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Paris/Belfort: Frankreichs Präsident Macron setzt jetzt auch auf mehr Ökostrom

Paris/Belfort

Frankreichs Präsident Macron setzt jetzt auch auf mehr Ökostrom

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    Präsident Emmanuel Macron hat große Pläne.
    Präsident Emmanuel Macron hat große Pläne. Foto: Jean-Francois Badias, dpa

    Der Besuch von Emmanuel Macron am Mittwoch in Belfort war seit langem geplant. Zum einen wollte er einen Ausblick auf Frankreichs Energie-Strategie der nächsten Jahrzehnte geben – auch wenn Macron sich nicht sicher sein kann, nach den Wahlen im April 2022 noch Präsident zu sein. Zum anderen ging es darum, die bittere Erinnerung an einen Verkaufsdeal auszulöschen, den er 2014 als Wirtschaftsminister mitverantwortet hat. Damals erwarb der US-Konzern General Electric die Energiesparte von Alstom und brach in der Folge sein Versprechen, 1000 Arbeitsplätze in Frankreich zu schaffen. Tatsächlich strich er laut Gewerkschaften bis zu 5000.

    Nun kaufte der französische Stromriese EDF einen Teil davon zurück, nämlich die in Belfort hergestellten Arabella-Kraftwerkturbinen. Die gemeinsame Presseerklärung von EDF und General Electric erfolgte am Tag des Macron-Besuchs vor Ort. Offiziell hat der 44-Jährige seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl in zwei Monaten immer noch nicht erklärt. Aber der Auftritt erinnerte stark an Wahlkampf.

    Frankreich soll 2050 keine fossilen Energieträger mehr brauchen

    „Pragmatisch“ wolle er vorgehen, versprach Macron, um bis 2050 Klimaneutralität und Unabhängigkeit in Sachen Energie für sein Land zu erreichen. In den nächsten 30 Jahren soll der Energieverbrauch um 40 Prozent verringert werden, ohne die Lebensqualität der Menschen einzuschränken: „Wir werden es durch Innovation, durch Investitionen schaffen.“ Das betreffe den Transport, das Heizen oder die Häusersanierung. 2050 soll Frankreich keine fossilen Energieträger mehr brauchen, die heute noch zwei Drittel ausmachen. „Die Zukunft wird elektrisch sein“, sagte der Präsident. Der Strombedarf steige um bis zu 60 Prozent. Und diesen zu produzieren, müsse man in der Lage sein. Denn die Souveränität des Landes gehört zu einem seiner wichtigsten Schlagworte und sie betrifft auch die Energieversorgung.

    Frankreich habe daher keine Wahl, als künftig auf zwei Säulen zu setzen, sagte Macron: den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien und der Atomenergie zugleich. In Sachen Erneuerbare, in die man eine Milliarde Euro investiere, habe das Land einen Rückstand, räumte Macron ein. „Hierbei übernehme ich meinen Teil der Verantwortung.“ Bis 2050 sollen die aktuell bestehenden Solar-Installationen verzehnfacht werden, 50 Offshore-Windparks entstehen, davon der erste noch dieses Jahr, und auch der Park der Windräder an Land ausgebaut werden. Gleichzeitig werde er „den Faden des großen Abenteuers der Nuklearenergie in Frankreich“ wiederaufnehmen, bekräftigte Macron.

    Macron bezeichnete Kernenergie mehrfach als "Glücksfall" für Frankreich

    Keiner der bestehenden Reaktoren solle geschlossen werden, es sei denn es gebe Sicherheitsprobleme. Bei allen bemühe man sich um Laufzeit-Verlängerungen über 50 Jahre hinaus. Darüber hinaus werde Frankreich den Bau von sechs Reaktoren vom Typ EPR (Europäischer Druckwasserreaktor) beginnen und ab nächster Woche Machbarkeitsstudien für den Bau von acht zusätzlichen EPR in Auftrag geben. Seit den 90er Jahren war in Frankreich kein Nuklearreaktor mehr gebaut worden.

    Überraschend kommen die Ankündigungen nicht. Schon Ende 2021 hatte Macron eine Milliarde Euro für die Investition von Small Modular Reactors (SMR) versprochen. Wiederholt bezeichnete er die Kernenergie als „Glücksfall“ für Frankreich. Vor allem auf sein Betreiben hin gab die EU-Kommission vor kurzem bekannt, die Atomkraft in die sogenannte Taxonomie, einen Kriterienkatalog für grüne Investitionen, aufzunehmen. Dass Macron neuerdings die erneuerbaren Energien stärker fördern will, ergibt sich seinem Umfeld zufolge aus der Erkenntnis, dass auf diese schnell zurückgegriffen werden könne, während der Bau neuer Atomreaktoren und deren Einsatzfähigkeit mindestens 15 Jahre in Anspruch nehme.

    Manchmal dauert es aber noch länger. Der Druckwasserreaktor, der seit 2006 in Flamanville in der Normandie gebaut wird, sollte eigentlich 2012 ans Netz gehen. Nun soll es 2023 so weit sein. Statt der ursprünglich veranschlagten 3,3 Milliarden Euro kostet er nun mindestens 12,7 Milliarden, der Rechnungshof geht sogar von 19,1 Milliarden aus. Auch an anderen Standorten gibt es Probleme. Derzeit stehen acht der 56 Reaktoren des Landes still. Davon sprach Macron bei seinem Besuch allerdings nicht.

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