DIW-Chef Marcel Fratzscher rechnet mit einem kurzfristigen weiteren Anstieg der Inflation bis Jahresende und einer anschließenden Entspannung. „Ich gehe davon aus, dass sich die Teuerung zum Jahresende bis auf 5,0 Prozent bewegen könnte“, sagte Fratzscher unserer Redaktion. Allerdings dürfe man die Entwicklung nicht überbewerten, betonte der Ökonom. „Wir rechnen für das gesamte Jahr 2021 mit einer Inflationsrate von 3,0 Prozent, was nicht dramatisch ist“, sagte Fratzscher. „Nächstes Jahr gehen wir für Deutschland von einer Teuerung von 2,5 Prozent aus“, erklärte der DIW-Chef. „Wir sollten also einen kühlen Kopf bewahren und nicht in Inflationspanik verfallen“, betonte er.
„Die Chancen stehen gut, dass sich die Inflation in Deutschland wieder auf etwa 2,0 Prozent einpendelt“, sagte der Ökonom. „Wir sollten uns keine Sorgen machen, dass wir jedes Jahr mit vier bis fünf Prozent Inflation leben müssen.“ Ein Teil der Teuerungsrate sei ein Aufholeffekt, da viele Preise im vergangenen Corona-Jahr stark gefallen seien. „Doch Energie- und Nahrungsmittelpreise schießen auch über das Niveau der vergangenen Jahre hinaus“, sagte Fratzscher.
Fratzscher: "Klimawandel befeuert Inflation"
„Doch auch der Klimawandel befeuert die Inflation“, warnte der Ökonom. Dabei spiele insbesondere der starke Anstieg der Holzpreise eine Rolle. „Das geht auf Trockenheit, Schädlingsbefall, große Hitze und Waldbrände zurück, was eine Folge des Klimawandels ist“, sagte Fratzscher. „Das Angebot an Holz wurde knapp, was die Preise deutlich steigen ließ“, erklärt er. „Viele Faktoren tragen also zur steigenden Inflation bei, die meisten sind jedoch abgesehen vom Klimawandel nur vorübergehender Natur“, betonte er. „Wenn wir die Pandemie überwunden haben und die Unternehmen wieder ausreichend etwa Halbleiterprodukte bekommen, könnte die Inflation wieder zurückgehen.
Fratzscher forderte die neue Bundesregierung auf, den Menschen in finanziellen Dingen reinen Wein einzuschenken: „Ohne Steuererhöhungen wird in Deutschland kein Weg an zusätzlichen Schulden vorbeiführen“, sagte der DIW-Präsident. Er ist überzeugt: „Alle Rechnungen zeigen uns, dass der deutsche Staat in den nächsten zehn Jahren jedes Jahr 50 Milliarden Euro für mehr Klimaschutz und den Ausbau der Digitalisierung braucht“, betonte er. „Das geht nur über höhere Schulden, wenn man die Steuern nicht erhöhen will“, fügte er hinzu. „Wir sollten Schulden nicht verteufeln. Schulden sind per se nicht gut oder schlecht. Es kommt darauf an, was der Staat mit dem Geld macht.“