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Rüstungsindustrie: Chefin von Augsburger Getriebebauer Renk steigt aus

Rüstungsindustrie

Chefin von Augsburger Getriebebauer Renk steigt aus

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    Das Augsburger Traditionsunternehmen Renk baut unter anderem auch Getriebe für Panzerhaubitzen oder den Leopard-Panzer. Chefin Susanne Wiegand steigt nun vorzeitig aus ihrem Vertrag aus.
    Das Augsburger Traditionsunternehmen Renk baut unter anderem auch Getriebe für Panzerhaubitzen oder den Leopard-Panzer. Chefin Susanne Wiegand steigt nun vorzeitig aus ihrem Vertrag aus. Foto: Ulrich Wagner

    Nach gut drei Jahren ist Schluss für Susanne Wiegand. Die Chefin des Augsburger Spezialgetriebebauers Renk verabschiedet sich zum 31. Januar kommenden Jahres vorzeitig aus Augsburg. Die Ad-hoc-Mitteilung des Unternehmens vom Sonntagabend kam überraschend, da das Unternehmen sich nach dem Börsengang vom 7. Februar dieses Jahres weiter auf Wachstumskurs sah und große Ziele ausgerufen hat. Als Nachfolger für Wiegand hat der Renk-Aufsichtsrat Alexander Sagel ernannt. Sagel kam erst im April von Rheinmetall zu Renk und verantwortete seitdem im Vorstand die operative Steuerung des Unternehmens.

    Warum Wiegand so plötzlich geht und wohin, das sorgt nun für Spekulationen. Das Unternehmen schreibt in einer Mitteilung, Wiegand habe sich „aus persönlichen Gründen dafür entschieden, sich zukünftig anderen Rollen im Kontext von Sicherheit und Verteidigung zu widmen“. Renk-Aufsichtsratschef Claus von Hermann bekräftigt, dass der Wunsch nach Vertragsauflösung von Wiegand ausging. Der Aufsichtsrat sei ihr „für das Geleistete zu großem Dank verpflichtet“, lässt sich von Hermann in der Aussendung zitieren.

    Aktienkurs liegt unter den Erwartungen der Analysten

    Wiegand hat das Unternehmen nach seiner Übernahme durch den Finanzinvestor Triton wieder zurück an die Börse geführt. Triton hatte einen Großteil der Renk-Anteile von Volkswagen übernommen, weitere Aktien aus dem Streubesitz aufgekauft und das Unternehmen im Februar 2021 von der Börse genommen. Das Comeback war ein Erfolg, der erste Preis der Aktie, die mit einem Ausgabepreis von 15 Euro gestartet war, lag bei 17,50 Euro. Doch seit einem kurzen Zwischenhoch im Frühjahr, als der Kurs auf beinahe 38 Euro stieg, hat das Papier den Anlegern nicht mehr viel Freude gemacht. Am Montag pendelte der Kurs um die Marke von 19 Euro.

    Dennoch ist das Urteil der Aktienmarkt-Analysten, die regelmäßig Berichte über das Unternehmen verfassen, einhellig positiv, die Kurserwartungen sind deutlich höher als der aktuelle Wert. Auch vom weiterhin größten Anteilseigner, Triton, der über seine Tochtergesellschaft Rebecca BidCo AG, ein Drittel der Papiere hält, waren keine Bestrebungen bekannt, Wiegand zu einem vorzeitigen Abschied zu drängen. Bei ihrer ersten und letzten Renk-Hauptversammlung Ende Juni bekräftigte Wiegand auch noch einmal die durchaus beeindruckenden Kennzahlen, die das Unternehmen während ihrer Amtszeit erreicht hat.

    Der Auftragseingang stieg mit knapp 1,3 Milliarden Euro auf ein Allzeithoch, der Gesamtauftragsbestand erreichte zum Jahresende 2023 mit 4,6 Milliarden Euro ebenfalls ein Rekordniveau. Die auch für die Beschäftigten sehr erfreulichen Zahlen sind natürlich auch der weltpolitischen Krisenlage und der deutschen Zeitenwende nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine zuzuschreiben. Doch Wiegand setzte den internationalen Expansionskurs, den ihr Vorgänger Florian Hofbauer gestartet hatte, noch einmal deutlich entschiedener fort.

    Wiegand äußert sich kritisch über die Politik

    Und unter ihre Verantwortung fällt auch die Steigerung der Produktivität des Augsburger Standorts. Die Optimierung vieler Prozesse macht sich mittlerweile in den Zahlen des Unternehmens bemerkbar. Unter Wiegands Führung hat sich der Renk-Umsatz verdoppelt und das operative Ergebnis vervierfacht, betonte nun ebenfalls Aufsichtsratschef von Hermann.

    Strebt Wiegand mit ihrem Abschied also nach Höherem? Bis sie selbst mehr über ihre Zukunftspläne verrät, bleibt die Frage offen. Aus Unternehmenskreisen ist aber die Einschätzung zu hören, dass Wiegand nach 18 Jahren an hervorgehobener Stellung in verschiedenen Unternehmen womöglich einfach noch einmal Lust haben könnte, neue Wege einzuschlagen. Wiegand hat sich auch immer wieder kritisch über die Politik geäußert und mehr Verlässlichkeit bei staatlichen Beschaffungsplänen angemahnt.

    Gerüchten, sie könne selbst einen Einstieg in die Politik planen, tritt sie entgegen. Der Süddeutschen Zeitung sagt sie: „Ich habe in einige Start-ups investiert, auch Aufsichtsratsmandate könnte ich mir gut vorstellen.“ Beim Blick auf ihre bisherigen beruflichen Stationen fällt zumindest auf, dass Wiegand, die im direkten Kontakt freundlich, direkt und unerschrocken wirkt, offenbar regelmäßig neue Herausforderungen sucht. Nach Anfängen als Unternehmensberaterin fand sie über ThyssenKrupp Marine Systems und verschiedene Management-Positionen bei mehreren deutschen Werften schließlich den Weg zu Rheinmetall.

    Arbeitnehmerkreise signalisieren Zustimmung

    Aus Arbeitnehmerkreisen in Augsburg heißt es nun, der Abgang von Wiegand komme unerwartet, aber nicht ganz überraschend, schließlich sei es durchaus üblich, dass es nach einem Börsengang auch personelle Wechsel gäbe, sagt etwa Ferdije Rrecaj, die Zweite Bevollmächtige und Geschäftsführerin der IG Metall Augsburg, die auch im Renk-Aufsichtsrat sitzt. Die Stimmung im Betrieb sei gut, obwohl die Neuaufstellungen von Prozessen in den vergangenen Jahren durchaus auch herausfordernd waren.

    Wiegand stehe, so hat es auch das Unternehmen verkündet, Renk bei Bedarf weiterhin in beratender Funktion zur Verfügung. Auch die Nachfolgeregelung mit Alexander Sagel gilt im Arbeitnehmerlager als eine gute Wahl. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit“, so Rrecaj. Der 53-jährige promovierte Materialforscher Sagel hat seine Karriere bei Daimler gestartet und stieß 2005 zu Rheinmetall. Zuletzt verantwortete er dort den Konzernbereich Elektronik. Sagel soll nun Wiegands Kurs fortsetzen, das heißt: starkes Wachstum, auch weitere Übernahmen.

     

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    6 Kommentare
    Michael Weidel

    "Beim Blick auf ihre bisherigen beruflichen Stationen fällt auf, dass Wiegand, die im direkten Kontakt freundlich, direkt und unerschrocken wirkt,..." Würde man so auch einen Mann auf dieser Position charakterisieren, wenn man sich auf drei Adjektive beschränken müsste? Sicher nicht, Herr Zimmermann.

    Wolfgang Schwank

    Spannend der Zeitpunkt des Ausscheidens! Wer weiss, vielleicht sehen wir die Dame in Berlin wieder, ihr Netzwerk (so heiusst das heute, früher war das mal Spezlwirtschaft) und ihre Vita gäben dies allemal her.

    Jochen Hoeflein

    Bevor man voreilige Schlüsse zieht, sollte man erst warten, welche nächste Berufsstation Frau Wiegand anstrebt. Renk baut neben Panzergetrieben auch Schiffsgetriebe für Marineschiffe-die meisten Schiffe der Bundeswehr sind mit Renk Getrieben ausgerüstet. Ihrem Erfolg in Augsburg ist einfach die gestiegene Auftragslage im Rüstungssektor zuzuordnen. Insb. Renk einer der führenden Hersteller von Panzergetrieben weltweit. Auch Israel gehört zum Kundenstamm. Zu Recht hat die Frau auch die unsichere Auftragslage bei der Bundeswehr bemängelt-Mal hüh Mal Hot. Und dann kritisiert die Politik noch die langen Lieferzeiten nach dem Abbau der Rüstungsindustrie auf Manufakturgröße.

    Wolfgang Boeldt

    Vergleicht man die Zahlen mit z.B. Rheinmetall so schneidet Renk in allen Bereichen deutlich schlechter ab. "Persönliche Gründe" können vielfältig sein.

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    Wolfgang Leonhard

    Da vergleichen Sie Äpfel mit Birnen. Rheinmetall ist ein Systemhaus, Renk ein Zulieferer. Und auch auch von der Größe spielen Renk und Rheinmetall in unterschiedlichen Ligen.

    Wolfgang Boeldt

    Spielt höchstens eine untergeordnete Rolle. Beide arbeiten im zu einem großen Teil im selben Segment. Werfen Sie mal einen Blick auf andere Branchen, wie z.B. die Automobilindustrie. Dort gehen Produzenten und Zulieferer fast Hand in Hand bergauf oder bergab.

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