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Porträt: Elon Musk ist ein Genie, das zum Wahnsinn neigt

Porträt

Elon Musk ist ein Genie, das zum Wahnsinn neigt

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    Wirft die Twitter-Belegschaft raus, beschimpft Politiker: Elon Musk ist ein großer Unternehmer, aber nicht alle seine Taten sind nachvollziehbar.
    Wirft die Twitter-Belegschaft raus, beschimpft Politiker: Elon Musk ist ein großer Unternehmer, aber nicht alle seine Taten sind nachvollziehbar. Foto: Susan Walsh, dpa

    Wenn Elon Musk Image-Berater hätte, dann hätten diese spätestens am vergangenen Wochenende das Handtuch geworfen. Da jettete Musk zum Endspiel der Fußball-WM nach Katar und schaute sich das Finale von einer Skybox mit nicht eben erlesener Gesellschaft an. Neben ihm stand Trump-Schwiegersohn Jared Kushner, eine der derzeit unbeliebtesten Figuren in den USA – selbst in konservativen Kreisen. Die beiden waren umringt von einer Gruppe von Scheichs des Golfstaates, der in den Wochen des Turniers in der Dauerkritik stand. 

    Die einzige Botschaft, die aus dem Auftritt abzulesen war, war, dass es Musk vollkommen egal ist, was die Leute von ihm denken, insbesondere wenn sie von öffentlichen Figuren gewisse ethische Verhaltensstandards erwarten. Die Botschaft passte blendend zu Musks Benehmen, seit er vor rund sieben Wochen den Mikroblogging-Dienst Twitter übernommen hat. Musk hat es geschafft, eine erstaunliche Anzahl an Freunden, Kritikerinnen, Kommentatoren, Mitarbeiterinnen, Partnern und Kundinnen zu verprellen.

    Elon Musk keilt gegen den beliebten Gesundheitsberater Anthony Fauci

    So attackierte Musk in der vergangenen Woche ohne zwingenden Anlass den gerade zurückgetretenen Gesundheitsberater der Bundesregierung, Anthony Fauci, der allseits dafür beliebt ist, auf dem Höhepunkt der Pandemie einen klaren Kopf und Donald Trump im Zaum gehalten zu haben. Zugleich griff Musk den ehemaligen Sicherheitschef seiner eigenen neuen Firma, Yael Roth, an, der kurz nach der Übernahme von Twitter durch Musk verzweifelt seinen Hut genommen hatte. Und als wäre das noch nicht genug, ließ er die Twitter-Zugänge von Journalisten sperren, die sich ihm gegenüber kritisch geäußert hatten.

    Nicht einmal vor offenen Fehden mit Geschäftspartnern scheut Musk zurück. Noch vor wenigen Wochen sonderte er einen kleinen Wirbelsturm an Zorn-Tweets gegen Apple ab, die gedroht hatten, Twitter aus ihrem App Store zu nehmen. „Es scheint mir so, als würde

    Twitter-Nutzer stimmen dafür, dass Musk gehen soll

    Angesichts solcher Streitbarkeit war es eher verwunderlich, dass Musk auf seinen Stadionbesuch auf Twitter eine Art Beliebtheitsumfrage folgen ließ. Ob er das Unternehmen weiter führen solle, wollte Musk von den 237 Millionen aktiven Twitter-Nutzern wissen und kündigte an, sich an ihre Entscheidung zu halten. 57 Prozent derjenigen, die an der Umfrage teilnahmen, stimmten dafür, dass Musk gehen soll.

    Natürlich focht Musk das Misstrauensvotum nicht wirklich an. Er wartete 26 Stunden, um dann zu verkünden, dass er das Impeachment ehren werde – irgendwann. Erst einmal werde er jedoch weiterhin versuchen, die Geschäfte von Twitter in Ordnung zu bringen.

    So wirkte die Aktion eher wie ein Gimmick. Die Entscheidung, sich früher oder später von Twitter zurückzuziehen, hat Musk mutmaßlich schon längst getroffen. Mit der Pseudo-Abwahl durch die Kunden hatte er sich lediglich einen bequemen Rückzugsweg geschaffen. Gleich, wann er Twitter verlässt, er kann nun darauf verweisen, dass er lediglich dem Mehrheitswillen folge.

    Ist es dem Tesla-Gründer egal, was Leute über ihn denken?

    Dass er sich tatsächlich um diesen Willen schert, bleibt freilich fragwürdig. Seit Musk Twitter übernommen hat, hat er beinahe täglich demonstriert, dass es ihm egal ist, was die Leute denken. Angefangen von der Wiederherstellung des Kontos von Donald Trump bis hin zu den brüsken Methoden, mit denen Musk die Hälfte der Belegschaft entlassen und dann zum Teil doch wieder eingestellt hat, hat Musk eine provokante Gleichgültigkeit dem gegenüber demonstriert, was die Menschen von ihm halten.

    Nicht einmal die Tatsache, dass sein Ruf als genialer Unternehmer durch seine Manöver bei Twitter stark in Mitleidenschaft geraten ist, scheint ihn zu jucken. Obwohl er bislang die Talfahrt des Medienkonzerns nur beschleunigt hat, war bislang von Musk nicht ein einziges Wort von einem unvorsichtigen Vorgehen zu hören.

    Dabei ist Twitter derzeit in einem erbärmlichen Zustand. Die Werbebuchungen liegen 80 Prozent hinter den Erwartungen. 40 Prozent der Werbekunden sind nicht zuletzt wegen Musks Verhalten abgesprungen. Die Nutzer beginnen, zu anderen Plattformen abzuwandern, seitdem Musk Twitter für allerlei diffamierende und irreführende Inhalte geöffnet hat. Personell hat Musk das Unternehmen so ausgedünnt, dass die Handelsaufsicht FTC bereits Sicherheitsbedenken anmeldet. 

    Vertrauen auch bei den Aktionärinnen und Aktionären von Tesla verloren

    Das alles wäre reichlich Grund zur kritischen Selbstreflexion. Doch stattdessen meint man bei Musk eine beinahe nihilistische Gemütsverfassung auszumachen. Das geht so weit, dass er dazu bereit zu sein scheint, sein Erfolgsunternehmen Tesla mit in den Twitter-Abgrund zu ziehen.

    Musks Aktivitäten bei Twitter haben ihn Vertrauen sowohl bei Tesla-Kunden als auch bei Anlegern gekostet. Die Verkäufe in Nordamerika sind ebenso zurückgegangen wie sein Aktienwert. Der Preis der Tesla-Aktie liegt nur noch bei rund 65 Prozent des Höchststandes im Jahr 2021.

    Tesla-Chef Musk hat versprochen, 2023 keine weiteren Aktien des Elektroautobauers zu verkaufen.
    Tesla-Chef Musk hat versprochen, 2023 keine weiteren Aktien des Elektroautobauers zu verkaufen. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Der Verlust des Anlegervertrauens rührt nicht zuletzt daher, dass Musk seine sämtlichen Ressourcen von Tesla abzieht und in Twitter steckt. Musk hat bereits 40 Milliarden Dollar an Tesla-Anteilen verkauft, um Twitter zu finanzieren. „Er benutzt Tesla als Geldautomaten“, sagt ein Technologie-Analyst. Die Tatsache, dass Twitter Musks Aufmerksamkeit absorbiert, verstärkt den Unmut der Investoren: „Tesla zu managen ist kein Teilzeitjob“, ließ ein erboster Anleger einen Reporter des New York Magazine wissen.

    Ist Elon Musk auf dem absteigenden Ast?

    Solcher Unmut hat wohl auch zu der Klage geführt, mit der Musk sich zurzeit zu allem Überdruss noch auseinandersetzen muss. Musk muss sich in Delaware dafür verantworten, dass er sich bei Tesla ein überzogenes Geschäftsführer-Gehalt ausbezahlt hat.

    Das alles zusammen scheint auf eine spektakuläre Bauchlandung des einst als genialisch gefeierten Unternehmers und Erneuerers hinzudeuten. Dabei scheint er jedoch ebenso ungerührt den Weg nach unten zu gehen, wie er den Weg nach oben gegangen ist. Musk macht sein Ding und die Tatsache, dass er dabei auf niemanden hört als sich selbst, scheint ihm deutlich wichtiger zu sein als der Ausgang.

    Tesla ist Wegbereiter des globalen Booms der E-Mobilität. Wir erklären das Fahrzeug-Imperium des schillernden Multimilliardärs Elon Musk.

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