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Rezession: Warum Deutschland bislang gut durch die Krise kommt

Rezession

Warum Deutschland bislang gut durch die Krise kommt

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    Noch trotzt auch der deutsche Automobilbau der Krise.
    Noch trotzt auch der deutsche Automobilbau der Krise. Foto: Hendrik Schmidt/dpa

    Noch im Herbst malten Fachleute ein düsteres Bild einer drohenden Wirtschaftskrise mit einer schweren Rezession und Energiemangel bis zum Blackout. Doch wenige Wochen vor Frühjahrsbeginn scheint Deutschland deutlich besser durch die Krise gekommen zu sein, als erwartet. Ist das Schlimmste schon vorbei? Deutschlands Top-Ökonomen blicken vorsichtig optimistisch in die Zukunft, doch auf dem Leibniz-Wirtschaftsgipfel der führenden Wirtschaftsinstitute warnten sie zugleich eindringlich davor, die aktuelle Lage durch eine rosa Brille zu betrachten.

    Die Bundesregierung habe einiges richtig gemacht in der Krise, sagt der Chef des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Achim Wambach. "Also wie schnell die LNG-Terminals da waren, das war schon extrem beeindruckend", betont der Mannheimer Wirtschaftsforscher. Die Krisenpolitik funktioniere erstaunlich gut, hier habe Deutschland seit der Finanzkrise deutlich dazugelernt, lobt der ZEW-Chef. 

    Ökonom Marcel Fratzscher mahnt: "Wachstum ist nicht gleich Wohlstand"

    Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, warnt davor, die bessere Wirtschaftslage für die Unternehmen mit der angespannten Lage für Teile der Bevölkerung zu verwechseln. "Wachstum ist nicht gleich Wohlstand", betont der DIW-Chef. "Die Realität ist, dass wir 2022 einen Reallohnrückgang im Durchschnitt von vier Prozent hatten und wohl auch in diesem Jahr noch einmal fallende Reallöhne haben werden, betont Fratzscher. Das heißt, trotz Lohnerhöhungen haben die meisten Beschäftigten wegen der hohen Inflation weniger in der Tasche.

    Dabei herrsche eine große soziale Schieflage: "Menschen mit geringen Einkommen haben eine viel höhere individuelle Inflation, weil sie einen höheren Anteil ihres Geldes für die Dinge ausgeben müssen, die teurer geworden sind wie Energie und Lebensmittel", sagte Fratzscher. Dieses Problem könne im Inland zu einer sinkenden Nachfrage führen und mittelfristig die wirtschaftliche Dynamik bremsen. 

    Warum deutlich höhere Löhne ein Risiko für die Zentralbank sind

    Genau hier liegt immer noch eine Gefahr für eine Verschärfung der Krise, warnt auch der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle, Reint Gropp. Die steigenden Preise könnten schon bald zu deutlich höheren Lohnabschlüssen führen, "was wiederum dazu führt, dass sich die Inflationsraten verstetigen und möglicherweise wieder hochgehen", sagt der IWH-Chef. Dann wäre die EZB viel stärker gezwungen, die Leitzinsen zu erhöhen. Und teure Kreditkosten könnten zum Abschwung führen. 

    "Wir kennen kaum eine Rezession der letzten Jahrzehnte, die durch sehr starke Zinserhöhungen der Zentralbank nicht ausgelöst wurde" sagt Gropp. Auch mit den Energiekosten und Wirtschaftsproblemen in China wachsen die Risiken für die deutsche Wirtschaft. "All das zusammengenommen könnte dazu führen, dass wir in den nächsten Monaten ganz gut zurechtkommen, aber dann doch am Ende eine Rezession im nächsten Jahr sehen werden", warnt der Ökonom.

    Ifo-Chef Clemens Fuest warnt vor EU-Subventionen für Batteriefabriken

    Ifo-Chef Clemens Fuest hält die derzeitige Krise dank Vollbeschäftigung für keine übliche Rezession. Es gebe eher zu viel Nachfrage, die der Markt nicht bedienen könne. Deswegen wäre es ein Fehler, wenn der Staat nun viel Geld auf den Markt werfe. "Das fällt der Politik immer noch schwer zu verstehen, was das für eine Art von Krise ist. Wir müssen das Angebot stärken, nicht die Nachfrage."

    Deshalb dürfe sich die deutsche und europäische Politik auch nicht in einen Subventionswettlauf mit den USA einlassen, etwa beim Bau von Batteriefabriken für Automobilindustrie, warnt Fuest. "Batterieproduktion ist eine energieintensive, ziemlich dreckige Angelegenheit", sagt er. "Viel Geld kann man damit nicht verdienen." Deshalb könne Europa das Geschäft ruhig den USA überlassen. "Wenn die Amerikaner uns dann subventionierte Batterien verkaufen, ist das wunderbar, dann kriegen wir sie noch günstiger für uns."

    Besser wäre es für Europa, das Geld für Subventionen in die Forschung zu stecken. "Europa redet nur noch über Schulden und Subventionstöpfe, aber das Kernprojekt, der europäische Binnenmarkt zum Beispiel, wird massiv vernachlässigt", mahnt Fuest. Die Stärkung des Binnenmarkts sei jedoch das beste Mittel, sich gegen Krisen von außen zu wappnen.

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