Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Onlineshopping: Worum es bei der Kontroverse um den Onlineshop-Giganten Temu geht

Onlineshopping

Worum es bei der Kontroverse um den Onlineshop-Giganten Temu geht

    • |
    Temu wurde 2023 von allen Shopping-Apps in Deutschland laut der Webanalyse-Firma Similarweb am häufigsten heruntergeladen.
    Temu wurde 2023 von allen Shopping-Apps in Deutschland laut der Webanalyse-Firma Similarweb am häufigsten heruntergeladen. Foto: Hannes P. Albert, dpa

    „Blitzdeal: Exklusives Angebot“, steht in roter Schrift bei der „Luxus-Uhr für Herren“, die 11 Euro kostet. Es ist ein zeitlich begrenztes Angebot, ein Bestseller. So wie alle anderen Uhren auf der Internetplattform Temu. Auch sie sind mit bunten Labels versehen: „Am besten bewertet“, „Bestseller“, „Nur noch 18 übrig", "73 Prozent Rabatt", oder "Fast ausverkauft". Wer auf der Website oder der App unterwegs ist, wird geradezu bedrängt von Kaufangeboten. Die Bundesregierung kritisiert das. Es ist nicht der einzige Vorwurf, der gegen Temu im Raum steht.

    Das Unternehmen gibt es seit 2022 und wurde in den USA gegründet. Dahinter steht jedoch die in China ansässige Konzerngruppe PDD Holdings. Seit April 2023 ist die Shopping-App in Deutschland verfügbar. Sie war schon bald eine der am häufigsten heruntergeladenen kostenlosen Apps. 

    Die Bundesregierung wirft Temu manipulative Kaufanreize vor

    Dass Temu so erfolgreich ist, liegt vor allem am niedrigen Preis, der unter anderem damit zusammenhängt, dass die Plattform aufgrund der geringen Artikelpreise in vielen Fällen keinen Zoll zahlen muss. Für Nutzer ist das attraktiv – zumal Versandkosten im Kaufpreis enthalten sind. Bezahlt werden kann etwa mit PayPal, Apple Pay, Google Pay oder Visa. Hinzu kommen die Anreize, die Temu beim Kauf setzt: Potenzielle Käufer werden etwa animiert, weitere als Käufer anzuwerben, um selbst Rabatte zu bekommen. Daneben nutzt Temu Spiele und Glücksräder. 

    Eben wegen solchen Praktiken rügt die Bundesregierung den Onlineshop nun. Verbraucherschutz-Staatssekretärin Christiane Rohleder warf Temu vor, ständig neue Kaufanreize zu setzen. In völlig neuem Maß finde so ein Wandel von der Bedarfsdeckung zu Bedarfsweckung statt – vor dem Hintergrund, dass die manipulative Gestaltung von Onlineplattformen im Zuge des Digitale-Dienste-Gesetzes der EU verboten wurde. 

    Verbraucherzentrale: Temu führt Verbraucher in die Irre

    Bereits Ende März hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) Temu wegen „irreführender Rabatthöhen und manipulativer Designs“ abgemahnt. Die Plattform lasse Verbraucher im Unklaren, wie die hohen Rabatte zustande kommen. Zudem werbe Temu damit, dass sich der CO₂-Fußabdruck verringere, wenn sich die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Waren nicht nach Hause, sondern zu einer Abholstelle in der Nähe liefern lassen. „Dabei haben die Produkte bis zur Zustellung bereits lange Wegstrecken zurückgelegt“, so der VZBV.

    Temu wehrt sich gegen solche Vorwürfe. Ein Sprecher sagte unserer Redaktion, die angezeigten Bestands- und Kaufaktualisierungen würden den tatsächlichen Lagerbestand wiedergeben und sollten den Verbrauchern helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen, ohne manipuliert oder unter Druck gesetzt zu werden.

    Immer wieder warnen Verbraucherschützer vor Onlinehändlern wie Temu

    Es ist nicht das erste Mal, dass Verbraucherschützer Temu kritisieren. Ende des Jahres wurde eine Untersuchung des Verbandes Toy Industries of Europe (TIE) publik, der zahlreiche Sicherheitsrisiken bei den auf Temu verkauften Spielzeugen fand: Von 19 geprüften Spielzeugen entsprach keines komplett den EU-Vorschriften, 18 stellten ein echtes Sicherheitsrisiko für Kinder dar – also eine Gefahr durch Schneiden, Ersticken, Strangulieren oder chemische Bedenklichkeit. 

    Temu erklärt, man habe die Überwachung dieser Produktgruppe verstärkt. Nicht konforme Produktangebote würden bei Kenntnis entfernt. Geprüft wird die Qualität allerdings nur stichprobenmäßig. Auch beim Datenschutz kommen Fragen auf. Insbesondere die App scheint datenhungrig zu sein, fragt laut Verbraucherzentrale etwa nach Zugriffen auf Kamera, Mikrofon oder Standort. Erteilt werden muss diese Berechtigung nicht. Temu verkaufe keine Daten, erklärte der Sprecher, man sammele nur die „minimalnotwendigen Informationen“, um Käufe abzuwickeln, mit den Nutzern zu kommunizieren und ihnen „individuelle Produktempfehlungen zu geben“. 

    Verbraucher sollten sich der Risiken bewusst sein

    Was das genau bedeutet? Sonja Neumann von der Verbraucherzentrale Bayern rät, bei der App-Nutzung die Datenschutzeinstellungen individuell anzupassen und etwa die Standortverfolgung auszuschalten. Verbraucher sollten sich bewusst sein, dass die Waren unter Umständen eine schlechte Qualität haben könnten und ein Kundenservice im Zweifel nur sehr schlecht erreichbar sein könne. Denn der Onlinemarktplatz übernimmt keine Verantwortung für Produktqualität und Richtig­keit der Produkt­beschreibungen. 

    Klar ist, dass beim Einkauf auf Temu für Verbraucher Vorsicht geboten sein sollte. Klar ist aber auch, dass der Onlinehändler nicht die einzige erfolgreiche Schnäppchenplattform in der deutschen Einkaufswelt ist und nicht der einzige Händler, der noch immer mit Designtricks arbeitet. Es ist eine Entwicklung, die Unbehagen hervorruft – nicht nur bei Spielzeugherstellern.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden