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Ladesäulen für E-Autos: Höhenflug von Numbat endet abrupt: Das sind die Gründe für die Insolvenz

Ladesäulen für E-Autos

Höhenflug von Numbat endet abrupt: Das sind die Gründe für die Insolvenz

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    Das Startup Numbat stellt Ladesäulen für E-Autos her.
    Das Startup Numbat stellt Ladesäulen für E-Autos her. Foto: Matthias Becker

    Er gilt als Leuchtturm in der Tech-Szene und hat seit der Gründung 2021 durch sein rasantes Wachstum bundesweit für Furore gesorgt. Nun ist der Höhenflug des Kemptener Ladesäulen-Spezialisten Numbat erst einmal beendet. Das Unternehmen mit dem australischen Beuteltier im Logo hat am Freitag beim Amtsgericht Kempten Insolvenzantrag gestellt. Mitarbeiter und Investoren wurden dem Vernehmen nach am selben Tag informiert. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Dr. Robert Saam aus Kempten.

    Das preisgekrönte Unternehmen mit rund 130 Beschäftigten ist allerdings zuversichtlich, dass es trotz Insolvenz eine Fortführung geben wird, heißt es aus dem Umfeld des Start-ups. Denn das Konzept der leistungsstarken Schnellladesäulen mit integriertem Batteriespeicher sei ausgereift und zukunftsträchtig. „Wir haben große Anstrengungen unternommen, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen. Doch hat sich dies aufgrund der Marktlage und technischer Herausforderungen in der verfügbaren Zeit nicht realisieren lassen“, bedauert Geschäftsführer Martin Schall. Nun solle innerhalb des Insolvenzverfahrens die Fortführung und Restrukturierung organisiert werden.

    Unternehmen gibt bürokratische Hürden als Auslöser an

    Zum Verhängnis sind der Numbat GmbH laut Insidern nicht zuletzt die bürokratischen Hürden geworden, die den schnellen Aufbau weiterer Ladesäulen gebremst und so zu einer immer größeren Finanzierungslücke geführt hätten. So sei es vielfach extrem zeitraubend gewesen, Baugenehmigungen für die Standorte zu erhalten. Auch die Erträge aus der Ladevergütung (40 bis 60 Cent pro Kilowattstunde) seien hinter den Erwartungen geblieben.

    Die rückläufige Nachfrage bei der E-Mobilität in Deutschland habe das Wachstum zusätzlich gedrosselt. Unterm Strich, so berichten Insider, sei daher trotz des guten Businessplans nichts anderes übrig geblieben, als nun die Reißleine zu ziehen.

    Allgäuer E-Ladesäulen-Start-up Numbat: Die Geschichte egann 2021 in Kempten

    Die Numbat GmbH war Anfang 2021 im Digitalen Gründerzentrum in Kempten an den Start gegangen. Die Idee der beiden Geschäftsführer Martin Schall und Dr. Maximilian Wegener, der eine Betriebswirt, der andere Ingenieur: Ein Supercharger mit einer Leistung von 300 Kilowatt, der die Batterien eines E-Fahrzeugs in höchstens 20 Minuten bis zu 80 Prozent laden kann.

    Wesentliche Unterschiede zu herkömmlichen Schnellladern: Der Strom stammt bei Numbat aus dem Niederspannungsnetz und kann durch eine leistungsstarke Batterie lange gespeichert werden, was den teuren Anschluss an die Mittelspannung oder einen Trafo erspart. Die Zellen der Batteriespeicher sind einzeln austauschbar und erhöhen so die Lebensdauer. Ein XL-Screen mit einer Diagonale von bis zu 2,16 Metern dient zudem als Projektionsfläche für Werbung oder Nachrichten.

    Numbat hatte noch vor Kurzem große Pläne

    Die umweltfreundliche Schnellladesäule in Telefonzellengröße hatte 2021 vom Bayerischen Wirtschaftsministerium eine Förderung von 769.000 Euro erhalten. Nach einer ersten Pilotphase im Allgäu mit der Lebensmittelkette Feneberg als Partner hat Numbat bislang bundesweit über 130 Ladesäulen finanziert und aufgestellt. Rund 400 weitere, so war es noch vor einigen Monaten geplant, sollten bis zum Jahresende hinzukommen. Preis für System und Installation einer Ladesäule: 250.000 bis 300.000 Euro, wobei Numbat Eigentümer und Betreiber der Säulen bleibt.

    Branchenkenner hatten das Numbat-Konzept, das nur von wenigen Mitbewerbern angeboten wird, gelobt. So sprach der Bundesverband eMobilität (BEM) von einem innovativen Ansatz, Numbat sei vorn dabei.

    Investoren waren da: Allgäuer Start-up sammelte Hunderte Millionen Euro ein

    In mehreren Finanzierungsrunden hatte Numbat seit 2022 von privaten Investoren, Firmen und Kapitalfonds einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag eingesammelt. Der größte Coup in der kurzen Firmengeschichte gelang im Herbst 2023: Um Hunderte Parkplätze der Handelskette Tegut mit Ladesäulen ausstatten zu können, wollte der Augsburger Immobilieninvestor Patrizia gemeinsam mit einem Bankenkonsortium bis zu 140 Millionen Euro bereitstellen.

    Weil laut Numbat auch die Einzelhandelskette Norma, die Hagebaumärkte sowie die Sana-Kliniken Ladesäulen von dem Kemptener Start-up wollten, stellten die Investoren insgesamt eine Finanzierung von bis zu einer Milliarde Euro in Aussicht. Mittelfristig, so Geschäftsführer Schall 2023 gegenüber dem Handelsblatt, wolle Numbat 5000 bis 10.000 Ladepunkte betreiben und Milliardenumsätze erzielen. Dafür seien aber auch Milliarden-Investitionen nötig.

    Geständnis aus dem Numbat-Umfeld: Manches „mit heißer Nadel gestrickt“

    Hat Numbat also zu viel gewollt und darum zu hoch gepokert? Man sei jedenfalls „sehr ambitioniert“ gewesen, werden im Umfeld des Start-ups durchaus Fehler eingeräumt. Um sich im Markt vorne zu etablieren, habe man notgedrungen „schnell groß denken müssen“. Dass sich die E-Mobilität und damit der Ausbau der Ladesäulen so zögerlich entwickeln würden, sei allerdings nicht absehbar gewesen.

    Numbat Gründer Martin Schall und Maximilian Wegener.
    Numbat Gründer Martin Schall und Maximilian Wegener. Foto: Numbat

    Hinzu komme: „Man muss in diesem Business immer in Vorleistung gehen und braucht einen langen Atem“, so ein Insider. Auch andere europäische Unternehmen der Branche hätten regelmäßig mit „kritischen Phasen“ und finanziellen Engpässen zu kämpfen. Und nur wenige Investoren dächten in Zeiträumen von fünf oder zehn Jahren, für sie gehe es meist um kurzfristige Rendite.

    Viel Geld ist noch da - im Unternehmen selbst ist man optimistisch

    Für den Insolvenzverwalter dürfte nun entscheidend sein, dass für das investierte Geld von Numbat (und damit der externen Geldgeber) meist ein Gegenwert in Form von Ladesäulen existiere. Und da das Ausrollen der Ladepunkte deutlich langsamer vonstatten ging als geplant, wurden viele zugesagte Tranchen noch gar nicht abgerufen. So wurde von den zugesagten 140 Millionen Euro aus Augsburg offenbar bislang nur ein Bruchteil ausgegeben.

    Im Umfeld des Start-ups ist die Hoffnung groß, dass Numbat diese „schwierige Phase“ gut überstehen wird – auch wenn die Insolvenz Einschnitte bedeute. Die offene Zukunft betrifft neben dem künftigen Personaltableau vermutlich auch den Firmensitz in der Kemptener Innenstadt. Dort hatte Numbat im Herbst 2023 komfortable Räume für die 130 Mitarbeiter bezogen.

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