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Lehrstellenoffensive: Bestatter werden: Mehr als Tod und Trauer

Lehrstellenoffensive

Bestatter werden: Mehr als Tod und Trauer

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    Särge, Gräber, Beerdigungen – den Beruf als Bestattungsfachkraft stellen sich viele Menschen sicherlich etwas düster vor. Für Alicia Pöppl ist es aber ein absoluter Traumjob. "Es ist sehr vielfältig", sagt sie. Die 17-Jährige hatte schon immer eine gewisse Nähe zu dem Beruf, da ihr Onkel und ihre Tante Bestatter sind. Ihnen gehört der Meisterbetrieb "Trostschmiede" in Kaufbeuren. Pöppl habe ihnen des Öfteren alle möglichen Fragen dazu gestellt. "Das hat mich einfach interessiert", sagt sie. Ein zweiwöchiges Praktikum in der Trostschmiede habe sie dann sehr beeindruckt. "Die ersten beiden Fälle waren zwei Kinder", sagt sie. Pöppl sei fasziniert davon gewesen, wie schön und einfühlsam ihre Tante und ihr Onkel mit den Familien umgingen. "Mit den einen Eltern haben wir gemeinsam die Urne bemalt." Kurz darauf begann Pöppl dann die Ausbildung in der Trostschmiede.

    Auch Alexander Waltersdorf hat vergangenes Jahr die Ausbildung in der Trostschmiede begonnen – und das mit 47 Jahren. "Ich war davor Mediengestalter", sagt er. Diesen Beruf habe er 27 Jahre lang ausgeübt. "Wenn man irgendwann alles in dem Job kann, dann fehlt etwas", sagt er. Das sei auch psychisch belastend. Dann habe er Michael und Dorina Schwarz kennengelernt. In der Druckerei, in der Waltersdorf arbeitete, ließen sie ihre Trauerkarten drucken. Mit der Zeit seien sie ins Gespräch gekommen. So habe er langsam Interesse an dem Beruf entwickelt, bis er schließlich die Ausbildung begann. "Ich gehe unheimlich gern zum Arbeiten", sagt Waltersdorf heute. An dem Beruf gefalle ihm, dass er nie wisse, was als Nächstes kommt. Das mache den Job spannend. Die hygienische Versorgung von Verstorbenen ist dabei nur eine von vielen Tätigkeiten, die in seinem Berufsalltag vorkommen. Mal stehe ein Beratungsgespräch an, mal müsse man einen Sarg ausschlagen und verzieren, Blumen für eine Trauerfeier bestellen, Sterbebilder erstellen oder sich um Büroarbeit kümmern. Auch die Bergung eines Toten sei Teil seines Jobs. 

    Praktikanten und Auszubildende werden langsam an Tote herangeführt

    Einen Verstorbenen zu sehen, ist nichts für schwache Nerven. Deshalb geht Michael Schwarz langsam mit Praktikanten und Auszubildenden an die Sache heran. Oft zeige er ihnen erst einmal ein Foto von einem Toten. Im nächsten Schritt nehme er sie mit, wenn eine alte Person ruhig im Seniorenheim "eingeschlafen" ist. Man könne nicht mit den ganz schlimmen Fällen beginnen. Denn alle Verstorbenen kommen zum Bestatter – egal welchen Alters, egal welche Todesursache. Zudem führe Schwarz mit den Praktikanten und Auszubildenden vor dem ersten Kontakt mit einem Toten sowie danach ein Gespräch. 

    Alicia Pöppl und Alexander Waltersdorf absolvieren eine Ausbildung und werden Bestatter.  Im Bild Urnen aus Holz.
    Alicia Pöppl und Alexander Waltersdorf absolvieren eine Ausbildung und werden Bestatter. Im Bild Urnen aus Holz. Foto: Harald Langer

    Um ein Praktikum bei der Trostschmiede zu absolvieren, müsse es vorher ein Gespräch gegeben haben. Auch das Alter spiele eine Rolle. Jünger als 17 solle ein Praktikant nicht sein. Denn selbst Erwachsene können laut Dorina Schwarz nicht immer gleich gut mit den belastenden Situationen umgehen. Das sei von Tag zu Tag verschieden. "Manchmal ist man einfach nicht in der Verfassung", sagt sie. Deshalb hätten ihre Mitarbeiter immer ein Veto-Recht. Und es sei auch wichtig, über alles sprechen zu können. "Manche Themen belasten einen mehr als andere", sagt sie. 

    Die Arbeit ist mit Vorurteilen behaftet, das Interesse am Beruf steigt aber

    Trotz solcher Belastungen wird der Beruf als Bestattungsfachkraft immer beliebter. "2018 gab es in der Berufsschule drei Klassen im ersten Ausbildungsjahr", sagt Dorina Schwarz. Mittlerweile seien es zehn. Dennoch ist der Job noch immer mit Vorurteilen behaftet. Als Alicia Pöppl ihrem Umfeld erzählte, was sie beruflich machen möchte, seien die Reaktionen immer ähnlich gewesen. Den Satz "Oh Gott, willst du das wirklich machen!", habe sie zur Genüge gehört. Doch wenn sie ihrem Gegenüber dann erzähle, wie vielfältig ihr Job ist und was sie dort alles macht, seien ihre Gesprächspartner meist positiv überrascht. 

    Um den Beruf ausüben zu können, sollte man laut Pöppl emphatisch und offen sein, dürfe keine Berührungsängste haben und sollte planen können. "Und man muss auch mal die Zähne zusammenbeißen können", sagt sie. Wer sich für den Beruf interessiert, dem rät sie, ein Praktikum bei einem örtlichen Bestatter zu machen.

    Einsatz auf dem Übungsfriedhof

    In Bad Kissingen, der einzigen Berufsschule für Bestattungsfachkräfte in Bayern, findet der Unterricht in zweiwöchigen Blöcken statt. Zudem gibt es in Münnerstadt ein Ausbildungszentrum, in welchem die Auszubildenden auch die Praxis üben können. "Dort gibt es auch einen Übungsfriedhof", sagt Michael Schwarz. An diesem können die Auszubildenden bedenkenlos baggern, ohne etwas zu beschädigen. Denn es liegen keine Toten in dem Friedhof beerdigt.

    Die Berufsschule ist laut Dorina Schwarz anspruchsvoll. Man brauche wirklichen Lernwillen. Unter anderem steige man tief in das Thema Trauerpsychologie ein, sagt Michael Schwarz. Beratungs- und Trauergespräche werden auch in Form von Rollenspielen geübt. "Aber das unterscheidet sich sehr davon, wenn ein echter trauernder Mensch vor einem steht", sagt Dorina Schwarz. Waltersdorf habe bisher schon ein Beratungsgespräch geführt und war bei einigen solcher Gespräche dabei. "Es geht viel ums Zuhören", sagt er. Es brauche auch Übung und Routine.

    Bestatter: Vergütung und Weiterbildungsmöglichkeiten

    Die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft dauert drei Jahre. Die Ausbildungsvergütung liegt im ersten Jahr bei mindestens 649 Euro brutto im Monat, im zweiten bei mindestens 766 Euro und im dritten bei mindestens 876 Euro. Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es als Bestatter viele. Man hat laut Dorina Schwarz nach der Ausbildung ein großes Basiswissen und könne sich dann auf ein Themengebiet spezialisieren. Zum Beispiel auf Trauerpsychologie, auf Friedhof- oder Kremationstechnik sowie auf die Veranstaltung von Trauerfeiern. Wie es für Pöppl nach der Ausbildung weitergeht, wisse sie noch nicht sicher. "Mal schauen, was kommt", sagt sie. Einen Wunsch hat sie aber für die Zukunft: dass das Thema Sterben mehr in die Mitte der Gesellschaft rückt. "Der Tod wird jeden Menschen einmal treffen", sagt sie. Darüber zu sprechen, solle normalisiert werden.

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