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Mertingen: Größte Luft-Wärmepumpe mit Ökostrom geht in der Region in Betrieb

Mertingen

Größte Luft-Wärmepumpe mit Ökostrom geht in der Region in Betrieb

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    GP Joule Wärmepumpe Mertingen
Eine industrielle Großwärmepumpe wird in Mertingen ab Ende der Woche einen Großteil des  Ortes mit klimafreundlicher Wärme zum Heizen versorgen. Unser Bild zeigt die Lieferung der Wärmepumpe im Container.
    GP Joule Wärmepumpe Mertingen Eine industrielle Großwärmepumpe wird in Mertingen ab Ende der Woche einen Großteil des Ortes mit klimafreundlicher Wärme zum Heizen versorgen. Unser Bild zeigt die Lieferung der Wärmepumpe im Container. Foto: Gregor Wiebe, Gp Joule

    Die Heizungen in Deutschland sollen Stück für Stück von den Energieträgern Öl und Gas fortkommen. Was aber sind die Alternativen für die Millionen Bestandsgebäude im Land? Ein Projekt in unserer Region könnte eine Antwort liefern: In Mertingen im Kreis Donau-Ries geht in dieser Woche eine industrielle Großwärmepumpe in Betrieb, die über ein Nahwärmenetz zahlreiche Haushalte des 3500-Einwohner-Ortes auf besonders klimafreundliche Weise versorgen wird. Realisiert wird das Projekt von dem Unternehmen GP Joule aus Buttenwiesen, das rund 700 Beschäftigte hat. "In dieser Größenordnung ist das Konzept deutschlandweit einmalig", sagt Felix Schwahn, Geschäftsführer von GP Joule Wärme. 

    Die Wärmepumpe ergänzt bereits bestehende Erzeugungsanlagen des Nahwärmenetzes in Mertingen. Seit 2016 werden über ein 14 Kilometer langes Netz an Leitungen inzwischen rund 250 Haushalte, Gewerbebetriebe und kommunale Gebäude wie die Schule und der Kindergarten mit Wärme zum Heizen und für das Warmwasser beliefert. Die Energie stammt bisher von zwei Biogasanlagen und einem mit Hackschnitzeln befeuerten Biomassekessel. Betrieben wird das Netz von einer Gesellschaft, an der sich die Gemeinde mit 55 Prozent und GP Joule mit 45 Prozent beteiligt haben. Es ist eine Erfolgsgeschichte: "Die Nachfrage nach Fernwärme ist hoch, sodass das Netz weiter ausgebaut wird", sagt Schwahn. Im kommenden Jahr startet ein neuer Bauabschnitt. Weitere zwei Kilometer Leitung kommen hinzu, 60 Haushalte sollen zusätzlich angeschlossen werden. Dafür ist auch mehr Wärme nötig. 

    Strom für die Wärmepumpe in Mertingen liefert ein Solarpark nebenan

    Die zusätzliche Heizenergie wird von einer industriellen Großwärmepumpe produziert. Wärmepumpen funktionieren ähnlich wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt. Sie nutzen Energie aus der Umwelt und heben sie auf ein heißes Temperaturniveau, das dem Netz zur Verfügung gestellt werden kann. Spätestens seit der Debatte um das Heizgesetz in diesem Jahr ist die Technik in aller Munde, bekannt sind vor allem kleine Anlagen, die vor Einfamilienhäusern stehen. Die Wärmepumpe in Mertingen dagegen hat industrielle Dimensionen und kommt auf die Größe eines Schiffscontainers. Bisher liegt die Erzeugungsleistung bei fünf Megawatt, nun kommt ein Megawatt hinzu. 

    Eine industrielle Großwärmepumpe wird in Mertingen ab Ende der Woche einen Großteil des Ortes mit klimafreundlicher Wärme zum Heizen versorgen.
    Eine industrielle Großwärmepumpe wird in Mertingen ab Ende der Woche einen Großteil des Ortes mit klimafreundlicher Wärme zum Heizen versorgen. Foto: GP Joule

    Das Besondere ist, dass die Wärme auf sehr klimaschonende Weise bereitgestellt wird. "Wir beziehen den Strom zum Betrieb der Wärmepumpe zum großen Teil von einer Photovoltaik-Anlage direkt vor Ort", sagt Schwahn. "Das macht den Betrieb kostenmäßig sehr günstig." Nachts, wenn der Solarpark keinen Strom liefert, müssen die Wärmekunden nicht im Kalten sitzen. Zwei Pufferspeicher mit 84.000 Litern Inhalt machen die Wärme auch dann verfügbar. 

    Bei GP Joule rechnet man damit, dass rund die Hälfte des Stroms aus dem Photovoltaik-Park stammen wird. Zusätzlich wollen die Betreiber für die Anlage erneuerbaren Strom aus dem Netz verwenden, wenn dieser besonders günstig ist, weil beispielsweise an windigen Tagen besonders viel Windstrom bereitsteht. "Da das Netz an diesen Tagen häufig überlastet ist und den erneuerbaren Strom kaum aufnehmen kann, leistet unsere Großwärmepumpe auch einen Beitrag zu Stabilisierung des Netzes", sagt Schwahn. 

    Die industrielle Wärmepumpe liefert 80 Grad heißes Wasser

    Den Vorteil der industriellen Wärmepumpe in Mertingen sieht er auch darin, dass sie relevante Mengen an Wärme erzeugt: "Wir kommen mit der Großwärmepumpe auf Temperaturen von 80 Grad Celsius – selbst bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad. Mit diesen Temperaturen kann man auch Bestandsgebäude versorgen", sagt Schwahn. Vielen Hausbesitzern ließe sich damit die Angst nehmen, dass sie ihr Gebäude teuer umbauen müssen, um die Anforderungen des neuen Gebäudeenergiegesetzes zu erfüllen. Die Technologie der Luft-Wärmepumpe kombiniert mit der Nutzung von Ökostrom mache das Projekt deutschlandweit zur Besonderheit. 

    Die beiden silbernen Pufferspeicher fassen 84.000 Kubikmeter, den Strom für den Betrieb erzeugt unter anderem die Photovoltaik-Anlage im Vordergrund.
    Die beiden silbernen Pufferspeicher fassen 84.000 Kubikmeter, den Strom für den Betrieb erzeugt unter anderem die Photovoltaik-Anlage im Vordergrund. Foto: GP Joule

    Auch im Ausland setzen Städte auf industrielle Wärmepumpen: Im dänischen Esbjerg baut das Augsburger Unternehmen MAN Energy Solutions eine Großwärmepumpe, die 25.000 Haushalte versorgen soll. Sie bezieht ihre Energie aus Nordseewasser. In Wien soll Ende 2023 eine Großwärmepumpe für 56.000 Haushalte in Betrieb gehen, die aus dem Klärwasser Energie bezieht. In Mertingen hat GP Joule mit einer Luft-Wärmepumpe eine Lösung abseits der Küsten und Flüsse gefunden: "Eine Luft-Wärmepumpe lässt sich überall hinbauen, wo es Luft gibt", sagt Schwahn. Der Hersteller Sabroe des Kompressors stammt aus Dänemark, die Montage der Wärmepumpe erfolgte nach dem Konzept von GP Joule in Nürnberg bei der Firma Haupt Kühlsysteme GmbH. 

    Kosten der Wärmepumpe rund 30 Prozent günstiger als mit Heizöl oder Gas

    Für die Kunden sind die Kosten überschaubar: "Brutto liegen die Kosten der Nahwärme in Mertingen derzeit bei 10,6 Cent pro Kilowattstunde. Damit liegen wird im Schnitt rund 30 Prozent günstiger als mit Heizöl oder Gas", sagt Schwahn. Am Freitag wird die Anlage mit einer Feier in Betrieb genommen.

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