In Bayern wird gerne mit dem Finger auf Berlin gezeigt. Marode Schulen, Brennpunktviertel oder chronisch leere Kassen: Die Versuchung für Landespolitiker in München ist groß, Probleme in der Hauptstadt als Folie für bayerische Erfolgsgeschichten zu verwenden. Umso bemerkenswerter ist es, wenn man sich in München nun ausgerechnet Personal aus Berlin angelt, um bayerische Probleme zu lösen.
Die Probleme am Flughafen München sind aber wohl so groß, dass man auf Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen kann. Der Däne Thomas Hoff Andersson hat den Berliner Großflughafen BER nach seinem turbulenten Start in die Spur gebracht. Probleme mit verschwundenem Gepäck und lange Warteschlangen gehören weitgehend zur Vergangenheit. Der Hauptstadtflughafen gilt mittlerweile als besonders innovativ und Passagier-freundlich. Nun soll Andersson sein Meisterstück in München wiederholen.
Der Freistaat ist Mehrheitseigentümer des Flughafens
Als Vorzeigeflughafen gilt der Münchner Airport Vielfliegern schon länger nicht mehr. Aber spätestens als zum letzten Wiesn-Wochende rund um den Tag der Deutschen Einheit hunderte Passagiere ihre Flüge verpassten, weil die Schlangen an den Sicherheitskontrollen kein Ende nehmen wollten, sind die Probleme deutschlandweit bekannt geworden.
Der Freistaat ist mit 51 Prozent Mehrheitseigentümer des Flughafens und Finanzminister Albert Füracker (CSU) Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens. Er hat die Personalie bekannt gegeben und gesagt: „Unser Anspruch ist es, gemeinsam mit allen Prozessbeteiligten bei der Abfertigungsqualität, der Pünktlichkeit und dem Passagiererlebnis das Niveau eines Premiumflughafens anzubieten.“ Wann genau Andersson anfängt, ist aber noch offen.
Für Andersson wird extra ein neues Ressort in der Geschäftsführung geschaffen. Als Chief Operating Officer soll er den Flughafen-Boss Jost Lammers entlasten. Lammers stand nach dem Pannen-Wochenende Anfang Oktober stark in der Kritik und entschuldigte sich öffentlich für die Probleme.
Flughafen München: Andersson setzt auf besseren Service
Andersson hat die dänische und die schwedische Staatsbürgerschaft und sich in Berlin seit dem Mai 2022 vor allem für die Digitalisierung der Flughafenprozesse und eine bessere Servicequalität für die Fluggäste starkgemacht. Am BER ist es etwa möglich, sich ein Zeitfenster für die Sicherheitskontrolle online zu buchen. Das mache den Prozess für Passagiere entspannter und helfe dem Flughafen, sein Personal effizienter einzusetzen, erklärte Andersson.
Bevor er nach Berlin kam, arbeitete Andersson für den Flughafen Kopenhagen und nahm am Bangalore International Airport in Indien eine neue Flugbahn in Betrieb. Der studierte Betriebswirt setzt aber nicht nur auf Technik. In einem Interview mit einem Fachmedium formulierte er als sein Credo für den Berliner Flughafen: „Wir müssen unsere Gäste lieben“. Diese Einstellung solle die Belegschaft ausstrahlen.
Ein Grund für die Probleme in München ist der Mangel an Personal. Wie ein Flughafensprecher auf Anfrage mitteilt, kümmert sich bereits seit 2022 eine eigene Taskforce um die Personalgewinnung. Das Unternehmen bietet sogar Wohnraum in Mitarbeiterhotels und Appartements. Konzernweit 1800 Beschäftigte habe man heuer eingestellt, 600 davon allein bei der Abfertigungsgesellschaft AeroGround. Zwei Drittel der Beschäftigten in den Bodenverkehrsdiensten kämen aber aus dem Ausland. „Sie müssen nicht nur durch die Sicherheitsprüfung, es geht auch um die Sprachkenntnisse“, erklärt der Sprecher. Dennoch seien die Prozesse rund um die Passagier- und Flugzeugabfertigung mittlerweile stabil.
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