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München: Osram will Kosten um bis zu 300 Millionen Euro senken

München

Osram will Kosten um bis zu 300 Millionen Euro senken

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    Der Vorstandsvorsitzende der Osram Licht AG, Olaf Berlien, warb auf der Hauptversammlung in München erneut für die Übernahme durch den österreichischen Sensorspezialisten AMS. 
    Der Vorstandsvorsitzende der Osram Licht AG, Olaf Berlien, warb auf der Hauptversammlung in München erneut für die Übernahme durch den österreichischen Sensorspezialisten AMS.  Foto: Sven Hoppe, dpa

    Wie und wann diese Hochzeit nun genau vonstatten geht, ist noch nicht ganz klar. Die Braut (AMS) will, der Bräutigam (Osram) inzwischen auch. Die Braut hatte zwar mehrfach und nachdrücklich fragen müssen, bis der Bräutigam dann doch überzeugt war. Justiziabel war dieses energische Werben zwischenzeitlich auch noch geworden. Aber, so sagte es der Vorstandsvorsitzende der Osram Licht AG, Olaf Berlien, am Dienstag, „am Ende zählt nicht der Antrag, sondern die Ehe“.

    Osram verschärft den Sparkurs

    Ob das Bild einer Verbindung auf Lebenszeit, einer Gemeinschaft für gute wie schlechte Zeiten, für die laufende, auf Pump finanzierte, Unternehmensübernahme des größeren Münchener Traditionsunternehmens Osram durch den deutlich kleineren österreichischen Sensorspezialisten AMS taugt, mag man bezweifeln. Klar ist nach der Hauptversammlung: Der Bräutigam wird in diese Ehe deutlich dünner gehen als ohnehin schon. Denn Osram verschärft seinen Sparkurs. Das ist die harte Nachricht von der regulären Aktionärsversammlung in der Messe München.

    Finanzvorstand Ingo Bank sagte: „Wir wollen die Kosten im Zeitraum von 2018 bis 2022 insgesamt um bis zu 300 Millionen Euro senken.“ Man sei bereits auf einem „sehr gutem Weg“ und habe im Geschäftsjahr 2019 das ursprüngliche Ziel mit 107 Millionen Euro „sogar um 20 Prozent übererfüllt“. Bislang hatte man 220 Millionen Euro einsparen wollen. Osram hatte im Geschäftsjahr 2019 einen Verlust von 343 Millionen Euro ausweisen müssen.

    Coronavirus könnte Auswirkungen auf den Erfolg von Osram haben

    Im ersten Quartal des neuen Geschäftsjahres steht zwar ein Gewinn von rund einer Millionen Euro (nach Steuern) in den Büchern. Man sehe, so erklärte es Bank den Aktionären weiter, „eine gewisse Stabilisierung in unseren Kerngeschäften“. Aber: „Von einer Belebung des Geschäfts kann man jedoch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sprechen.“

    Die Absatzprobleme der Automobilindustrie, von der auch Osram abhängt, bleiben. Und die Auswirkungen des Coronavirus auf den Unternehmenserfolg seien „derzeit noch nicht absehbar“, wie es seitens des Vorstands auf Nachfrage der Aktionäre hin hieß. Bank betonte: „Natürlich werden wir Osram nicht nur durch Sparen wieder auf Kurs bringen. Wir haben bereits begonnen, auch unser Produktportfolio zu straffen. Damit schaffen wir operative Vorteile in der Produktion.“

    Was bedeutet der Sparkurs für die Osram-Mitarbeiter?

    Was bedeutet die Ausweitung des Sparkurses für die weltweit rund 22800 noch verbleibenden Osram-Mitarbeiter? Vor allem an den deutschen Standorten? 700 bis 800 Stellen sollen ohnehin bis Ende 2022 in Deutschland abgebaut werden. Ob sich diese Zahl noch erhöhen würde, ließ Berlien auf Nachfrage offen, das hänge vom Konjunkturverlauf ab.

    Die Osram-Mitarbeiter haben ein aufwühlendes Jahr hinter sich. Bei der Belegschaft hatte die Übernahmeschlacht besonders an den Nerven gezerrt. Nicht nur in Schwabmünchen, wo Glühdrähte gezogen und Beschichtungen für Leuchtdioden produziert werden, sondern auch im Eichstätter Kinolampen-Werk und am Standort München waren und sind viele Mitarbeiter sehr besorgt.

    Osram-Chef Berlien: „Das ist nicht das Ende“

    Osram-Chef Berlien ging auf diese Sorgen ein. Er sagte: „Jenseits aller verständlichen Emotionen sei aber gesagt: Dies ist nicht das Ende von Osram. Die viel beschworenen Lichter gehen bei Osram eben nicht aus.“ Berlien argumentierte, auch mit Blick auf die sehr kritischen Nachfragen aus dem Plenum, dass in der über 100-jährigen Geschichte der Licht-Spezialist nur selten wirklich eigenständig gewesen sei. Die meiste Zeit sei man in fremden Händen wie von AEG oder Siemens gewesen. Ein neuer Mehrheitseigentümer sei daher erst mal „nichts grundlegend Neues“. Marke und Firmenname blieben erhalten, die Fabriken hätten eine Standortgarantie, München werde die Co-Zentrale des gemeinsamen Unternehmens.

    Der Bieterprozess, wie Berlien die äußerst turbulente Übernahmeschlacht nannte, habe das Potenzial von Osram gezeigt. Und schließlich stimme die „industrielle Logik“ hinter dem Zusammenschluss mit dem Ziel, einen „europäischen Weltmarktführer für Sensorlösungen und Photonik“ zu schaffen. Die Produktportfolios ergänzten sich. Ein Zusammengehen könne die Abhängigkeit beider Firmen von den Märkten reduzieren. Bei AMS im Mobilgeschäft, bei Osram im Automobilbereich. Im Werden, so betont Berlien stets, sei eine Partnerschaft „auf Augenhöhe“. Der Zusammenschluss enthalte „maßgebliche Elemente einer Fusion unter Gleichen“.

    AMS hat ein Rekordjahr hinter sich

    Die Zweifel daran aber bleiben, auch wenn AMS ein Rekordjahr hinter sich hat und 2019 den Gewinn auf knapp 300 Millionen Euro mehr als verdreifachen konnte. Die Österreicher aus Premstätten streben einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag an. Derzeit haben sie sich 59,9 Prozent an Osram gesichert. Für einen Beherrschungsvertrag brauchen sie künftig 75 Prozent der Anteilseignerstimmen.

    Wie viel es noch kosten wird, weitere Anteile zu erstehen, beschäftigt die Aktionäre. Hedgefonds hatte sich Ende des vergangenen Jahres auch bei Osram eingekauft und setzen darauf, ihren Schnitt noch zu machen. Teile der Aktionäre und die Mitarbeiterschaft sorgt, dass das Geld später wieder hereingeholt wird, indem Teile von Osram veräußert werden. Einer der Aktionäre wandte sich während der Aussprache in der Hauptversammlung direkt an Vorstandschef Berlien und sagte diesem, er habe sich einen Platz in der Geschichte von Osram gesichert, denn: „Ihr Name wird immer mit der Zerschlagung von Osram verbunden bleiben.“

    SMS von AMS-Chef Alexander Everke

    Kritisiert wurde auch, dass AMS-Chef Alexander Everke nicht persönlich in München zugegen war, um den Anteilseignern zu erklären, was er genau vorhabe. Berlien betonte, Osram sei ein eigenständiges Unternehmen, Everke müsse nicht zugegen sein. Die Stimmung sei gut, Everke und er seien per Du, hatte Berlien vor der Hauptversammlung in kleinerer Runde erzählt. Der AMS-Chef habe ihm am Morgen erst eine SMS geschickt und ihm alles Gute gewünscht.

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