435 Millionen – so viele Pakete und Päckchen sollen dieses Jahr im Weihnachtsgeschäft ausgeliefert werden. Der Bundesverband Paket- und Expresslogistik geht in einer Prognose davon aus, dass die Zahl der Sendungen um 3,6 Prozent höher als im Vorjahr ausfallen wird. Spätestens seit der Corona-Pandemie boomt der Online-Handel. Ob aber tatsächlich alle Geschenke rechtzeitig zum Fest ankommen, ist nun in der Schwebe. Seitdem am Dienstagabend Tarifverhandlungen gescheitert sind, legen Paketboten in ganz Bayern ihre Arbeit nieder. Sollten die Arbeitgeber den Forderungen der Gewerkschaft Verdi nicht nachkommen, könnten die Streiks bis zum 23. Dezember andauern und das Weihnachtsgeschäft deutlich beeinträchtigen.
Beim Dienstleister Hermes etwa legten am Mittwoch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit nieder. Wie das Unternehmen auf Nachfrage bestätigte, hatte die Gewerkschaft Verdi am Hermes-Standort in Graben im Landkreis Augsburg dazu aufgerufen, für 24 Stunden in den Ausstand zu gehen. Auch der Paketdienst DPD versicherte gegenüber unserer Redaktion, auf etwaige Streiks mit Ausweichplänen vorbereitet zu sein.
Streiks bedrohen Weihnachtslieferungen in Bayern
An den Tarifverhandlungen sind auch Dienstleister wie UPS, Kühne und Nagel oder Schenker beteiligt. Wie der Bayerische Rundfunk berichtet, soll der Streik in einer Art rotierendem Verfahren ablaufen: Nachdem die Beschäftigten von UPS und Hermes schon an der Reihe waren, sollen die restlichen Paketdienste in den nächsten Tagen bestreikt werden. Die DHL, mit einem Marktanteil von geschätzten 50 Prozent hierzulande der größte Dienstleister, wird dagegen nicht bestreikt. Das Unternehmen gehört zur Deutschen Post und ist nicht Teil der Tarifverhandlungen.
Zu den Warnstreiks ist es gekommen, weil sich Verdi und die Arbeitgeber am Dienstagabend auch in der dritten Verhandlungsrunde nicht einigen konnten. Es geht vor allem um eine bessere Bezahlung. Der Landesverband Bayerische Spediteure hatte für die Beschäftigten zuletzt eine Lohnerhöhung um 3,5 Prozent ab Januar 2025 angeboten sowie weitere 2,5 Prozent ab Januar 2026 und eine Einmalzahlung in Höhe von 780 Euro. 3,5 Prozent entsprächen bei einem durchschnittlichen Lohn, wie ihn Verdi für Paketboten angibt, einem Zuwachs von gut 100 Euro pro Monat. Der Gewerkschaft aber reicht das nicht, sie fordert 368 Euro mehr Lohn.
„Die Beschäftigten der Logistik in Bayern leisten jeden Tag einen gesellschaftlich immens wichtigen Job. Dafür haben sie Respekt und Wertschätzung verdient, auch und insbesondere in Form guter Löhne“, sagte Verdi-Verhandlungsführer David Merck. Die Gewerkschaft argumentiert damit, dass Beschäftigte durch die Inflation an Kaufkraft verloren hätten. Mit dem aktuellen Angebot der Arbeitgeber würde der Lohnabstand zu den mittleren Einkommen in Deutschland nicht sinken, hieß es. Vielmehr wüchse er weiter an.
Streik bei Zustellern: Kommen Weihnachtsgeschenke rechtzeitig an?
Sabine Lehmann, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes, verwies auf die schwierige wirtschaftliche Situation, die momentan keine höheren Abschlüsse zuließe. „Den Auftraggebern der Speditions- und Logistikunternehmen geht es gerade schlecht und das wirkt sich ganz erheblich auf die Auftragslage unserer Mitgliedsunternehmen aus“, erklärte sie. Lehmann warf Verdi vor, der Gewerkschaft sei die „Lust am selektiven Pokern wichtiger als das Wohl aller Beschäftigten, das sie eigentlich im Auge haben sollte“.
Ein Tarifabschluss noch in diesem Jahr ist laut Lehmann nicht zu erwarten. Der Deutschen Presse-Agentur sagte die Arbeitgeber-Vertreterin, bei der Auslieferung von Paketen werde es die kommenden Tage „mit Sicherheit Einschränkungen geben“. Eine DPD-Sprecherin teilte mit: „Zu streikbedingten Verzögerungen können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage treffen.“ Bei Hermes erwartet man dagegen „keine Verzögerungen bei der Paketzustellung in Bayern“. Am Mittwoch sei die Streikbeteiligung der Mitarbeitenden zur Frühschicht noch gering gewesen. Das Unternehmen gebe sein Bestes, um Päckchen und Pakete noch rechtzeitig vor Weihnachten auszuliefern.
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