Die Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten sind in Bayern so groß wie in keinem anderen Bundesland. Wie aus einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hervorgeht, ist dabei die Landeshauptstadt München sogar die mit Abstand teuerste Gegend der Bundesrepublik. Wunsiedel dagegen liegt auf Rang sechs der billigsten deutschen Landkreise. Die Diskrepanz zwischen den beiden ist erheblich. In der wirtschaftlich brummenden Landeshauptstadt lebt es sich um fast 38 Prozent teurer als im Oberfränkischen. In Schwaben liegen neun von 14 Landkreisen und Städten über dem Bundesdurchschnitt. Augsburg ist hier das kostspieligste Pflaster. Der mit Abstand größte Preistreiber ist dabei das Wohnen.
Florian von Brunn, Vorsitzender der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag, kritisiert deshalb im Gespräch mit unserer Redaktion die Staatsregierung: „Wir müssen viel mehr bezahlbaren Wohnraum bauen, das hat die Staatsregierung nicht hinbekommen, und das ist ihr großes Versäumnis. Den Menschen bleibt viel weniger Geld in der Tasche, das ist das große Thema." Die SPD wolle, dass die vielen, die jeden Tag hart arbeiten – egal ob Krankenpflegerin oder Polizist – sich das Wohnen in den bayerischen Städten leisten können. Von Brunn fordert: "Ihnen muss – nach der Miete – noch genügend Geld zum Leben bleiben. Das zu ermöglichen, ist eine der wichtigsten politischen Aufgaben."
Wirtschaftsexperte fordert weniger Bürokratie und weniger Bauvorschriften
Wie Abhilfe schaffen? Christoph Schröder, Kaufkraft-Experte beim IW, erklärt: "Die Politik kann helfen, indem sie Wohnen erschwinglicher macht, beispielsweise durch Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer, Ausweisung von neuem Bauland, weniger Bürokratie und einfachere Bauvorschriften." Durch eine bessere Infrastruktur im weiter entfernten Umland der Großstädte könne dort das Leben attraktiver und damit auch Nachfrage aus den Großstädten umgeleitet werden. Von Brunn fordert von der Staatsregierung, in den schwächeren Regionen mehr Wirtschaftsförderung zu betreiben. Er sieht eine große Chance für den ländlichen Raum zum Beispiel im Ausbau von Windkraft und Photovoltaik. Die SPD möchte, dass die Kommunen an den damit erwirtschafteten Erträgen beteiligt werden und so mehr für die Bürger und Unternehmen tun können.
Rechnet man den Preistreiber Wohnen heraus, bleiben München und Wunsiedel innerhalb Bayerns zwar immer noch die Extremwerte, die Landeshauptstadt ist dann aber nur noch 2,9 Prozent teurer als der Landkreis. Bei vielen anderen Kosten und Preisen – etwa beim Einkauf im Discounter oder im Internet – gibt es nur kleine oder gar keine Unterschiede.
CSU-Fraktionsvorsitzender Holetschek: München in der Pflicht, mehr zu tun
Der neue Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion Klaus Holetschek sieht deshalb beim Thema Wohnen im Ballungsraum München – wo Wohnraum zugegebenermaßen knapper und teurer sei – "eindeutig die Stadt in der Pflicht, mehr zu tun". Ein Versäumnis der Staatsregierung sieht er nicht. Holetschek sagte unserer Redaktion: "Ohne den Faktor Wohnen gibt es kaum Ungleichheiten. Bayern ist überall lebenswert. Bei den Kennzahlen Arbeitslosenquote, wirtschaftliche Entwicklung und Versorgung ist Bayern an der Spitze. Die Arbeitslosenquote in Bayern ist in allen Regierungsbezirken unter dem Bundesschnitt." Über die Regionalförderung stärke die Staatsregierung bewusst Betriebe im ländlichen Raum und im Koalitionsvertrag sei vereinbart, "dass wir uns weiter intensiv um gleichwertige Lebensverhältnisse kümmern – die wir weitgehend dank unserer Heimatstrategie bereits haben." Zusätzlich stärke die Staatsregierung den ländlichen Raum etwa durch bewusste Behördenverlagerungen. Strukturschwache Gegenden würden durch staatliche Zuschüsse gefördert, die Infrastruktur durch den Ausbau der Mobilität weiterentwickelt. (mit dpa)