Europa hält der Ukraine-Krieg in Atem. Indessen kämpft China gegen die schlimmste Corona-Welle im Land seit dem Ausbruch der Pandemie. In China befinden sich mehrere Millionen Menschen im Lockdown. Unter anderem sind die Millionenmetropolen Changchun, Shanghai und Shenzhen betroffen, berichtet die deutsch-chinesische Außenhandelskammer. In Changchun sind die Bewohner zum Beispiel verpflichtet, zu Hause zu bleiben, wobei ein Familienmitglied alle zwei Tage Lebensmittel einkaufen darf. Schritte wie diese lassen die Wirtschaft nicht unbeeindruckt.
In Changchun mussten viele Autozulieferer die Produktion einstellen. Auch deutsche Hersteller spüren die Folgen: Die Produktion in den Werken von Volkswagen in Changchun ruht seit Montag, 14. März, und sollte frühestens diesen Mittwoch aufgenommen werden, so ein Audi-Sprecher. Am Standort fertigt auch Audi. Auch die Produktion von VW in Shanghai war unterbrochen.
Die Auswirkungen sind aber nicht auf China beschränkt. Durch die Lockdowns stockt der Handel, heimischen Betrieben fehlen dann wichtige Teile, die importiert und in Bayern verbaut werden.
Jana Lovell, IHK: Lage bei Lieferketten könnte sich zuspitzen
„Durch den Kriegsausbruch in der Ukraine sind heimische Unternehmen bereits mit erheblichen Auswirkungen auf die Lieferketten konfrontiert“, sagt Jana Lovell, Außenhandelsexpertin der Industrie- und Handelskammer Schwaben. „Man muss damit rechnen, dass sich die Lage durch die Verschärfung der Corona-Maßnahmen in China zuspitzt.“
Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag warnt vor Folgen für Deutschland: „Sollten aufgrund von Lockdowns in China Produktionen gedrosselt oder – wie im vergangenen Jahr – sogar Häfen geschlossen werden, kann sich das schnell negativ auf den Welthandel und den Handel mit Deutschland auswirken“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier unserer Redaktion. Immerhin sei China der weltweit größte Warenexporteur.
Volker Treier, DIHK: "Industrieunternehmen können Aufträge nicht abarbeiten"
„Noch immer sorgen Störungen in den globalen Lieferketten dafür, dass deutsche Industrieunternehmen ihre Aufträge nicht abarbeiten können“, erklärt Treier. Laut einer DIHK-Umfrage berichteten schon zu Jahresbeginn 84 Prozent der Industriebetriebe von Lieferproblemen in erheblichem oder mittlerem Umfang.
Die Folgen kennt zum Beispiel der Profiküchen-Ausrüster Rational aus Landsberg am Lech. Dieser hat zwar volle Auftragsbücher, spürt aber den Materialmangel seit der Corona-Krise. Vor allem Chips für die intelligenten Dampfgargeräte und andere Rational-Produkte sind knapp. „Unsere Auftragslage ist weiterhin sehr erfreulich, durch fehlende Prozessoren können wir aber unsere Kunden nicht so bedienen, wie wir es gerne hätten“, sagt Stefan Arnold, Leiter Investor Relations. Das Unternehmen organisiert nun einen weiteren Zulieferer für Prozessoren, um das Problem zu lösen. Teilweise werden Geräte vorgebaut und die fehlenden Teile später hinzugefügt.
Der Krieg behindert auch indirekt den Asienhandel, darauf weist Bertram Brossardt hin, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Wichtige Transportwege zwischen Westeuropa und Asien wie die Eisenbahnstrecken der „Eisernen Seidenstraße“ durch die Ukraine oder Belarus sind unterbrochen. Sperrungen der Lufträume behindern den Frachtflugverkehr.
Bleche, Rohre, Baustahl: Die Preise steigen
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger berichtete gestern, dass Düngemittel, seltene Erden und Baustahl knapp werden. Ein regionaler Stahlhändler bestätigt im Gespräch mit unserer Redaktion massive Engpässe bei Blechen und Rohren, die oft aus der Ukraine oder Weißrussland kommen. Die Folge spüren Schlosser wie Industriebetriebe: Die Preise seien „exorbitant“ gestiegen.