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Porträt: Jeremy Fragrance, "der Karl Lagerfeld der Duftindustrie"

Porträt

Jeremy Fragrance, "der Karl Lagerfeld der Duftindustrie"

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    Jeremy Fragrance ist Parfum-Influencer und Unternehmer mit 6,6 Millionen Followern auf TikTok.
    Jeremy Fragrance ist Parfum-Influencer und Unternehmer mit 6,6 Millionen Followern auf TikTok. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    Wenn Jeremy Fragrance ein Parfüm beschreibt, dann spricht er nicht über Bergamotte, Zedern- oder Sandelholz. Er spricht von einer „geilen, süßen oder sexy“ Note – und trifft damit einen Nerv bei seinen 6,6 Millionen Followern auf TikTok. Dreht der Influencer und Unternehmer ein Video für Social Media, dann packt er „100 Prozent seiner Persönlichkeit maximiert in Kurzversion“ hinein. Spricht laut, übertrieben, selbstbewusst. „Man muss krass sein“ – denn nur das werde mit Aufmerksamkeit belohnt.

    In seinen Videos wirkt Jeremy Fragrance komplett überdreht. Wahlweise ganz im weißen Anzug gekleidet oder oberkörperfrei zappelt er und tanzt, inhaliert Parfüms.Die Akkus des Influencers scheinen immer voll, er sprüht vor Energie – wie ein Kokain-Junkie? Das wird Jeremy Fragrance, der bürgerlich Daniel Schütz heißt, häufig unterstellt. Ebenso häufig widerspricht er. Das mag man vielleicht anzweifeln. Doch der gläubige Christ betont: „Eines meiner Prinzipien ist, dass ich nie lüge.“

    Parfüm-Influencer Jeremy Fragrance hat 6,6 Millionen TikTok-Follower

    Im Telefonat mit unserer Redaktion gibt sich der Influencer viel ruhiger. Immer noch Jeremy Fragrance, nur weniger hyperaktiv. Weil er gerade im Zug sitze und die anderen Fahrgäste nicht stören wolle. Für seine Social-Media-Auftritte wiederum werfe er sich „mit ethisch vertretbaren Dingen in extreme Energie“ – also zum Beispiel mit einem Sprint oder Koffein aus grünem Tee. Dann befinde er sich „in einer heftigen Phase, die sich auch wieder beruhigt“. Aber das sei eben nur „mittelinteressant“ für seine Zuschauerinnen und Zuschauer. Die sind oftmals seine Fans, eben weil er sich so absurd benimmt.

    Als der in Oldenburg aufgewachsene Fragrance vor einigen Jahren damit begann, Düfte auf Youtube vorzustellen, habe das bereits „nach dem dritten oder vierten Video voll geknallt“. Den amerikanischen Lifestyle fand er schon damals „geil“. Er entschied sich dazu, Englisch zu sprechen, und das mit deutschem Akzent. Das ging viral, schnell erreichte er viele Menschen. Und genoss „das Feeling von Signifikanz, bekannt zu sein, sich besonders zu fühlen“. 

    Jeremy Fragrance zeigt sich in seinen Videos stets überdreht und selbstbewusst

    Doch wiekam Fragrance überhaupt auf die Idee, Parfüm-Videos zu drehen? Am Telefon erzählt er, dass er mit 19 zum ersten Mal auf Hawaii in einem Laden der Marke Abercrombie & Fitch gewesen sei. Die Kette ist bekannt für den intensiven Duft, der sich in ihren Geschäften verbreitet. „Das gefiel mir sehr gut, wie die Musik laut und der Duft da war“, beschreibt der Influencer. Fragrance begann, Düfte zu recherchieren und entdeckte auf Youtube Videos von Menschen, die über Parfüms sprachen. Und fing an, das „auf sehr emotionale Art und Weise“ nachzuahmen.

    Inzwischen spricht Jeremy Fragrance nicht mehr nur über Parfüms. Er verkauft seine eigene Reihe „Fragrance One“ online. Nach eigenen Angaben machte er damit bereits Millionen Euro an Umsatz – bizarrerweise ohne dass seine Käuferinnen und Käufer die Parfüms vorher irgendwo riechen können. Nur testweise habe der Unternehmer versucht, seine Düfte in Läden in Beverly Hills, New York City oder Miami anzubieten. „Aber keine Parfümerie der Welt kann mit meiner Internetpräsenz mithalten“, sagt er. „Keine physische Parfümerie kann eine Million Menschen in einer Minute bedienen.“

    Jeremy Fragrance spricht auf dem Rocketeer Festival in Augsburg

    Dennoch zählt zu Fragrance’ Zielen, selbst eines Tages eine Parfümerie zu eröffnen. Daneben möchte er ein Parfüm-Magazin herausgeben und neue Düfte kreieren – „Jeremy-Fragrance-relevante Dinge tun“ eben. „Wenn ich sterbe, dann möchte ich, dass man sich an mich als Parfüm-Ikone erinnert, die den Lehren Jesu gefolgt ist“, sagt der 34-Jährige. Er möchte „der Karl Lagerfeld der Duftindustrie“ sein. Aber auch eine Familie will er noch gründen und zurück in die USA gehen, wo er bereits zwei Wohnungen besitze und sich jetzt noch eine dritte hole. Im Moment lebt Fragrance in Deutschland, wo er zwischen Berlin, Bonn und dem Münchner Vorort Grünwald pendelt.

    Am 28. April wird Jeremy Fragrance nach Augsburg kommen, um als Speaker auf dem Rocketeer Festival aufzutreten. Worüber er auf der Konferenz für digitale Innovationen sprechen wird? „Ich werde freestylen“, sagt er. Und hat gleich noch einen Tipp parat: „Ich empfehle allen Augsburgern: Seid selber eine Marke, eine Brand.“ Denn die Künstliche Intelligenz wird bald viele Jobs auffressen, wie er prophezeit. „Sei zum Beispiel der beste Friseur Augsburgs, den man nicht durch eine Maschine ersetzen kann. Oder ein besonders empathischer Mensch“, sagt er. „Oder sei ein Influencer wie ich. Den kann eine Maschine auch nicht ersetzen.“ 

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