Die Internetseite des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers Kuka birgt eine positive Überraschung in düsteren politischen und wirtschaftlichen Zeiten. In der Rubrik „Stellenangebote" können Interessenten einstellen, wo sie gerne bei Kuka arbeiten wollen und welche Art der Beschäftigung nach ihrem Geschmack ist. Wer „Festeinstellung“ eingibt, bekommt am Dienstag 166 Angebote, darunter 87 allein für den Stammsitz in Augsburg, dem größten Standort des Automatisierungs-Spezialisten.
Nach Jahren des Job-Abbaus steht damit fest: Kuka stellt wieder kräftig ein, ob im Bereich „Entwicklung“, „Software“, „Servicetechnik“, „Konstruktion“, „Marketing“ oder „Controlling“. Den bevorstehenden Stellenzuwachs hatte Kuka-Chef Peter Mohnen vor Weihnachten gegenüber unserer Redaktion angekündigt, ohne noch konkrete Zahlen zu nennen. Nun vollzieht das Unternehmen 2022 die Job-Wende, nachdem im vergangenen Jahr der Wegfall von Arbeitsplätzen aus einem im Krisenjahr 2020 beschlossen Sanierungsprogramm zum Stillstand gekommen war. Kuka verzichtete hier auf betriebsbedingte Kündigungen. Zuletzt beschäftigte das Unternehmen in Augsburg rund 3500 Frauen und Männer, während es 2020 noch 3600 und im Arbeitsplatz-Rekordjahr 2018 einschließlich fast 200 Leiharbeitern 4250 waren.
Die Branche rutschte noch vor Corona in die Krise
Der Spitzenwert war die Folge eines Auftragsbooms im Jahr 2017, der aber bei Kuka wie bei anderen Autozulieferern etwa ab Mitte 2018 abreißen sollte. Die Branche rutschte noch vor Corona in eine Krise. So griff Mohnens Vorgänger Till Reuter zum Job-Rotstift, dem etwa 250 Arbeitsplätze zum Opfer fielen. Mit der Ausweitung der Krise strich das Unternehmen in drei Wellen weitere Stellen. Zuletzt sollten es als Reaktion auf die Corona-Krise 270 sein. Tatsächlich waren es am Ende etwa 200 Arbeitsplätze. Gleichzeitig hat sich Kuka auch in den harten Jahren gezielt mit Expertinnen und Experten verstärkt, sonst wäre der Stellenabbau höher ausgefallen.
Der Job-Zuwachs in diesem Jahr ist die Folge des Turnarounds, also der Ertragswende des Unternehmens im Jahr 2021. Es erfüllte sich die Prognose, dass nach dem Corona-Jahr 2020 die Nachfrage nach Automatisierungslösungen und damit allen voran Robotern deutlich steigt. Der Kuka-Chef vermeldet deshalb bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens am Dienstag mit rund 3,6 Milliarden Euro den zweithöchsten Auftragseingang in der Geschichte des Unternehmens. Das ist ein Plus von 27,7 Prozent gegenüber 2020. Kuka übertraf in einem nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Umfeld die selbst gesteckten Umsatz- und Ergebnisziele. Trotz des Halbleitermangels und steigender Rohstoffkosten gelang es dem Konzern, den Umsatz um 27,7 Prozent auf etwa 3,3 Milliarden Euro zu steigern. Das Unternehmen ließ die tiefroten Zeiten mit einem Verlust von 94,6 Millionen Euro im Jahr 2020 hinter sich. Nun steht ein Gewinn nach Steuern von 49,4 Millionen Euro zu Buche.
Midea nimmt Kuka von der Börse
Mohnen, früher Finanzvorstand des Unternehmens, gelang es mit seinem Team auch bei den frei verfügbaren Finanzmitteln, dem Free Cashflow, das Polster von 37 auf 100,4 Millionen Euro deutlich dicker zu gestalten. Die Dividende soll indes mit 11 Cent gleich hoch bleiben. Der chinesische Großaktionär Midea, ein Haushaltsgeräte-Konzern, hat sich bekanntlich entschieden, das Unternehmen von der Börse zu nehmen. Der asiatische Investor, der rund 95 Prozent der Kuka-Aktien hält, bietet den standhaften Aktionärinnen und -Aktionären 80,77 Euro je Papier als Barabfindung an. Doch für die Übertragung der Aktien ist noch ein Beschluss notwendig, der am 17. Mai bei der geplanten Kuka-Hauptversammlung gefasst werden soll.
Die Zustimmung gilt als Formsache, schließlich ist Midea der dominierende Aktionär. Wenn der Beschluss auch noch in das Handelsregister eingetragen ist, sind die Chinesen am Ziel. Das kann sich bei einer solchen in der Fachsprache „Squeeze-Out“ genannten Aktion indes erfahrungsgemäß in die Länge ziehen, wenn Aktionäre bockig sind und gegen die Bewertung ihrer Kuka-Wertpapiere klagen. Am Dienstag notierte die Kuka-Aktie bei zeitweise 82,50 Euro. Das Papier war jedoch zu wirtschaftlichen Krisenzeiten im März 2020 auf unter 25 Euro abgestürzt. Im Rekordjahr 2017 notierte die Aktie in der Spitze bei über 200 Euro.
Mohnen zeigt sich jedenfalls zuversichtlich für die weitere wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens: „Mit unseren Technologien erobern wir neue Märkte. Unser Ziel ist die Führungsrolle in der roboterbasierten Automatisierung bis 2025.“ In dem Zeitraum will Kuka rund 800 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung investieren, was in hohem Maße dem Standort Augsburg zugutekommt. Zuletzt profitierte Kuka vor allem von einem starken Wachstum im China-Geschäft und dem Trend zur Elektro-Mobilität. Autohersteller und ihre Zulieferer brauchen neue automatisierte Anlagen etwa zur Herstellung von Batteriemodulen. Dass zunehmend auch kleinere und mittlerer Unternehmen Roboter einsetzen, beschert Kuka zusätzliche Aufträge.
Lieferengpässe bei Halbleitern und Kabeln betreffen auch Kuka in Augsburg
Doch Lieferengpässe bei Halbleitern und Kabeln, aber auch höhere Rohstoffkosten bremsen das Unternehmen in seiner deutlichen Aufwärtsentwicklung. Der Kuka-Chef räumt gegenüber unserer Redaktion ein: „Wir hätten mehr Roboter verkaufen können.“ Kunden des Unternehmens müssen zum Teil einige Wochen länger auf die georderten Anlagen warten. Das Unternehmen kommt im Gegensatz zu Autoherstellern aber ohne Kurzarbeit aus. „Darauf bin ich stolz“, sagt Mohnen. Dabei spielt der russische Markt für Kuka eine untergeordnete Rolle. Das Unternehmen hatte dort zuletzt nur deutlich weniger als ein Prozent des gesamten Umsatzes erwirtschaftet. Wie viele andere deutsche Firmen hat auch Kuka das Geschäft mit Russland eingestellt.
Mohnen fällt es schwer, die Erfolge des Unternehmens in den Vordergrund zu stellen. Sichtlich bewegt sagt er: „Die Bilder des furchtbaren Kriegs in der Ukraine gehen mir sehr nahe. Ich bin wirklich fassungslos.“ Kuka will nun Frauen und Männern aus der Ukraine anbieten, bei dem Maschinenbauer in der Produktion zu arbeiten. Junge Geflüchtete sollen Gast-Plätze in der Ausbildung bekommen. Einige Kukanerinnen und Kukaner, wie sich die Beschäftigte des Unternehmens nennen, haben schon Menschen aus der Ukraine bei sich zu Hause aufgenommen. Mohnen ist anzumerken, dass er sich noch ausführlicher zum Überfall Russlands auf die Ukraine zu Wort melden möchte. Doch er bremst sich ab und sagt immer wieder: „Ich bin CEO und kein Politiker.“