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Region: Erste Banken verlangen Strafzinsen – ziehen andere nach?

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Erste Banken verlangen Strafzinsen – ziehen andere nach?

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    Auch in der Region gibt es Sparkassen und VR-Banken, die über Negativzinsen nachdenken.
    Auch in der Region gibt es Sparkassen und VR-Banken, die über Negativzinsen nachdenken. Foto: Alexander Kaya (Symbolbiild)

    Sparer haben es schon lange nicht mehr leicht - zumindest, wenn sie im deutschen Sinn sparen wollen. Also das Geld auf ihr Sparbuch bringen oder in Rentenpapiere des Staates investieren wollen. Ihre Ersparnisse möglichst sicher anlegen möchten eben. Denn sowohl auf dem Sparbuch als auch auf Staatsanleihen gibt es keine Zinsen mehr. Der Grund: Die Europäische Zentralbank bezahlt keine Zinsen mehr an die Banken. Im Gegenteil. Banken, die Geld dort parken, müssen bezahlen, und zwar momentan 0,5 Prozent.

    Das heißt: Sichere Anlagen mit garantierten Zinsen kosten Banken Geld. Viele Geldhäuser bieten sie deshalb nicht mehr an oder überlegen, wie sie das Geld wieder reinholen können. Manche verlangen deswegen Strafzinsen - oder wie die Kreditinstitute selbst sagen: Verwahrentgelte - von ihren Kunden. Das heißt: Sparer, die ihr Geld bei jenen Banken anlegen, bezahlen dafür.

    Einer Studie des Finanzportals Biallo zufolge verlangen inzwischen 147 Banken in Deutschland Negativzinsen. Nur wenige gehen dabei so weit wie die VR-Bank Fürstenfeldbruck. Die hatte vor etwa zwei Wochen für Wirbel gesorgt, weil sie angekündigt hatte, ab dem 1. Cent Strafzinsen verlangen zu wollen - zumindest von Neukunden.

    Finanzen: Die Deutschen haben im Schnitt 27.600 Euro auf dem Sparbuch

    Denn obwohl inzwischen klar ist, dass Sparer auf dem Sparbuch keine Zinsen mehr bekommen, sondern Geld verlieren, weil die Inflation den Wert schmälert, investieren nur wenige Deutsche in Aktien. Wie eine Untersuchung des Deutschen Aktieninstituts aus dem Januar 2019 zeigt, haben in den vergangenen Jahren nur zwölf Prozent der Deutschen überhaupt darüber nachgedacht, in Aktien zu investieren. Die restlichen 88 Prozent schrecken vor einem solchen Investment zurück. Obwohl alle Anlageberater seit Jahren predigen: Wer Rendite möchte, soll sein Geld in Aktien - oder Fonds - stecken. Und nicht auf dem Sparbuch parken.

    Eine Umfrage der Bundesbank unter privaten Haushalten zeigt: Im Schnitt hatte jeder Deutsche 2017 27.600 Euro auf dem Sparkonto liegen. Auf dem Girokonto kommen im Schnitt noch einmal 7100 Euro hinzu. Aktuellere Zahlen gibt es noch nicht, da die Bundesbank die Umfrage nur alle drei Jahre durchführt. Das Sparguthaben ist im Vergleich zur Vorgängerumfrage aus dem Jahr 2014 aber gesunken. Damals waren es noch durchschnittlich 29.400 Euro Sparguthaben und 4300 Euro auf dem Girokonto.

    Banken und Sparkassen stellt das dennoch vor ein Problem: Wenn sie an die Europäische Zentralbank für Einlagen Geld bezahlen, ihre Kunden jedoch nicht, fallen ihnen Einnahmen weg. Manche Geldhäuser entscheiden sich deshalb dafür, die Strafzinsen an ihre Kunden weiterzugeben. Auch in der Region?

    Umfrage unter Sparkassen und VR-Banken in der Region: Gibt es Negativzinsen?

    Um diese Frage zu beantworten, hat unsere Redaktion unter 41 Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken in der Region eine Umfrage gestartet. Wir wollten wissen: Gibt es dort Negativzinsen? Was ist der Grund für die Entscheidung und planen die Geldhäuser Negativzinsen einzuführen, falls sie es noch nicht getan haben? Von den 41 angeschriebenen regionalen Geldhäusern haben 23 geantwortet. Sie alle liefern ein relativ beruhigendes Bild für Sparer: Noch verlangen nur wenige Institute Negativzinsen, zumindest im Privatkundengeschäft. Viele Geldhäuser beobachten den Markt allerdings sehr genau.

    Was heißt das? Von den 23 Banken und Sparkassen aus der Region, die geantwortet haben, erheben derzeit fünf Banken Negativzinsen. Allerdings nur bei sehr wenigen Kunden, die ein relativ großes Vermögen haben. Wie groß "groß" ist, dazu macht nur die Sparkasse Allgäu genauere Angaben. Die vier anderen Geldhäuser sprechen von "individuellen" Absprachen. Den durchschnittlichen Sparer, da sind sich alle Institute einig, werden die Negativzinsen zumindest momentan nicht treffen.

    Banken in der Region sehen sich gezwungen, die Negativzinsen der EZB weiterzugeben

    Alle Geldhäuser, die Negativzinsen verlangen, weisen darauf hin, dass sie zuvor mit ihren Kunden gesprochen haben und dass nur sehr wenige Kunden betroffen sind. So schreibt etwa die Sparkasse Allgäu, dass sie darüber nachdenkt, von Kunden ab einem Guthaben von 100.000 Euro (Singles) bzw. 200.000 Euro (Paare) Negativzinsen zu verlangen. Lange Zeit habe man versucht, die negativen EZB-Zinsen nicht an die Kunden weiterzugeben, teilt Sparkassen-Sprecherin Sandra Gessner mit. "Wenn wir dies heute in Erwägung ziehen müssen, dann deshalb, weil uns als Sparkasse Allgäu aufgrund der Null- und Negativzinspolitik der EZB jährlich ein niedriger zweistelliger Millionenbetrag an Erträgen fehlt, den wir für den laufenden Geschäftsbetrieb benötigen", sagt sie.

    Das könnte aber erst der Anfang sein. Denn alle Banken und Sparkassen, die geantwortet haben, teilen mit, dass sie den Markt im Auge haben. Sollten andere Banken anfangen, Negativzinsen zu verlagen. Sollten die Banken und Sparkassen feststellen, dass deshalb vermehrt Neukunden auf der Flucht vor Strafzinsen Geld bei ihnen anlegen wollen, müssten sie nachziehen. Bei dieser Argumentation sind fast alle befragten Geldhäuser einig. Oder wie es die Raiffeisenbank Thannhausen formuliert: "Sollten mehrere Mitbewerber Negativzinsen einführen, werden wir überlegen müssen, wie wir reagieren, um unsere Bestandskunden und die Bank vor einem unkontrollierten Einlagenwachstum und den negativen Folgen zu bewahren."

    Strafzinsen: So handhaben es Banken und Sparkassen in der Region

    Und so haben die 23 Banken die Fragen im Einzelnen beantwortet:

    Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Mini-Zinsen: Wie der Staat den Bürgern etwas zurückgeben kann

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