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Schlechte Beratung: Ilse Aigner macht Banken Druck

Schlechte Beratung

Ilse Aigner macht Banken Druck

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    Ilse Aigner wird neue Landwirtschaftsministerin
    Ilse Aigner wird neue Landwirtschaftsministerin Foto: DPA

    Riskante Produkte, hohe Provisionen, überzogene Renditeversprechen: Die Stiftung Warentest hat eklatante Fehler bei der Beratung von Bankkunden aufgedeckt. Was meint Ministerin Ilse Aigner dazu - und was tut sie dagegen?

    Frau Aigner, haben die Banken nichts aus der Krise gelernt?

    Aigner: Offensichtlich haben noch nicht alle Banken verstanden, dass Vertrauen in ihre Branche ein hohes Gut ist. Das Ergebnis des Tests zeigt: In vielen Fällen ist die Beratung unterdurchschnittlich, um es einmal vorsichtig auszudrücken.

    Anlageberater müssen für ihre Kunden künftig ein Protokoll verfassen, die Verjährungsfrist für Falschberatungen wird verlängert. Reicht das schon?

    Aigner: Abgesehen von diesen gesetzlichen Maßnahmen haben wir bisher vor allem auf Freiwilligkeit gesetzt. Das von meinem Ministerium bereits im Sommer entworfene Produktinformationsblatt, das Risiken, Rendite und Kosten einer Geldanlage sehr übersichtlich auflistet, hat bisher nur eine Bank in Deutschland eingeführt. Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Banken nicht freiwillig für mehr Transparenz sorgen. Wir müssen uns deshalb jetzt Gedanken machen, wie der Gesetzgeber handeln kann.

    Das heißt, ein solcher Beipackzettel könnte künftig verpflichtend werden?

    Aigner: Ja. Jeder Verbraucher muss erkennen können, was sich hinter einem Produkt verbirgt. Aber auch bei der Qualifikation der Berater und den oft undurchsichtigen Provisionssystemen und Verkaufsvorgaben der Banken liegt noch einiges im Argen. Hier werden häufig noch die falschen Anreize gesetzt.

    Aber wie verhindern Sie, dass ein Berater vor allem an seine Provision denkt und nicht an die Rendite seines Kunden?

    Aigner: Ich möchte die Schuld nicht pauschal auf die Berater abwälzen. Häufig sind es ja die Banken selbst, die ihre Mitarbeiter anweisen, von einem bestimmten Papier möglichst hohe Stückzahlen zu verkaufen. Solche Anreizsysteme nutzen vielleicht der Bank, aber nicht zwangsläufig auch den Kunden.

    Sie wollen die Haftung für Finanzprodukte verschärfen. Was planen Sie konkret?

    Aigner: Die Verjährungsfristen für fehlerhafte Prospekte und für unterbliebene oder falsche Pflichtmitteilungen sollten auf zehn Jahre verlängert werden. Das haben wir bei Falschberatungen ja schon geregelt. Und das Beratungsprotokoll sollte auch für Investmentfonds und für Produkte des grauen Markts gelten.

    Bei der Riester-Rente weisen fast 40 Prozent der Angebote die Kosten nicht oder nur ungenügend aus. Ein Fall für die Verbraucherministerin?

    Aigner: Auch hier würde eine präzise, verbindliche Produktinformation mehr Transparenz schaffen. Die Gesamtkosten müssen für alle Kunden sichtbar und verständlich ausgewiesen werden - so wie es die Versicherungen heute schon tun. Der Kunde muss zwei Sparverträge oder zwei Fondsparpläne nebeneinanderlegen und miteinander vergleichen können. Und wenn ich als Verbraucher sehe, hier habe ich zehn Prozent an Kosten und dort nur drei, dann setzen sich auf Dauer auch nur die Produkte mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis durch.

    Verbraucherschützer fordern eine bessere Aufsicht. Aber hat der Staat in der Flut der Zertifikate und Derivate nicht längst den Überblick verloren?

    Aigner: Es wird kaum möglich sein, zu jeder Zeit jedes einzelne Produkt überprüfen zu können. Umso wichtiger ist es, die Emittenten zu größtmöglicher Offenheit zu verpflichten. Wenn eine Bank, wie vor kurzem geschehen, ein spekulatives Zertifikat mit dem verharmlosenden Titel "Schatzbrief" auf den Markt bringt, gaukelt das eine Sicherheit vor, die es im Einzelfall vielleicht nicht gibt. Natürlich muss am Ende jeder selbst entscheiden, ob er eine riskante Kapitalanlage erwirbt. Aber um diese Entscheidung treffen zu können, benötigt der Kunde im Vorfeld alle Informationen über das Produkt.

    Viele Menschen verstehen nur wenig von Wirtschaft. Was halten Sie eigentlich von einem Schulfach "Geld und

    Aigner: Man könnte schon in die Lehrpläne der bestehenden Fächer einiges einbauen, zum Beispiel in Mathematik oder in Wirtschaft und Recht. Dazu zählt für mich nicht nur der Aspekt, wie ich mein Geld anlegen kann, sondern auch die Frage, was ein Mensch zur Absicherung alles braucht, von der Kranken- bis zur Berufsunfähigkeitsversicherung. Aber leider ist es nun einmal nicht zu ändern, dass sich viele Menschen sehr viel mehr damit beschäftigen, welches Handy oder welches Auto sie sich zulegen, statt sich Gedanken über die richtige Anlageform für ihr Erspartes zu machen.

    Interview von Rudi Wais

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