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Kuka streicht 215 Arbeitsplätze im Augsburger Anlagenbau

Stellenabbau

Kuka streicht 215 Arbeitsplätze im Augsburger Anlagenbau

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    Kuka streicht 215 Arbeitsplätze im Augsburger Anlagenbau.
    Kuka streicht 215 Arbeitsplätze im Augsburger Anlagenbau. Foto: Silvio Wyszengrad

    Jetzt herrscht Gewissheit bei Kuka. Es steht fest, dass 215 der rund 500 Arbeitsplätze im Augsburger Anlagenbau des Automatisierungs-Spezialisten wegfallen werden. Zudem müssen alle Beschäftigten der „Systems“ heißenden Sparte auf zehn Prozent ihres Brutto-Gehalts verzichten. Das betrifft auch Führungskräfte, einschließlich der Geschäftsführung. Die unserer Redaktion vorliegenden Ergebnisse wochenlanger Verhandlungen zwischen Geschäftsleitung, Betriebsrat und IG Metall bestätigten am Dienstag auf Anfrage die Unternehmens- und Beschäftigtenseite. 

    Das Ergebnis der Gespräche ist ein Zwischenschritt. Nun handeln Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite auf Basis des Eckpunkte-Papiers einen Interessenausgleich und einen Sozialplan aus. Hier geht es – vereinfacht gesagt – darum, wann und in welcher Form die Stellen wegfallen. Zudem sollen die wirtschaftlichen Nachteile für die Beschäftigten möglichst abgemildert werden. Es muss überdies ein Ergänzung-Tarifvertrag mit der IG Metall ausgehandelt werden. Doch es ist nicht mehr daran zu rütteln, dass 215 Arbeitsplätze wegfallen.

    Kuka-Chef Mohnen versucht, auf Kündigungen zu verzichten

    Der Job-Abbau soll bis Ende 2025 erfolgen. Das eröffnet Chancen – wenn möglich – ohne betriebsbedingte Kündigungen die Personalzahl zu verringern. Kuka-Chef Peter Mohnen würde gerne auf solche Kündigungen verzichten, verspricht das aber nicht. Auf alle Fälle haben sich die Betriebsparteien darauf geeinigt, dass dank eines Zusatz-Kontingents mehr der betroffenen Beschäftigten in Altersteilzeit gehen können, was als sozialverträglich gilt. Mitarbeiter haben so die Möglichkeit, frühzeitig in den Ruhestand zu wechseln. 

    Auch was den Gehaltsverzicht angeht, wurden flexible Lösungen festgelegt: Beschäftigte können ihren Beitrag zur Sanierung der seit sieben Jahren defizitären Sparte erbringen, indem sie Überstunden einbringen und etwa auf Teile der Sonderzahlungen wie das Weihnachtsgeld verzichten. 

    Die Lage von Kuka Systems ist ernst

    Die Lage von Kuka Systems ist ernst: Nach Informationen unserer Redaktion hat der Bereich in den vergangenen sieben Jahren einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag an Verlusten angehäuft. Der Anlagenbau ist ein Geschäft, in dem sich Projekte über Jahre hinziehen, etwa wenn neue Produktionsstraßen für Auto-Hersteller gebaut werden. Derartige Vorhaben können toxisch werden, wie es in der Fachsprache heißt. 

    Es besteht die Gefahr, dass sie aus dem Ruder laufen, also länger als geplant dauern und damit die Kosten steigen. Dies kann dadurch geschehen, dass Kunden an Zulieferer wie Kuka Nachforderungen stellen, ohne dafür mehr Geld bezahlen zu wollen. Es ist kein Geheimnis, dass der Augsburger Konzern unter solchen toxischen Projekten leidet. Über die Jahre hinweg wurde immer wieder versucht, den Systems-Bereich zu sanieren. Bereits 2017 hatte Kuka den Abbau von rund 250 der damals etwa 750 Arbeitsplätze im Augsburger Anlagenbau angekündigt. 

    Kuka-Chef Peter Mohnen will auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, weiß aber nicht, ob es geht.
    Kuka-Chef Peter Mohnen will auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten, weiß aber nicht, ob es geht. Foto: Andreas Pohlmann Fotografie

    Damit der aktuelle Rettungsversuch gelingt, soll das Geschäftsfeld so umgebaut werden, dass die Projektleiter im Gegensatz zur Vergangenheit mehr Verantwortung und Entscheidungskonzept bekommen. Dadurch können sie deutlich schneller reagieren, wenn Aufträge finanziell aus dem Ruder laufen, also die Gefahr besteht, dass sie toxisch werden. Die Projektleiter erhalten jetzt auch eine kaufmännische Verantwortung. Um der Systems-Gesundung Nachdruck zu verleihen, sind Kuka-Chef Mohnen und Finanzvorstand Alexander Tan bis auf Weiteres in die Systems-Geschäftsführung eingetreten. Die Manager wollen den Anlagenbau profitabel machen und erhalten. Das ist eine große Herausforderung, müssen Anbieter wie Kuka doch gegen preislich aggressive Wettbewerber aus Asien bestehen. Der Systems-Bereich ist – bezogen auf die Größe des Gesamtkonzerns – klein und steht nur für rund vier Prozent des weltweiten Konzern-Umsatzes von Kuka. 

    So beschäftigt der Automatisierungs-Spezialist insgesamt allein 3750 Frauen und Männer in Augsburg. Das Robotergeschäft läuft nach wie vor gut. Roboter werden separat für fünfstellige Beträge verkauft und gehören damit nicht zum Anlagenbau. Projekte mit Auto-Herstellern sind schnell im zweistelligen Millionenbereich angesiedelt. Insgesamt steht Kuka gut da: So konnte das Unternehmen im vergangenen Jahr erstmals die Umsatz-Marke von vier Milliarden Euro knacken. Die Erlöse legten von rund 3,9 auf knapp 4,1 Milliarden Euro zu. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) stieg 2023 auf den Bestwert von 158,2 Millionen Euro, während es im Jahr zuvor 118,4 Millionen Euro waren. 

    Job-Abbau macht Kuka-Betriebsratsvorsitzenden zu schaffen

    Doch der anstehende Arbeitsplatzabbau im Augsburger Anlagenbau macht dem Betriebsratsvorsitzenden Armin Kolb zu schaffen. „Das ist ein harter, schwer erträglicher Schritt“, sagt er im Gespräch und meint: „Ich bin nicht zufrieden, dass so viele Arbeitsplätze wegfallen, geht es hier doch um verdiente, langjährige Mitarbeitende, die für Kuka zum Teil weltweit Projekte mit viel Engagement betreut haben.“ Auch der Arbeitnehmer-Vertreter kommt aber an den betriebswirtschaftlichen Fakten, also den immensen Verlusten nicht vorbei: „Letztlich ist eine solch harte Sanierung alternativlos, zumal ohne einen solchen Schritt nur noch eine Alternative, nämlich die Schließung des Augsburger Anlagenbaus, übrig bleiben würde.“ 

    Trotzdem leidet Kolb mit den Betroffenen mit und fordert: „Jetzt müssen wir alle Möglichkeiten ausschöpfen und verhindern, dass es zu betriebsbedingten Kündigungen kommt.“ Es sei jedoch ungewiss, ob es gelinge, auf derartige Kündigungen zu verzichten. Am Ende trägt Kolb, der auch stellvertretender Aufsichtsrats-Vorsitzender von Kuka ist, die Sanierung mit. Der Betriebsrats-Mann ist jedenfalls froh, dass die Vertreter des chinesischen Eigentümers Midea um den Kuka-Aufsichtsrats-Chef Andy Gu hinter der Sanierung der stark defizitären Sparte stehen. 

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