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Schließungen bei Galeria Karstadt Kaufhof: Bedroht der Online-Handel die Innenstädte?

Handel

Wie können Innenstädte gegen den Online-Handel bestehen?

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    An 16 Standorten sind Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof von der Schließung bedroht. Welche Folgen hat das für die Innenstädte?
    An 16 Standorten sind Warenhäuser von Galeria Karstadt Kaufhof von der Schließung bedroht. Welche Folgen hat das für die Innenstädte? Foto: Silvio Wyszengrad

    Der Onlinehandel setzt die Händler in den Innenstädten zunehmend unter Druck. Fachleute gehen nach der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Insolvenz davon aus, dass dieser Wandel nicht aufzuhalten ist. „Seit 20 Jahren wächst der Druck stetig“, sagt Johannes Berentzen, Geschäftsführer der BBE Handelsberatung. Dass der Marktanteil im Onlinehandel sukzessive angestiegen ist, beobachtet auch das Institut für Handelsforschung in Köln. „In einigen innerstädtischen Warengruppen erreicht dieser mittlerweile Werte von 50 Prozent“, sagt Geschäftsführer Boris Hedde. Vor allem Mode, Bücher und Elektroartikel werden häufig im Internet bestellt. 

    Hubert Aiwanger fordert sechs lange Einkaufsnächte

    Der Handelsverband Deutschland rechnet dieses Jahr im Onlinehandel mit einem Wachstum von drei Prozent. An diesem Montag legt der Verband neue Zahlen vor. Handelsexperte Berentzen ist sich sicher, dass der Onlinehandel weiter wachsen wird: „Seit dem Auftreten des Onlinehandels gibt es eine stetige Steigerung, in der Coronazeit ging es steil hoch, jetzt gab es eine Konsolidierung, aber in zwei, drei Jahren wird die Wachstumslinie ähnlich wie vorher sein“, prognostiziert er. 

    Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) fordert angesichts dieser Entwicklung, den stationären Handel und Onlineangebote künftig gemeinsam zu denken. Da gehe es um neue City-Nutzungskonzepte und die Stärkung des Erlebnischarakters in den Innenstädten. „Ich bin ein Befürworter von bis zu sechs langen Einkaufsnächten pro Jahr und Kommune“, betonte Aiwanger gegenüber unserer Redaktion. 

    Die Schuld an der schwachen Konsumlaune gibt Bayerns Wirtschaftsminister der Ampelregierung in Berlin. Hohe Energiepreise bremsten die Kauflaune, wegen des Heizungsgesetzes fürchteten viele Menschen hohe Investitionen. „Das macht den Menschen Angst. Stattdessen bräuchte es eine Steuerreform, die dafür sorgt, dass die Menschen mehr Geld zum Ausgeben in der Tasche haben“, forderte er. 

    Verdi: Werden weiter für die 16 Galeria-Standorte kämpfen

    Die Gewerkschaft Verdi sieht die Entwicklung angesichts der Krise bei Galeria Karstadt Kaufhof mit Sorge. Galeria hat nach der Insolvenz angekündigt, 16 Häuser zu schließen, unter anderem in Augsburg und Würzburg. „Es droht die Verödung der Innenstädte“, warnt Marcel Schäuble, der für Galeria zuständige Verdi-Verhandlungsführer. „Die Warenhäuser sind mit ihrem reichhaltigen Warenangebot das Herz der Innenstädte, von dem Kundenstrom profitieren auch andere Händler“, sagt er. 

    Galeria hat es aus Sicht von Handelsexperte Berentzen versäumt, auf den Trend zu reagieren: „Galeria Karstadt Kaufhof ist es nicht gelungen, den Offline-Einkauf vor Ort mit dem Online-Einkauf zu verknüpfen“, sagt er. Dabei müsse der Onlinehandel keine Bedrohung für stationäre Händler sein: „Es gibt Kaufhäuser, die inzwischen rund 60 Prozent des Umsatzes online machen und es zum Beispiel ermöglichen, dass Ware im Geschäft bestellt und nach Hause geliefert wird.“ Als Erfolgsbeispiel gilt das Modehaus Breuninger mit Sitz in Stuttgart. 

    Bayerns Wirtschaftsminister hat Hoffnung: „Wille zur Einigung“

    Verdi will trotzdem für die Galeria-Standorte kämpfen: „Bei den vergangenen Insolvenzen ist uns in vielen Fällen gelungen, Filialen von den Schließungslisten runterzubekommen, das wollen wir auch diesmal schaffen“, macht Schäuble Hoffnung. „Dazu braucht es aber auch große Anstrengungen der Politik, um die meist viel zu hohen Mietpreise runterzuverhandeln“, fügt er an. Aiwanger verbreitet ebenfalls Optimismus. Er bewerte es positiv, dass die Gespräche zwischen Galeria und dem Vermieter von Karstadt in Augsburg aktuell fortgesetzt werden. „Im letzten Gespräch hatte ich den Eindruck, dass es einen Willen zur Einigung gibt.“

    Die von der Schließung bedrohten Warenhäuser sind eine Herausforderung für Städte wie Augsburg oder Würzburg. Zwar hat ihre Bedeutung als Einkaufsmagnet in den Innenstädten in den letzten Jahren nachgelassen, berichtet Berentzen. Standen die Warenhäuser in den 80er Jahren noch für rund 15 Prozent der Umsätze, seien es 2023 nur noch 1,2 Prozent gewesen. "Trotzdem wirkt ein für vier bis fünf Jahre leerstehendes Gebäude wie eine Zahnlücke im Gesicht", sagt der Fachmann. 

    Immobilien durch eine Mischung aus Handel, Gastronomie, Büros und Dienstleistungen beleben

    Damit nicht andere Händler in der Umgebung leiden, müssten die Immobilien belebt werden, beispielsweise mit einer Mischung aus Handel, Gastronomie, darüber Büros oder Dienstleistungen. "Es gibt kein Patentrezept, viel hängt aber davon ab, wie die Kommunen den Prozess begleiten", sagt er. „Die gute Nachricht ist: Es lässt sich Neues schaffen.“ 

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