Griechenland schleppt die höchste Schuldenlast aller EU-Staaten – ein Erbe der Finanzkrise der 2010er-Jahre. Jetzt zahlt der Athener Finanzminister Hilfskredite vorzeitig zurück. Aber bis das Land die EU-Schuldenvorgaben erfüllt, werden noch Jahrzehnte vergehen.
Es war die teuerste Rettungsaktion der internationalen Finanzgeschichte. Mit Hilfskrediten von 288,7 Milliarden Euro bewahrten die Europartner und der Internationale Währungsfonds (IWF) Griechenland in den Jahren 2010 bis 2018 vor dem Staatsbankrott. Als Ergebnis der Rettung trägt das Land heute die größte Schuldenlast aller EU-Staaten. Sie wird Ende dieses Jahres etwa 160 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung ausmachen. Im Durchschnitt der Eurozone liegt die Quote bei rund 90 Prozent.
Die Steuereinnahmen Griechenlands sprudeln stärker als erwartet
Inzwischen steht der einstige Pleitekandidat aber finanziell wieder so stabil da, dass der Athener Finanzminister Kostis Chatzidakis Schulden vorzeitig tilgen kann. Noch vor Jahresende will er 5,29 Milliarden Euro an die Länder der Eurogruppe überweisen. Dabei handelt es sich um Kreditraten aus der sogenannten Greek Loan Facility (GLF), des ersten, im Frühjahr 2010 geschnürten Rettungspakets von 52,9 Milliarden Euro. Die Tilgungen laufen in jährlichen Raten von je 2,645 Milliarden Euro bis 2041. Bereits Ende 2022 zahlte Griechenland die 2023 fällige Summe vorzeitig zurück. Jetzt will der Finanzminister die Raten für 2024 und 2025 vor der Zeit tilgen.
Geld dafür hat er, weil die Steuerquellen stärker sprudeln als erwartet. Die frühere Rückzahlung macht Sinn, weil die GLF-Darlehen mit einem Zinssatz von knapp vier Prozent deutlich teurer sind als die später gewährten Kredite des zweiten und dritten Hilfspakets. Bereits 2022 hatte Griechenland die ebenfalls teuren Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der das Land mit 28 Milliarden Euro stützte, zwei Jahre früher als vorgesehen zurückgezahlt.
Wirtschaftswachstum hilft, die Schuldenquote zu senken
Nicht nur infolge der vorzeitigen Tilgungen, sondern vor allem dank des starken Wirtschaftswachstums hat Griechenland seine Schuldenquote in den vergangenen drei Jahren deutlich senken können. Das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs 2021 und 2022 kumulativ um 14 Prozent. Für dieses Jahr setzt die Regierung ein Plus von 2,3 Prozent an, 2024 erwartet sie drei Prozent Wachstum. Spiegelbildlich schrumpft die in Relation zum BIP berechnete Schuldenquote. Sie fiel von 206,6 Prozent im Pandemiejahr 2020 bis Ende 2022 auf 172,6 Prozent. Kein anderer EU-Staat hat seit 2020 seine Schuldenlast so schnell gesenkt wie Griechenland.
Die Quote ist zwar immer noch die höchste in der EU. Dennoch hält die EU-Kommission die griechische Schuldenlast für tragfähig. Denn 71 Prozent der griechischen Staatsschulden liegen bei öffentlichen Gläubigern wie dem Euro-Stabilitätsfonds ESM. Der durchschnittliche Zinssatz beträgt nur 1,4 Prozent. Mit 20 Jahren hat Griechenland außerdem die längste durchschnittliche Laufzeit der Staatsverschuldung in der Eurozone. Das erleichtert die Refinanzierung und macht das Land weniger anfällig für das höhere Zinsniveau.
2038 soll die Verschuldung unter 100 Prozent des BIP fallen
Bis Griechenland die Schuldenobergrenze des EU-Stabilitätspakts von 60 Prozent des BIP einhält, wird allerdings noch viel Zeit vergehen. Die staatliche Schuldenagentur PDMA prognostiziert, dass die Schuldenquote 2038 erstmals seit dann 47 Jahren wieder unter 100 Prozent fallen wird. Die Referenzmarke des Stabilitätspakts von 60 Prozent wird nach der Prognose erst 2051 erreicht.