Die Konjunktur der schwäbischen Metall- und Elektroindustrie hat sich im zweiten Halbjahr 2023 verschlechtert. Wie aus einer aktuellen Umfrage der Branchenverbände bayme und vbm zudem hervorgeht, sind die Erwartungen der Unternehmen für die kommenden Monate negativ. Zusätzlich kämen "immer weniger" Aufträge in die Bücher.
Der Regionalvorsitzende des Verbands, Gernot Egretzberger, sagte bei der Vorstellung der Studie: „Die schwelende Haushaltskrise, hohe Kosten, insbesondere bei Energie und Arbeit, sowie die überbordende Bürokratie verunsichern die Unternehmen. Die Folge: Die Schere zugunsten der Auslandsstandorte öffnet sich weiter." Es drohe "Deindustrialisierung". Für 2024 rechnet Egretzberger damit, dass die Produktion der Metall- und Elektroindustrie auf dem Niveau des Vorjahres stagniert. 2023 hat die Branche in Schwaben den Angaben zufolge voraussichtlich einen Gesamtumsatz von rund zwölf Milliarden Euro erzielt. Stagnation drohe mehr oder weniger auch bei den rund 136.000 Beschäftigten in Schwaben - wenn auch auf Rekordniveau. Die Beschäftigungspläne seien "zurückhaltend". Trotz Fach- und Arbeitskräftemangels bedeute das: "Steuern wir nicht um, werden wir einen Anstieg der Arbeitslosigkeit erleben."
Zunehmend schlechte Standortbedingungen
Sorge bereiten Egretzberger die Investitionsplanungen der befragten Betriebe. 60 Prozent der regionalen Unternehmen meinen, dass sich die Standortbedingungen verschlechtert haben. Und von diesen habe jedes Zehnte in den letzten zwölf Monaten Teile der Produktion ins Ausland verlagert, knapp jedes Zweite plane dies. Das schwierige Umfeld würde sich zudem negativ auf die Inlandsinvestitionen auswirken, wie fast 70 Prozent der Firmen angaben. Nur noch 19 Prozent dieser Inlandsinvestitionen fielen auf Erweiterungen. Der weit überwiegende Teil seien Ersatzbeschaffungen (fast 30 Prozent) und Rationalisierungen (20 Prozent) - sprich: Maschinen, die Handarbeit ersetzen. Egretzberger sagte: "Das ist ein gefährlicher Mix für unseren Standort." Denn, gibt er zu bedenken, wenn ein Unternehmen erst einmal die Produktion dorthin verlagert habe, wo Energiepreise und Steuern niedriger seien - wie etwa Osteuropa oder in die USA -, kämen sie nicht zurück.
Egretzberger ist nicht nur Interessenvertreter, sondern auch Geschäftsführer von J. N. Eberle & Cie., einem Augsburger Traditionsunternehmen, das unter anderem Bandsägen und Präzisionsbandstahl produziert. Auch er fordert, was aus Wirtschaftskreisen immer dringlicher an die Bundesregierung herangetragen wird: Eine verlässliche Energieversorgung sei elementar für eine zukunftsfähige Industrieproduktion in Deutschland. Heißt: "Wir brauchen dringend einen effektiven Brückenstrompreis, der mindestens bis 2030 angelegt ist." Ferner machte er sich für Entbürokratisierung, Deregulierung und niedrigere Arbeitskosten stark.
Viertagewoche: "Bringt die Industrie an die Grenze des Machbaren"
Mit Blick auf die kommende Tarifrunde positionierte sich Egretzberger entsprechend: Es müsse klar sein, dass die Bäume nicht "in den Himmel wachsen". Man müsse erst mal etwas erwirtschaften, bevor man etwas verteile. Die rege diskutierte Viertagewoche hält er für unrealistisch: "Das bringt unsere Industrie an die Grenze des Machbaren." Es müsse in Deutschland - auch wenn das unpopulär sei - eigentlich doch darum gehen, mehr zu arbeiten.
Als entscheidend für eine bessere Standortpolitik erachtet Egretzberger mehr Verlässlichkeit von politischen Entscheidungen in Berlin. Das Hin und Her des Haushaltskompromisses der Ampel schaffe kein Vertrauen bei Entscheidungsträgern in den Betrieben: "Unsicherheit ist einfach Gift." Ohne verlässliche Planung gäben die Unternehmen kein Geld aus. Seine Botschaft in die Bundeshauptstadt ist klar: "Der Druck wächst, weil es vielen Unternehmen ans Eingemachte geht." Mit den jetzigen Maßnahmen sei die Situation nicht zu bewältigen.