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Millionenpleite: Die Pleite um die Pkw-Maut – Chronik eines angekündigten Fiaskos

Millionenpleite

Die Pleite um die Pkw-Maut – Chronik eines angekündigten Fiaskos

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    Für viele der Hauptverantwortliche im Maut-Fiasko: Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer.
    Für viele der Hauptverantwortliche im Maut-Fiasko: Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Juli 2023 – Nun ist klar: Deutschland zahlt 243 Millionen Euro für nichts

    Die gescheiterte Pkw-Maut brachte dem Staat nicht nur keine Einnahmen, sie kostet ihn in der Schlussabrechnung viel Geld. Nach Abschluss des Schiedsgerichtsverfahrens muss die Bundesrepublik Deutschland den beiden Mautbetreibern Kapsch und Eventim 243 Millionen Euro Schadenersatz zahlen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing zeigt sich zerknirscht. "Das ist eine bittere Summe", sagt der FDP-Politiker. Die Straßensteuer nannte er einen schweren Fehler. Die Schuld für das Debakel sieht er bei seinem Vorgänger Andreas Scheuer von der CSU: "Für mich ist unverständlich, wie es dazu kommen konnte, dass man in dieser Frage Verträge unterschrieben hat, bevor die gerichtlichen Entscheidungen vorgelegen haben", meint Wissing. Ihm zufolge hat der Haushaltsausschuss des Bundestages grünes Licht gegeben, dass das Geld an die beiden Unternehmen überwiesen wird. Scheuer wiederum wollte den Ausgang des gescheiterten

    Januar 2021 – Untersuchungsausschuss soll Maut-Debakel aufklären

    Der Untersuchungsausschuss des Bundestages nimmt den Verkehrsminister Andreas Scheuer noch einmal in die Mangel wegen seines Totalschadens bei der Straßensteuer. Das Gremium soll aufklären, wie es dazu kommen konnte. FDP, Grüne, Linke, AfD und SPD fahren in der letzten Sitzung nach über einem Jahr Aufklärungsarbeit noch einmal alle Vorwürfe auf. Bruch des Vergaberechts durch Nachverhandlungen mit den beiden Bieterfirmen. Beiseitedrängen interner Kritiker, die darauf hingewiesen haben, dass die Maut vor dem Europäischen Gerichtshof krachend scheitern könnte. Unerklärbare Wissenslücken wichtiger Entscheider, wie bei Scheuers Staatssekretär Gerhard Schulz. Letztlich entgeht der Minister aber allen rhetorischen Fallen seiner Gegenspieler. "Fakt ist, dass wir rechtens gehandelt haben", beharrt Scheuer. Stundenlang wird er gegrillt bis weit nach dem Morgengrauen. "Für mich geht die Sonne gerade auf", sagt der Verkehrsminister vielsagend.

    18. Juni 2019 – EuGH-Urteil: Deutschland darf Pkw-Maut nicht einführen

    Aus die Maut – der Europäische Gerichtshof kassiert den deutschen Autobahnzoll für Ausländer ein. Die Richter stufen die Infrastrukturabgabe, wie die Maut im Juristendeutsch heißt, als europarechtswidrig ein. Die Begründung: Autofahrer aus dem Ausland würden diskriminiert, weil nur die Fahrzeughalter aus Deutschland die Kosten der Vignette mit der Kfz-Steuer verrechnen durften. Die Klage Österreichs hat damit Erfolg. In der Alpenrepublik müssen alle – ob Österreicher oder Ausländer – für die Benutzung der Autobahn zahlen. Verkehrsminister Andreas Scheuer klagt, das Urteil sei "ein herber Rückschlag". Nach einer hektischen Lagebesprechung kündigt der Minister die geschlossenen Verträge mit den Maut-Betreibern. 

    Februar 2019 – Klappt die Pkw-Maut? Es sieht gut aus

    Es sieht gut aus für den CSU-Verkehrsminister und sein Maut-Projekt. Der EuGH-Generalanwalt empfiehlt den obersten EU-Richtern, die Klage Österreichs abzuweisen. Ihr liege ein "Missverständnis des Begriffs Diskriminierung" zugrunde. Häufig folgt das Gericht den Empfehlungen des Generalanwaltes. 

    Dezember 2018 – Scheuer schließt Vertrag mit Mautbetreibern

    Verkehrsminister Scheuer schließt kurz vor dem Jahreswechsel den Vertrag mit den Mautbetreibern. Sie sollen die Abgabe eintreiben. Scheuer schließt den Vertrag, obwohl Österreich gegen die Maut klagt. Die Pkw-Maut kommt - in dieser Legislaturperiode", kündigt Scheuer an. 

    24. März 2017 – Bundestag setzt Pkw-Maut in Kraft

    Der Bundestag beschließt die Einführung einer Pkw-Maut. Der Beschluss setzt die Maut in Kraft, nachdem sie wegen eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens zwei Jahre auf Eis gelegen hatte. 

    2013 – Pkw-Maut wird Wahlkampf-Schlager der Unionsparteien

    CSU-Chef Horst Seehofer und sein Generalsekretär Alexander Dobrindt machen die Maut zum erfolgreichen Wahlkampfschlager ihrer Partei. Seehofer drückt sie gegen den Widerstand von CDU-Kanzlerin Angela Merkel in den Koalitionsvertrag. Merkel hatte versprochen, dass es mit ihr keine Maut geben werde. Dobrindt wird Verkehrsminister und soll das Projekt umsetzen. "Die Maut kommt", wird sein gebetsmühlenartig wiederholtes Motto.

    2009 – Seehofer reaktiviert eine alte CSU-Forderung

    Gerade mal ein halbes Jahr im Amt, holt der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer die alte Forderung seiner Partei aus Zeiten Edmund Stoibers nach einer Pkw-Maut auf Autobahnen aus der Schublade und fordert, sie in das gemeinsame Unionsprogramm für die Bundestagswahl aufzunehmen. Mit einer Maut für 100 Euro pro Jahr solle der "Tanktourismus" bekämpft werden. Die CDU lehnt noch am selben Tag ab, doch Seehofer wittert ein Thema: Viele Bayern ärgern sich, gerade zur Urlaubszeit im Sommer in Österreich Maut zahlen zu müssen, während niederländische Wohnwagen-Gespanne zur Urlaubssaison die Gratis-Autobahnen im Freistaat bevölkern.

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