Automobilkaufleute sind nicht nur für Autos da
Anna Guggenmos macht eine Ausbildung zur Automobilkauffrau. Sie verkauft keine Autos, aber organisiert vieles drum herum. Ein Beruf, der vielseitiger ist, als er zunächst scheint.
Den ganzen Tag Autos verkaufen? Nein, das ist nur ein Klischee, sagt Anna Guggenmos. Die junge Frau mit den langen braunen Haaren absolviert gerade ihr drittes Lehrjahr zur Automobilkauffrau im Autohaus Singer in Marktoberdorf. Ihr Arbeitsalltag sieht ganz anders aus: Termine für die Kunden in der Werkstatt vereinbaren, Rechnungen schreiben, Mietfahrzeuge herausgeben und wieder annehmen sowie Aufträge zum Beispiel für den Kundendienst vorbereiten. "Es ist ein Beruf, in dem man gut organisiert sein muss und ganz viel mit Menschen zu tun hat", erklärt die 19-Jährige.
Genau das war auch für Anna Guggenmos der Grund, warum sie Automobilkauffrau werden wollte: "Ich mag die Vielseitigkeit und bin sehr gerne im Kundenkontakt." Im Laufe der dreijährigen Ausbildung durchlaufen alle Auszubildenden verschiedene Abteilungen im Autohaus. Dazu zählen unter anderem die Werkstatt, Buchhaltung, Ersatzteiledienst, Marketing, Unfallabteilung und die Service-Infotheke. Letztere gefällt der 19-Jährigen am besten, weil sie dort am meisten mit anderen Menschen zu tun hat: "Toll ist es, wenn ich einen Kunden von Anfang bis Ende begleiten kann, zum Beispiel bei einer Panne. Er ruft an und ich kümmere mich um alles, damit er so wenig Stress wie möglich hat." Am Ende des Tages sei es das Schönste für sie, wenn der Kunde zufrieden ist.
Um Autos verkaufen zu dürfen, braucht man eine Zusatzqualifikation
Nach jeder Abteilung gibt es für die Auszubildenden ein Feedback-Gespräch: "Wenn es eine Station gibt, die einem nicht so gut gefällt, dann kann man das ehrlich sagen und mehr Erfahrung woanders sammeln", sagt Anna Guggenmos. Dieser Wechsel dient zum einen dazu, dass die Azubis alles lernen, was sie wissen müssen, erklärt Christina Müller, Personalreferentin im Autohaus Singer. Zum anderen sollen sie aber auch herausfinden, was ihnen besonders gut gefalle und in welcher Abteilung sie auch nach der Ausbildung arbeiten möchten.
Wer sich diese Ausbildung aussucht, habe zwar viel mit Autos zu tun, um sie verkaufen zu dürfen, brauche man allerdings noch eine Zusatzqualifikation, die weitere eineinhalb bis zwei Jahre dauert und auf die Automarke zugeschnitten ist, sagt Christina Müller. Derzeit machen 14 junge Menschen die Ausbildung zur Automobilkauffrau oder zum Automobilkaufmann. Zehn von ihnen sind weiblich: "Der Großteil sind meistens junge Frauen. Wir hatten auch schon Jahrgänge, da war gar kein junger Mann dabei. Jetzt im Herbst sind die Geschlechter ausgeglichen, das ist für uns ganz neu."
Neben der Ausbildung im Betrieb müssen die Auszubildenden auch zur Schule
Anna Guggenmos arbeitet 40 Stunden pro Woche, entweder ab 7 Uhr in der Frühschicht oder ab 9 Uhr in der Spätschicht. Nach acht Stunden ist jeweils Schluss. "Es kann zwar mal vorkommen, dass man eine halbe Stunde bis Stunde länger arbeiten muss, weil kurz vor Feierabend noch ein Kunde kommt, aber diese Überstunden werden gutgeschrieben", sagt die 19-Jährige.
Neben der Ausbildung im Betrieb steht auch noch Schule an. Im ersten Lehrjahr zweimal pro Woche, in den anderen beiden Jahren dann nur noch einmal. Regelmäßig Unterricht zu haben, findet die Auszubildende gut, denn so verliere man nicht den Faden und lerne kontinuierlich. Die Schulfächer sind breit gefächert. Die Azubis müssen sich unter anderem mit Personalwesen, Lohnabrechnung, Arbeitsrecht, Buchhaltung, Wirtschaft, Sozialkunde sowie Fahrzeugvertriebsprozessen wie Leasing und Finanzierung befassen. "Fast alles, was wir lernen, brauchen wir auch später im Beruf." Am Ende der Ausbildung stehen vier schriftliche und eine mündliche Prüfung an.
Die Auszubildenden sollten gerne Kontakt zu Menschen haben
Ziel sei es, alle Azubis zu übernehmen, erklärt Christina Müller. Bewerberinnen und Bewerber sollten vor allen Dingen gerne mit vielen Menschen arbeiten: "An normalen Tagen haben wir 60 Fahrzeuge, die durch die Werkstatt laufen. Jede Person bringt und holt ihr Auto wieder ab, das macht also 120 Kontakte pro Tag." Dazu kämen auch noch viele weitere Kunden, die andere Anliegen haben. Daher sei es auch wichtig, dass die Interessenten gut organisiert sind, gerne im Team arbeiten, zuhören und erklären können sowie pünktlich und zuverlässig sind, damit der straffe Zeitplan nicht durcheinandergerate, so die Personalreferentin.
Der digitale Wandel macht auch vor dem Autohaus Singer und der Schule nicht Halt. Anna Guggenmos berichtet, dass sich in der Schule der digitale Unterricht mithilfe von Videoschalten etabliert habe: "Wer keinen Laptop daheim hat, kann sich einen von der Schule ausleihen." Und auch im Autohaus habe sich einiges getan. Im Rahmen des Projekts der Digiscouts haben die Auszubildenden ermittelt, welche Prozesse innerhalb des Betriebs digitalisiert werden können. Daraus entstand die digitale Datenschutzerklärung.
Für Anna Guggenmos ist die Zeit nach der Ausbildung schon fest verplant, denn sie hat bereits eine Zusage vom Autohaus Singer, dass sie übernommen wird. Im Sommer geht es los: "Ich bin hier sehr zufrieden, nicht nur mit der Arbeit an sich, sondern auch mit dem ganzen Team."
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