Die Wirtschaft hat bereits jetzt ihre Forderungen zur Landtagswahl in Bayern im Oktober präsentiert. In Bayern gibt es über 7 Millionen Erwerbstätige und rund 500.000 Unternehmen. Gelingt es, für deren Interessen die eine oder andere Politikerin oder den einen oder anderen Politiker auf die Seite zu ziehen, ist aus Wirtschaftssicht sehr viel gewonnen. "Die Herausforderungen für den Wirtschaftsstandort Bayern sind derzeit so groß wie selten zuvor", sagt Wolfram Hatz, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, kurz vbw. In zwölf Punkten hat er zusammengefasst, wie man sich eine gute Wirtschaftspolitik vorstellt. Für fast jede Partei ist ein Anliegen dabei.
1. Sichere und preiswerte Energie
Nach dem Abschalten der Atomkraftwerke entdeckt die bayerische Wirtschaft ihr Herz für erneuerbare Energien. "Erneuerbare Energien sind CO2-frei, nachhaltig und preisgünstig, deshalb müssen wir sie ausbauen", sagt Hatz. Die vbw fordert Photovoltaik auf jedem geeigneten Dach, mehr Windkraft, mehr Gaskraftwerke, die schrittweise auf grünen Wasserstoff umgestellt werden.
2. Absatzmärkte und Rohstoffe sichern
Ohne Vorprodukte aus dem Ausland sitzen Bayerns Firmen auf dem Trockenen, das haben Ukraine-Krieg und Corona-Krise gezeigt. Die Wirtschaft fordert, freien Handel zu sichern und Handelsabkommen zu schließen. Heimische Rohstofflagerstätten sollten erschlossen, Rohstoffe über Recycling zurückgewonnen werden. Der große Holzvorrat bayerischer Wälder müsse genutzt werden.
3. Arbeitskräfte gewinnen
Bis zum Jahr 2035 rechnet die Wirtschaft mit 700.000 Erwerbstätigen weniger. Dagegenhalten soll die Politik, indem sie mehr Frauen in Beschäftigung bringt. Mütter sollen schneller wieder arbeiten: "Ziel muss es sein, ein Betreuungsangebot anzubieten, das Müttern flächendeckend den Wechsel von der klassischen Teilzeit in Vollzeit oder zumindest vollzeitnahe Teilzeit ermöglicht", erklärt Hatz. Die Rente mit 67 solle "konsequent umgesetzt", dazu sollen Fachkräfte im Ausland gewonnen werden, zum Beispiel in Albanien.
4. Bildung stärken
Um den Lehrerberuf attraktiver zu machen, fordert die Wirtschaft, Lehrkräfte von Organisation und Verwaltung zu entlasten, Studierende an den Schulen einzusetzen und Lehrkräfte für Fremdsprachen im Ausland zu gewinnen. Kinder und Jugendliche sollten in "rhythmisierten Ganztagesschulen" flächendeckend stärker gefördert werden.
5. Breitere Bundesstraßen, mehr Radwege
Ohne Lkw läuft in der Wirtschaft wenig. Deshalb sollten wichtige Bundesstraßen autobahnähnlich ausgebaut werden. An Routen sollen Ladesäulen sowie Tankstellen für Wasserstoff und E-Fuels entstehen, in den Städten Fahrrad-Schnellwege. Damit holt die vbw sicher auch die Grünen ab.
6. Bürger für Netzausbau begeistern
Im Ausbau von Breitband- und Handynetzen habe sich in Bayern "viel getan", urteilt die vbw. Das Tempo müsse hoch bleiben. Da in manchen Orten aber der Widerstand gegen Handymasten groß ist, wünscht man sich Info-Kampagnen, um "den regelmäßig auf Missverständnissen beruhenden Bürgerbedenken entgegenzuwirken".
7. Weniger Bürokratie
Weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungsverfahren sind ein Klassiker an Forderungen aus der Wirtschaft. Geht es nach der Wirtschaft, soll die Frist für die Öffentlichkeitsbeteiligung maximal 30 Tage betragen. Zudem sollte die Verwaltung digitaler werden.
8. Wohnraum schaffen
Um mehr Wohnraum zu schaffen, schlägt die Wirtschaft vor, landwirtschaftliche Flächen ohne steuerliche Nachteile für den Wohnungsbau umzuwidmen. Für selbst genutztes Wohneigentum sollten "bessere Abschreibungsregeln" gelten.
9. Flächendeckende Krankenhausversorgung
Die Krankenhausreform im Bund dürfe nicht dazu führen, dass sich die Versorgungssituation im Freistaat verschlechtert, warnt die bayerische Wirtschaft.
10. Vielfalt der Wirtschaftsstruktur
BMW, Audi und Siemens machen Bayerns Wirtschaft stark, aber nicht nur. "Das Wirtshaus um die Ecke ist ein Ort des Austauschs", erinnert die vbw. Bäcker und Metzger am Ort machen Innenstädte lebenswert. Die neue Staatsregierung soll sich für den Erhalt der Vielfalt einsetzen.
11. Technologie fördern
Ministerpräsident Markus Söder ist für sein Raumfahrtprogramm "Bavaria One" teilweise belächelt worden, die bayerische Wirtschaft fordert dagegen, die Hightech-Agenda zu verstetigen. Sie setzt auf Künstliche Intelligenz, Energiewende-Techniken und Robotik.
12. In Brüssel abspecken
Den Binnenmarkt schätzt man in der Wirtschaft, die Regulierungen aus Brüssel weniger. Das Lieferkettengesetz oder die EU-Chemikalienstrategie sind für die vbw ein rotes Tuch: "Wir brauchen hier endlich ein Stoppschild."