Krisenstimmung am Immobilienmarkt, sinkende Preise und nun noch Auflagen zum klimafreundlichen Heizen: Die Heizungspläne der Bundesregierung treiben Eigentümern von Immobilien mit Sanierungsbedarf die Sorgenfalten auf die Stirn - und verunsichern zugleich potenzielle Käufer. Scheint in der Energiekrise mit hohen Kosten für Gas und Strom gerade erst das Schlimmste überstanden, kommt jetzt die Sorge vor Wertverlust und teuren Investitionen, etwa bei alten Heizungen, dazu.
Makler beobachten, dass nicht mehr nur die gestiegenen Zinsen die Menschen umtreiben. "Die neuen Anforderungen und Sanierungspflichten bei Gebäuden beschäftigen die Kaufinteressenten zunehmend und verlängern die Vermittlung von Immobilien", berichtet Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter beim Frankfurter Makler Von Poll.
Energie-Diskussion beeinflusst Verhalten
Ältere Bestandsbauten mit geringer Energieeffizienz hätten es zunehmend schwer. "Wir beobachten daher eine rückläufige Nachfrage in diesem Segment, auch weil die Kosten für Sanierungen wegen gestiegener Handwerkerpreise und Lieferkettenproblematiken schwer kalkulierbar sind", sagt Ritter. Gerade bei sanierungsbedürftigen Häusern mit großen Grundstücken in B- und C-Lagen fielen die Preise teils zwischen 10 Prozent und 30 Prozent.
Die allgemeine Energie-Diskussion tue ein Übriges für die Zurückhaltung, meint Ritter. "Wie mit der bestehenden Gas- oder Ölheizung umgehen? Ist eine Luftwärmepumpe ausreichend? Wo und wann gibt es Zuschüsse? Bekomme ich überhaupt noch eine neue Heizung und den passenden Handwerker dazu?" Der Beratungsbedarf sei gewachsen.
Nach Gesetzesplänen der Bundesregierung soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dann müssen etwa Wärmepumpen, Solarthermieanlagen oder Hybridsysteme aus Wärmepumpe und Gasheizung eingebaut werden. Bestehende Öl- und Gasheizungen können weiter betrieben werden, kaputte Heizungen dürfen repariert werden. Sollte dies nicht möglich sein, sollen Übergangsfristen den Austausch erleichtern. Das Gesetz bedeutet ein Ende auf Raten für konventionelle Öl- und Gasheizungen hierzulande. Der Austausch soll staatlich gefördert werden.
Geringere Nachfrage erhöht Preisdruck
Die Pläne hätten Käufern und Eigentümer von Bestandsimmobilien stark verunsichert, sagt Mathias Wahsenak. Er ist Sprecher der Geschäftsführung der LBS Immobilien GmbH in Potsdam, deren Geschäftsgebiet sich über Ostdeutschland bis auf Thüringen erstreckt. "Das Zusammenwirken von gestiegenen Zinsen und der Ungewissheit, welche Kosten bei einem Heizungstausch auf Käufer oder Eigentümer zukommen, hat eine spürbare Kaufzurückhaltung ausgelöst." Die geringere Nachfrage erhöhe zwangsläufig den Druck auf die Kaufpreise, die vielerorts schon um 10 bis 25 Prozent gefallen seien. Oft wichen die beurkundeten Verkaufspreise deutlich von den Angebotspreisen ab.
Bereits im vierten Quartal 2022 hatten sich Wohnimmobilien laut Statistischem Bundesamt im Mittel um 3,6 Prozent zum Vorjahresquartal verbilligt - der erste Preisrückgang binnen Jahresfrist seit Ende 2010. Zum Vorquartal ging es gar um 5 Prozent abwärts.
Nun dürften die Auflagen zum Heizungstausch den Abwärtsdruck verstärken - das schürt auch bei Eigentümern Sorgen: Gerade wenn es um ältere Immobilien gehe, müssten mögliche anstehende Investitionen eingepreist werden, erklärt eine Sprecherin des Eigentümerverbandes Haus & Grund. "Wo es eh schon stockt, wird es noch mehr stocken und wo man Aussichten auf Mieterhöhungen oder gute Verkaufsmöglichkeiten hatte, kann sich das jetzt ändern." Viele Eigentümer dürften nach Einschätzung des Verbands zunächst auf die Reparatur bestehender Heizungen setzen, um möglichst viel Zeit zu gewinnen.
Unsanierte Objekte weniger preisstabil
Auch der Immobilienverband Deutschland (IVD) sieht einen zunehmenden Druck am Markt. Hinzu kämen anspruchsvollere Finanzierungen, so der Verband, der etwa Makler und Sachverständige vertritt. "Der Gesprächsbedarf über alle diese Themen wird weiter steigen", sagt IVD-Vizepräsident Dirk Wohltorf. Eine besondere Herausforderung seien ältere Wohnhäuser aus den 1950er- bis 1970er-Jahren.
Die Bedeutung des energetischen Gebäudezustandes sei stark gewachsen, meint Wahsenak von der LBS Immobilien in Potsdam. Gut sanierte Bestandsimmobilien oder jüngere Gebrauchtimmobilien seien preisstabiler als unsanierte Objekte. "Bei all der Diskussionen um die Dekarbonisierung des Gebäudebestandes darf aber nicht vergessen werden, dass der energetische Gebäudezustand, nach wie vor nur ein Kriterium ist, woran sich der Wert einer Immobilie bemisst." Die höchste Bedeutung habe weiter der Standort - ganz nach dem alten Spruch "Lage, Lage, Lage". An sehr attraktiven Standorten werde auch künftig eine schlecht sanierte Immobilie deutlich wertstabiler sein als ein gut saniertes Objekt in unattraktiver Lage.
Kreditgeber schauen genau auf Energieausweis
Immerhin: Für Käufer kann sich die Notwendigkeit von Renovierungen als Vorteil in Preisverhandlungen auszahlen. Kaufinteressenten nutzen Investitionsbedarf als Druckmittel, beobachtet Ritter vom Makler von Poll. "Waren der Energieausweis und die Energiewerte im Rahmen des Verkaufsprozesses bei Immobilien in der Vergangenheit von untergeordnetem Interesse, so fordern Kaufinteressenten jetzt entsprechende Informationen direkt ein, um die damit verbundenen Investitionen als Argumente für ihre Preisverhandlungen zu nutzen."
Auch die Banken schauten wesentlich genauer auf den Energieausweis als früher, meint Ritter, was zum Vorteil bei modernen Gebäuden werden könne. "Einige beginnen sogar damit, kleine Zinsnachlässe für besonders energieeffiziente Immobilien anzubieten."
(Von Alexander Sturm und Christine Schultze, dpa)