Auf Reisen wollen die Menschen offenbar auch in schlechten Zeiten nicht verzichten. Der Tourismus scheint unbelastet von Krieg, Krisen und Klimawandel. 2023 wuchs der internationale Tourismus laut der Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) sogar deutlich. Auch die Deutschen sind weiter reisefreudig, wie Ferienforscher Martin Lohmann auf der Eröffnungspressekonferenz der Stuttgarter Reisemesse CMT berichtete: 67 Prozent sitzen quasi schon auf gepackten Koffern.
Die Nachfrage nach Urlaubsreisen stieg 2023 leicht von 67 auf 69 Millionen, auch die Kurzurlaubsreisen (bis zu vier Tagen) nahmen um vier Prozent zu. Das entspricht den Aussagen der Reiseveranstalter, die 2023 ein Umsatzplus verzeichnen konnten, wobei die Gästezahlen noch leicht hinter dem Vorcorona-Jahr 2019 zurückblieben.
Vorzeichen in der Reisewelt sind "insgesamt positiv"
Für 2024 sind die Vorzeichen in der Reisewelt „insgesamt positiv“, so Lohmann. „Das Verreisen ist den Deutschen eine liebgewonnene Gewohnheit“. 54 Prozent haben Lust auf Urlaub, 63 Prozent auch die Zeit dazu, und 67 Prozent der Befragten planen bereits eine oder mehrere Urlaubsreisen. Nur elf Prozent wollen gar nicht verreisen. Doch die Geldfrage könnte Urlaubs-Höhenflüge bremsen: Für 54 Prozent sind die finanziellen Möglichkeiten, um zu verreisen, gegeben. Im Vorjahr waren es noch 62 Prozent.
Und wohin geht die Reise? Laut Reiseanalyse wird Deutschland der Favorit bleiben, gefolgt von Spanien, Italien, der Türkei und Österreich. Kroatien und Griechenland „spielen in der Top-Liga“ mit. Und die Lust auf Fernreisen wächst wieder. Langfristig steigt auch das Interesse am Caravaning-Urlaub.
Mit dem Wohnmobil reisen wird immer beliebter
Immerhin 13 Prozent interessieren sich für eine Reise mit dem Wohnmobil, 2002 waren es noch fünf Prozent. Interessant: 45 Prozent (im Vorjahr 44 Prozent) planen, im Urlaub ein neues Ziel zu besuchen. Gebucht wird wieder eher frühzeitig als kurzfristig. Prinzipiell, so Ferienforscher Lohmann, bleiben die Deutschen multi-optional, sie hätten mehr Wünsche und Interessen, als sie in einem Jahr in einer Reise umsetzen könnten. Das sichere die Nachfrage, erhöhe aber den Wettbewerb in der Branche. Grundsätzlich scheinen die Deutschen mit ihren Urlaubsreisen zufrieden. 43 Prozent gaben an, sich über „gar nichts“ geärgert zu haben. Wenn es doch Ärger gab, dann über zu hohe Preise (27 Prozent), schlechtes Wetter (20 Prozent) oder Verspätungen von Zug, Flug oder Bus (15 Prozent). Und immerhin noch sechs Prozent beklagen sich über „hässliche Orte“. Da ist dann wohl etwas schiefgegangen bei der Wahl des Urlaubsziels...
Und was ist mit der "Flugscham"?
Der Klimawandel scheint zumindest teilweise bei den Reisenden angekommen zu sein. Ein schlechtes Gewissen („Flugscham“) wegen der Klimabelastung durch ihren Flug räumten 50 Prozent der Befragten ein, 2019 waren es 41 Prozent. 23 Prozent (Vorjahr 27 Prozent) teilen dieses Gefühl allerdings nicht. Trotzdem rechnet Lohmann nicht mit einer sinkenden Zahl von Flugurlaubsreisen aufgrund von Flugscham, erwartet aber eine „höhere Bereitschaft zu Kompensationszahlungen und eine langfristige Verhaltensänderung“.
Was die generelle wirtschaftliche Entwicklung angeht, zeigten sich die Befragten mit 55 Prozent pessimistisch. Mit einer gleichbleibenden Situation rechnen 29 Prozent und mit einer besseren nur 16 Prozent. Besser sieht es im privaten Umfeld aus. 21 Prozent rechnen mit einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, 35 Prozent mit einer Verschlechterung, und 45 Prozent glauben, dass alles bleibt, wie es ist. Vor diesem Hintergrund behaupten sich die Urlaubsreisen bei den Konsumprioritäten an zweiter Stelle hinter den Lebensmitteln und vor Wohnen und Gesundheit.
Kriege und Krisen ändern wenig an der Reiselust
Und daran werden auch Kriege, Krisen und Klimawandel wenig ändern. „Die Mehrzahl der Krisen ist persönlich nicht reiserelevant“, sagt Martin Lohmann. Nur in den betroffenen Destinationen ist der Einfluss groß. Das zeigte sich zum Beispiel nach den Überschwemmungen im Ahrtal, als die Urlauber die Gegend mieden. Oder auf La Palma, wo der Vulkanausbruch für die Bewohner dramatische Folgen hatte und auch den Tourismus traf. Bis heute kommen rund 50 Prozent weniger Gäste auf die Insel.