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Porträt: Ex-Bahnchef Mehdorn: Der Unruheherd wird 75

Porträt

Ex-Bahnchef Mehdorn: Der Unruheherd wird 75

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    Ex-Bahnchef, Ex-Chef des BER, jetzt im Ruhestand: Hartmut Mehdorn wird 75. (Archivfoto)
    Ex-Bahnchef, Ex-Chef des BER, jetzt im Ruhestand: Hartmut Mehdorn wird 75. (Archivfoto) Foto: Bernd Thissen (dpa)

    Er könnte die Reben auf seinem Weinberg in Südfrankreich inspizieren. Oder auf einem Boot die Mittelmeerküste entlangsegeln. Hartmut Mehdorn wird 75, und es ist ruhig geworden um den einst so umtriebigen Manager. Der langjährige Bahnchef ist tatsächlich in den Ruhestand gewechselt und genießt das Leben.

    Dabei wird er sicherlich nicht längere Zeit irgendwo ruhig sitzen. Denn der Mann ist eigentlich immer in Bewegung. Wer Mehdorn in seiner aktiven Zeit gegenübersaß, spürte und sah es: Ruhelos rieb er die Hände, faltete, knetete sie. Unterm Tisch wippten die Füße, der ganze Mann vibrierte.

    Macher und Vollblut-Manager alter Schule wurde er genannt, streitlustiges Raubein aber auch. Ein Leisetreter war der Maschinenbauer aus Berlin jedenfalls nie. Das machte Mehdorn zu einem der bekanntesten Manager Deutschlands, den meisten vertraut als "Bahnchef Mehdorn".

    2015 zog er sich aus dem Geschäftsleben zurück

    Ein krönender Abschluss seiner langen Karriere blieb im verwehrt. Im März 2015 ging er als Chef der Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB). Im folgenden Mai erklärte er seinen Abschied aus dem Geschäftsleben und legte alle Aufsichtsratsmandate nieder. Zuvor hatte ihn eine Medikamenten-Unverträglichkeit auf die Intensivstation gezwungen.

    Vielen ist er in Erinnerung als der Mann, der die verlustreiche Deutsche Bahn auf Gewinn trimmte. Der lange geplante Börsengang der früheren Behördenbahn gelang nicht, weil die Finanzmarktkrise dazwischenkam. Schon im Rentenalter verschaffte er der trudelnden Air Berlin neue Luft und dem dümpelnden Hauptstadtflughafen einen Eröffnungstermin, der sich dann aber auch nicht halten ließ. Mehdorn hat sich dabei nicht geschont. Zuweilen auch sein Umfeld nicht. 

    Manager dürfen noch Patriarchen sein und Flugreisen sind für viele ein schwer erfüllbarer Traum, als die Karriere des Maschinenbauers 1964 bei den Vereinigten Flugtechnischen Werken in Bremen beginnt. Mehdorn geht zu Airbus, steigt in den Vorstand der damaligen Deutschen Aerospace auf, wechselt an die Spitze der Heidelberger Druckmaschinen. Bundesweit breiter bekannt wird er erst danach, in zehn Jahren als Bahnchef ab 1999.

    Massenkontrollen von Mitarbeitern waren "übereifrig"

    Mehdorn genießt die Aufmerksamkeit in dieser Position. Wo er hinkommt, wirbelt er Staub auf, provoziert, wenn es seinen Zielen dient. Als ein neues Fahrpreissystem eine wochenlange Kritikwelle auslöst, stampft Mehdorn es ein und sagt: "Wir haben verstanden, Asche auf mein Haupt."

    Der mit einer Französin verheiratete Manager bewundert Napoleon. Den einzigen Fehler des Feldherrn sieht er im Kriegführen. Mehdorn geht Konflikten selten aus dem Weg, kämpft aber mit offenem Visier, wie auch Kritiker bestätigen. "Wenn mir einer quer kommt, dem sage ich: 'Sie sind ein Klotzkopf.'" 

    Am Ende stolpert der Konzernchef über eine Affäre um Massenkontrollen von Mitarbeiterdaten. Man sei etwas "übereifrig" gewesen, erklärt der damals 66-Jährige ungewohnt kleinlaut (aus dem Archiv von 2009: Bahnchef Mehdorn räumt Fehler ein). Er könnte nun in Rente gehen, aber: "Zuhause sitzen - dafür bin ich nicht gemacht." Da kommen zwei Gelegenheiten gelegen, die einen Krisenmanager fordern.

    Zwei Jahre am BER fühlten sich an wie 20 Jahre

    Bei Air Berlin gelingt ihm das Kunststück, den Großinvestor Etihad an Bord zu holen, dessen Geldinfusionen die zweitgrößte deutsche Airline am Leben erhalten. Doch um die Fluggesellschaft steht es heute schlechter denn je (Am Tiefpunkt - Wer führt Air Berlin aus dem Tal?).

    Letzte Karrierestation: die berüchtigste Baustelle Deutschlands, der neue Berliner Großflughafen. Der Ingenieur rackert und streitet für das drittgrößte deutsche Luftdrehkreuz, doch es dauert, bis Mehdorns Strampeln den Treibsand von Schönefeld in Wallung bringt. Mehdorn geht nach zwei Jahren - "gefühlt 20 Jahre", meint er. Im Rückblick war Mehdorn dort auch nur eine Episode in dem überlangen Debakel (Lesen Sie auch: Wann der Flughafen BER eröffnet, ist immer noch unklar).

    Öffentliche Auftritte sind selten geworden. Vor einem Jahr sah man ihn in einem Prozess um das Schienenkartell und er formulierte fröhlich-derb wie in alten Zeiten: "Es ist uns auf die Nüsse gegangen, dauernd in der Zeitung zu lesen: Korruption bei der Deutschen Bahn. Deshalb haben wir versucht herauszufinden, wo die Leute geschummelt haben." dpa

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