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Schließung: Nach Aus für Augsburger Aktienbank: So geht es weiter

Schließung

Nach Aus für Augsburger Aktienbank: So geht es weiter

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    Die Augsburger Aktienbank stellt ihr Geschäft ein.
    Die Augsburger Aktienbank stellt ihr Geschäft ein. Foto: Anne Wall

    Als die Beschäftigten am Dienstagabend auf einer Informationsveranstaltung in einer Augsburger Brauereigaststätte vom Ende ihrer Bank erfahren haben, herrschte gedrückte Stimmung. Dass der Augsburger Aktienbank eine schwierige Zukunft bevorsteht, hatten die meisten geahnt. Jetzt herrscht traurige Gewissheit. Die Nachricht vom Aus Ende 2022 "muss man erst einmal verdauen", sagte ein Betroffener. "Es ist ein schlechtes Gefühl." Was aber bedeutet die Schließung für die Beschäftigten genau? Und was passiert mit den Geldern der Kundinnen und Kunden?

    "Die Augsburger Aktienbank wird ihren Betrieb Ende 2022 einstellen“, bestätigt Lothar Behrens, Vorstandsvorsitzender des Instituts, im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Muttergesellschaft der Bank, die LVM-Versicherungsgruppe, hatte vor geraumer Zeit die strategische Entscheidung getroffen, keine Bank mehr im Konzern zu führen. Da sich für einen Verkauf der Gesamtbank kein Käufer gefunden hatte, beschloss die Gruppe, Teile der Bank einzeln an Interessenten zu verkaufen. Dies ist Schritt für Schritt geschehen; beispielsweise wechselte im Sommer 2020 das gesamte Wertpapiergeschäft zu Ebase in Aschheim bei München. Andere Teile folgten. Von einst 500 Beschäftigten blieben 130 übrig.

    Aktienbank-Chef Behrens: "Keinen Käufer für die verbliebene Bank mehr gefunden"

    "Heute ist die Augsburger Aktienbank ein sehr viel kleineres Institut“, berichtet Behrens. Es bestehen insbesondere noch Giro- und Tagesgeldkonten, daneben gibt es laufende Konsumentenkredite. Die Bilanzsumme der Bank liegt noch bei rund einer Milliarde Euro; vor dem Abbau waren es mehr als drei Milliarden. "Für die verbliebene Bank konnte letztlich kein Käufer mehr gefunden werden, obwohl wir Gespräche geführt haben“, berichtet Behrens.

    Unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Augsburger Aktienbank herrscht angesichts der Entscheidung große Betroffenheit, sagt Betriebsratschef Marcel Irmscher. "Ich habe immer an das Potenzial der Augsburger Aktienbank geglaubt. Es ist schade, dass eine fast 60-jährige Tradition so endet“, sagt er. "Die Beschäftigten haben ihr Herzblut für die Bank gegeben, es tut weh, wenn man sie jetzt beerdigen muss.“

    Kritik aus dem Betriebsrat: "Wir sind hingehalten worden"

    Irmscher kritisiert allerdings, dass seit der Entscheidung zum Wertpapierverkauf Mitte 2020 lange Zeit Unsicherheit herrschte. "Seit Juni letzten Jahres hat man die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingehalten, was ihre Zukunft betrifft“, sagt Irmscher. Die Hoffnung war stets da, dass es weitergeht. In Mitteilungen der Bank war schließlich häufig von einer "Neuordnung" oder einer "Neuausrichtung der Geschäftsfelder" die Rede. Stattdessen kam das Aus.

    In Mitarbeiterkreisen wird es auch kritisch gesehen, dass bei den Beschlüssen zur Einstellung des Geschäftsbetriebs kein Arbeitnehmervertreter dabei war. Grund war, dass durch einen tragischen Unfall und den Wechsel einer Betriebsrätin zu Ebase nach München die beiden Aufsichtsratsstellen für die Arbeitnehmerseite nicht besetzt waren.

    Gab es wirklich keine Chance, der verbliebenen Bank eine Zukunft zu geben? Aus Sicht der Eigentümerin, der LVM-Versicherungsgruppe in Münster, führte an der Schließung kein Weg vorbei: "Es war die strategische Entscheidung der LVM, sich vom Bankgeschäft zu trennen“, bestätigt Rainer Wilmink, AAB-Aufsichtsratsvorsitzender und Vorstandsmitglied der Versicherungsgruppe. Zwar habe man aktiv nach einem Käufer für die Gesamtbank gesucht, allerdings keinen gefunden. Es gab allerdings Interesse an Teilbereichen. Bei der LVM sieht man es durchaus als Erfolg an, dass dadurch eine sehr große Zahl der Beschäftigten eine Perspektive bekommen hat. Die anhaltend niedrigen Zinsen in der Corona-Krise hätten die Suche nach einem Käufer für das verbliebene Geschäft mit Giro- und Tagesgeldkonten allerdings deutlich erschwert. Im Aufsichtsrat ist am Ende beschlossen worden, dass es wirtschaftlich nicht vertretbar sei, die Rest-Bank fortzuführen, erklärt Wilmink. Davor seien lange andere Optionen abgewogen worden. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und sind uns der Wirkung auf die Mitarbeiter bewusst“, sagt er.

    Sozialplan für die Beschäftigten soll "fair" sein

    Was aber bedeutet das Aus der Bank nun für die Beschäftigten? Klar ist: Mit der Entscheidung werden spätestens zum Ende des kommenden Jahres die verbliebenen 130 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz verlieren. "Bis Mai 2022 wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben“, berichtet Aktienbank-Chef Behrens. Danach aber werden voraussichtlich alle verbliebenen Beschäftigten gleichzeitig ihre Kündigung für die zweite Jahreshälfte erhalten.

    Jetzt geht es darum, für die Betroffenen einen Ausgleich für den Arbeitsplatzverlust zu schaffen: Bei der Bank stehen derzeit Betriebsratswahlen an. Sobald der neue Betriebsrat gebildet ist, ist es das Ziel, Verhandlungen über einen Sozialplan für die Beschäftigten aufzunehmen. "Wir streben eine faire Lösung an, das ist auch der Anspruch der LVM“, sagt Behrens. Abfindungen und Unterstützung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Suche nach neuen Stellen, würden dabei "ein zentrales Thema sein“. Ziel sei es, im ersten Quartal 2022 eine Einigung über einen

    "Die Betroffenheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist groß, viele wissen nicht, wie es für sie beruflich weitergeht. Sie müssen bangen, dass sie eine neue Stelle finden“, sagt Betriebsratschef Irmscher. Dies gilt gerade für ältere Beschäftigte. In den Verhandlungen um den Sozialplan seien deshalb Bewerbertrainings, Regeln für Teilzeitkräfte und Beschäftigte in Elternzeit wichtig.

    Bei der LVM-Versicherungsgruppe sichert man zu, die Suche nach einem fairen Sozialplan zu unterstützen: "Wir bedauern, dass es nicht für jeden der Mitarbeiter gelungen ist, eine Nachfolgemöglichkeit zu finden“, so LVM-Vorstand Wilmink. "Deshalb würden wir es begrüßen, wenn eine faire und angemessene Lösung für einen Sozialplan mit der Mitarbeitervertretung gefunden wird.“

    Kundinnen und Kunden müssen sich eine neue Bank suchen oder mit der Kündigung ihrer Konten rechnen

    Was aber bedeutet die Schließung am Ende für die Kundinnen und Kunden? Sicher ist, dass sich die verbliebenen Kunden eine neue Bank suchen müssen – und zwar bis Ende 2022. Die Augsburger Aktienbank führt noch rund 100.000 Konten und betreut rund 93.000 Kunden. "Wir werden unsere Kunden zu einem anderen Institut begleiten“, verspricht Behrens. Dies kann eine Regionalbank oder eine Direktbank sein – je nach Bedürfnis. "Ganz am Schluss werden wir verbliebene Konten aber kündigen müssen“, sagt er.

    Wessen Konto von der Bank gekündigt wurde, der sollte dort sein Geld abheben und das Konto räumen. Lässt sich die Inhaberin oder der Inhaber des Kontos nicht ausfindig machen, überweise die Bank das Geld an das Amtsgericht, erklärt Behrens. Dort wird es treuhändisch auf einem Konto verwahrt, bis sich die Inhaberin oder der Inhaber oder eine Erbin oder ein Erbe meldet. Das Vermögen geht also nicht verloren, es dürfte aber komplizierter sein, das Geld zurückzuerhalten.

    Depots führt die Aktienbank nicht mehr. Diese sind an die Ebase in München übertragen worden. Es bleiben noch laufende Konsumentenkredite. Diese werden auch nach der Einstellung des Geschäftsbetriebs weitergeführt, bis sie Stück für Stück in den nächsten zwei bis drei Jahren zurückgezahlt werden. Die Kunden müssen also nicht aktiv werden. Für die Konsumentenkredite wird noch eine kleine Gesellschaft bestehen bleiben.

    Die Augsburger Aktienbank meldete zu Beginn des Jahres noch Rekordwerte für ihr Wertpapiergeschäft. "Wir haben bei der Augsburger Aktienbank einen guten Job gemacht“, sagt Behrens. "Wir haben viel geleistet und erreicht, auch wenn die Rahmenbedingungen nicht immer einfach waren“, sagt er, insbesondere nach der Finanzkrise 2008 sei dies der Fall gewesen. "Ich respektiere aber die Entscheidung unseres Aktionärs und kann sie nachvollziehen“, sagt er. Es sei eine strategische Entscheidung gewesen, keine betriebswirtschaftliche. "Mein klares Ziel ist es, dass wir uns jetzt so verabschieden, wie wir aktiv waren – mit erhobenem Haupt. Das ist unsere Verantwortung gegenüber unseren Mitarbeitern und Kunden.“

    Seine eigene Zukunft lässt Behrens vorerst offen. "Ich habe diese Entscheidung hintenangestellt“, sagt er. Zuvor will er die Bank bis zur Einstellung des Betriebs begleiten.

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