Seit Jahren liegen in vielen Metzgereien und Bäckereien dicke Schnellhefter aus, in denen Zusatzstoffe und Grundzutaten der einzelnen Produkte aufgelistet sind. Nahrungsempfindliche Kunden und Allergiker haben ein gesetzliches Recht auf Einsicht, auch wenn in der Praxis die Papiere in aller Regel ungenutzt vergilben.
Mit dem Papierkram soll bald Schluss sein. Laut einem unserer Redaktion vorliegenden Entwurf für eine Ergänzung des kürzlich beschlossenen Bürokratieentlastungsgesetzes will die Bundesregierung nun Zigtausende Filialen, Imbissbuden und andere Verkaufsstellen von Lebensmitteln von der Listenpflicht befreien, wenn sie Informationen über Zutaten und mögliche Allergene digital zugänglich machen.
Fast hunderttausend Verkaufsstellen betroffen
„Im Lebensmittelrecht ist künftig die elektronische Information über Zutaten und Verarbeitungshilfsstoffe erlaubt, sofern diese Auflistung unmittelbar und leicht für Verbraucherinnen und Verbraucher zugänglich ist“, heißt es in der Erläuterung des Gesetzentwurfs. Betroffen seien unter anderem 45.000 Bäckereien, 33.700 Imbisse, 22.100 Fleischverkaufsstellen und 3.500 Fastfoodfilialen.
Unklar ist allerdings, ob den Betrieben ein Dokument auf einer Internetseite und ein Link mit einem sogenannten QR-Code für den schnellen Zugriff per Handy ausreicht, um im Falle einer Prüfung von Behördenkontrolleuren dem Gesetz Genüge zu tun. Denn das Bundesjustizministerium geht in der Erläuterung seines Entwurfs davon aus, dass jede Verkaufsstelle einen eigenen Tablet-Computer anschaffen müsse, wenn sie auf die Papierform verzichten wolle.
Wie wird die Lebensmittelverordnung für Informationen geändert?
Denn der geplante neue Paragraf der „Lebensmittelinformationsdurchführungsverordnung“ schreibt vor, dass eine „schriftliche oder elektronische Aufzeichnung für die zuständige Behörde und auf Nachfrage auch für die Endverbraucher leicht zugänglich ist“. Das Justizministerium erwartet, dass 20.000 Betriebe vom bisherigen Papierordner auf oder unter der Ladentheke auf das digitale Modell umsteigen wollten. Für viele andere Betriebe sei die elektronische Umrüstung zu teuer, zu unpraktisch, oder es werde ein Diebstahl der Tablets befürchtet. Die Regierung rechnet damit, dass nun bundesweit Tablet-Computer im Wert von rund 11,6 Millionen Euro neu angeschafft werden.
Bäckereien spüren kaum Entlastung von Bürokratie im Alltag
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks begrüßt die neue Regelung dennoch, dass ab kommendem Jahr Zutatenlisten nicht mehr ausgedruckt im Verkaufsraum vorliegen müssen. „Das erspart dem Personal immerhin ein wenig Arbeit, da im Handwerk Rezepturen nicht konstant gleich bleiben“, erklärt Präsident Roland Ermer. „Doch leider sind wir stark davon entfernt, von weitreichenden, im betrieblichen Alltag spürbaren Entlastungen zu sprechen“, kritisiert er. Nötig sei ein neues, deutlich weiterreichendes Bürokratieentlastungsgesetz. „Besonders kleine und mittelständische Unternehmen leiden unter der überbordenden Bürokratie“, klagt der Bäcker-Präsident.
" ... der geplante neue Paragraf der „Lebensmittelinformationsdurchführungsverordnung“ schreibt vor, dass eine „schriftliche oder elektronische Aufzeichnung für die zuständige Behörde und auf Nachfrage auch für die Endverbraucher leicht zugänglich ist“." Interessant ist hierbei, dass die Aufzeichnung primär, lt. Definition und Wertigkeit im jeweiligen Paragraphen für die Behörde und nicht für den Verbraucher bestimmt ist. Weiterhin interessant "... ein gesetzliches Recht auf Einsicht, auch wenn in der Praxis die Papiere in aller Regel ungenutzt vergilben." Man hat aus der Vergangenheit nichts gelernt! Oder hat schon mal jemand diese Ordner blättern sehen?
Seit wann braucht man ein Tablet, um einen QR-Code zu präsentieren? Genügt doch ausgedruckt auf Papier, machen Gaststätten mit ihrer digitalen Speisekarte tag-täglich.
Da geht es nicht um den QR-Code sondern um die Dokumente selbst, die sind dann auf dem Tablet hinterlegt.
Warum sollen die Dokumente auf einem Tablet hinterlegt werden? Warum kann das nicht genauso funktionieren wie mit der digitalen Speisekarte in den Restaurants?
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