Ernst blickt die junge Frau mit den kurzen braunen Haaren in die Kamera. Unter ihrem lilafarbenen Pullover blitzt eine gestreifte Bluse hervor. "In Deutschland haben zehn Prozent der Menschen 65 Prozent des Gesamtvermögens, während die Hälfte der Menschen keine drei Prozent oder sogar Schulden hat", sagt sie mit einem leichten österreichischen Akzent in einem Video auf Instagram. Sie finde das ungerecht, erklärt sie. Zu welcher Seite gehört sie: den Reichen oder dem Rest?
Die junge Frau aus dem Video ist 30 Jahre alt, heißt Marlene Engelhorn und hat einen zweistelligen Millionenbetrag gerbt. Allerdings fordert sie: "Besteuert mich endlich." Vermögenssteuer, Umverteilung, Gerechtigkeit: Das sind nicht unbedingt Themen, mit den sich sehr reiche Menschen beschäftigen. Engelhorn sieht das anders. Ihrer Meinung nach ist es ungerecht, wenn sie Geld bekommt, für das sie nie gearbeitet hat. Derzeit studiert sie Germanistik in Wien.
Millionenerbin Engelhorn wird zur Expertin für Umverteilungsfragen
Über Geld musste sich die 30-Jährige noch nie Sorgen machen. Sie ist mit dem BASF-Gründer Friedrich Engelhorn verwandt. Außerdem war ihre Großmutter Traudl Engelhorn-Vechiatto, die Witwe von Peter Engelhorn, einem Gesellschafter und langjährigen Vorstandsvorsitzenden der Boehringer-Mannheim-Gruppe. Zuletzt schätzte das Wirtschaftsmagazin Forbes das Vermögen von Engelhorns Großmutter auf 4,2 Milliarden Dollar, dies entspricht etwa 3,4 Milliarden Euro. Das machte sie zur Nummer 687 auf der Liste der reichsten Menschen der Welt.
Nun ist Marlene Engelhorn selbst Millionenerbin. Gemeinsam mit anderen Erbinnen und Erben hat sie die Initative "Tax me now" gegründet. Der Name bedeutet so viel wie "besteuere mich jetzt". Getreu diesem Motto tritt Engelhorn in Talkshows auf, gibt Interviews und hat auch ein Buch zu dem Thema geschrieben. Die Millionenerbin ist Expertin für Umverteilungsfragen geworden. Ihr Ziel: Sie will das Steuersystem in Österreich und Deutschland gerechter machen. Engelhorn spricht sich etwa dafür aus, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden soll. Nur so könne Geld und Vermögen gerecht verteilt werden, sagt sie in einem Interview mit dem österreichischen Sender ORF2.. Bis es so weit ist, will Engelhorn 90 Prozent ihres Vermögens spenden.
So offen Engelhorn über Steuern und Umverteilung spricht, so verschlossen ist sie, wenn es um ihr Privatleben geht. Es ist etwa nicht bekannt, wie hoch ihr Erbe genau ausgefallen ist. Auch wie die anderen Mitglieder des Engelhorn-Clans zu ihren Standpunkten und ihren öffentlichen Auftritten stehen, ist unklar.