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Russland: Russland reagiert auf Sanktionen: Kein europäischer Käse mehr

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Russland reagiert auf Sanktionen: Kein europäischer Käse mehr

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    Das europäische Käsesortiment dürfte in Russland bald zur Neige gehen. Russland importiert keine europäischen Agrarprodukte mehr.
    Das europäische Käsesortiment dürfte in Russland bald zur Neige gehen. Russland importiert keine europäischen Agrarprodukte mehr. Foto: Frank Leonhardt, dpa (Archiv-Symbolbild)

    Manchmal sind Märkte ganz einfach zu verstehen. Geht es um Russland und die Milchprodukte, die aus der EU dorthin wandern, ist die Gleichung, die Geschäftsführer Hans-Jürgen Seufferlein vom Milcherzeugerverband Bayern aufstellt, ähnlich simpel wie das kleine Einmaleins. „

    Russland importiert massenweise Käse

    Deshalb importiert Russland massenweise Gouda aus den Niederlanden, Camembert aus Frankreich und Bergkäse aus Deutschland. Über Jahre führt es die Rangliste der weltweit größten Käseimporteure an. Für

    Russland schickt zu dieser Zeit Kontrolleure nach Deutschland, die allen voran die föderalen Strukturen der deutschen Lebensmittelkontrollen bemängeln und 56 Milchbetriebe und 28 Fleischverarbeiter mit einem Importverbot belegen. Deutschland, international als Vorzeigeland der Veterinärkontrollen angesehen, wird abgestraft. „Ab dem 11. Februar 2013 ist kein Liter Milch von Bayern nach Russland geflossen“, sagt Seufferlein und belegt in Zahlen, dass der Freistaat vor eineinhalb Jahren für kurze Zeit auf etwa 18000 Tonnen Käse sitzen blieb: die Jahresausfuhr des wichtigsten deutschen Milcherzeugnisses nach Russland. Doch die Unternehmen erschlossen schnell neue Märkte, allen voran in China, oder bauten die bestehenden aus. Je nach Abhängigkeit vom russischen Markt tragen sie – teils mit Einbußen – die

    Dass die russischen Kontrolleure nach einem Grund gesucht haben, den Käseimport in weiten Teilen einzudämmen, davon ist die Milchindustrie überzeugt. In solchen Fällen versuche man, den eigenen Markt zu stärken, sagt Seufferlein. Die bürokratische Beanstandung versteckt die von oben angeordnete wirtschaftspolitische Entscheidung.

    Russland stoppt aus politischen Gründen Agrarexporte aus der EU

    Seit wenigen Tagen stoppt Russland aus politischen Gründen die Agrarexporte der EU und aus anderen Ländern für ein Jahr, als Reaktion auf die Sanktionen der westlichen Staaten, und verringert damit aber den Handlungsspielraum der bayerischen Molkereien – wenn überhaupt – nur marginal. Seufferlein dazu: „So naiv war schon damals kein Unternehmen, allein dem russischen Markt und damit Putin zu vertrauen.“ Auch die Milchpreise hätten sich nach dem Ausfuhrstopp letztendlich stabilisiert. Die bayerischen Unternehmen haben also nichts zu befürchten? „Das wäre Schönrederei“, sagt er.

    Der Milchverarbeiter Ehrmann aus der oberschwäbischen Gemeinde Oberschönegg ist führend auf dem deutschen Joghurtmarkt. Doch auch im Ausland hat das Unternehmen sich ein Standbein geschaffen: Mit Produktionsstätten in den USA und nahe Moskau generiert Ehrmann die Hälfte seines Umsatzes außerhalb Deutschlands. Für das Zweigwerk in Russland sieht Vorstandsmitglied Jürgen Taubert keine unmittelbaren Auswirkungen. Der Betrieb verarbeite russische Milch vor Ort und sei damit nicht betroffen. „Wir exportieren weiterhin von Russland aus in andere Länder wie Kasachstan“, sagt Taubert.

    Beim Mertinger Unternehmen Zott (Landkreis Donau-Ries) hingegen brechen neben dem Exportgeschäft mit Milchprodukten nun auch die verbliebenen Handelsstrukturen weg. Bis zum aktuellen Importstopp konnte der Joghurt- und Käseerzeuger den russischen Markt durch ein Werk in Polen bedienen. Wie der Export von Kaffeeweißern aus Milchpulvermischungen versiegt diese Einnahmequelle nun gänzlich.

    Käserei Hofmeister-Champignon bei Kempten leidet unter den Sanktionen

    Ehrmann und Zott verkaufen größtenteils Produkte, die wegen ihrer kurzen Lebensdauer überwiegend in Nachbarländer exportiert werden. Anders die Käserei Hofmeister-Champignon aus Heising bei Kempten. Seine Käsesorten produziert das Unternehmen in Bayern und Sachsen. Hofmeister rühmt im Onlineauftritt seine Produkte als „Weltbürger“ und liefert in 55 Staaten seine Käseerzeugnisse. Darunter die USA, China und natürlich Russland. 45 Prozent des Jahresumsatzes macht das Exportgeschäft aus.

    Zweifellos waren die Sanktionen vor eineinhalb Jahren ein schwerer Schlag für Champignon. Auch wenn Qualitätsmanagerin Angelika Schlößer keine Zahlen nennt, erklärt sie, dass das Einfuhrverbot das Unternehmen empfindlich getroffen hätte. Seitdem habe die Käserei keine Ware nach Russland exportiert. „In einer solchen Situation versucht man, die bestehenden Märkte auszubauen“, sagt Schlößer. Hohen Absatz erzielt das Unternehmen in den USA und europäischen Staaten, die auch von den Sanktionen Russlands betroffen sind.

    Was bleibt, ist die Frage, wie Europa den Käsehandel neu ausrichten kann, wenn ein großer Markt wie der russische zeitweise wegbricht. Die deutschen Unternehmen werden versuchen, erneut in Russland Fuß zu fassen. Doch das Vertrauen in den Handelspartner im Osten hat stark gelitten.

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