man in der Halfpipe Skateboard fahren - und Cocktails schlürfen.
    Bretterwechsel: Im Keller der «Indy Bar» kann man in der Halfpipe Skateboard fahren - und Cocktails schlürfen. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Abflug mit Aussicht: Slopestyle heißt diese Disziplin, bei der über «Kicker» genannte Schanzen gesprungen wird.
    Abflug mit Aussicht: Slopestyle heißt diese Disziplin, bei der über «Kicker» genannte Schanzen gesprungen wird. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Hier trifft sich die Szene: Das «Caffè NoName» liegt an der Superpipe in Laax.
    Hier trifft sich die Szene: Das «Caffè NoName» liegt an der Superpipe in Laax. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
    Abwechslung von der Piste: Der Senda dil Dragun wird als längster Baumwipfelpfad der Welt beworben.
    Abwechslung von der Piste: Der Senda dil Dragun wird als längster Baumwipfelpfad der Welt beworben. Foto: Manuel Meyer/dpa-tmn
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