Startseite
Icon Pfeil nach unten
Wirtschaft
Icon Pfeil nach unten

Kuka Augsburg: Chinesen drängen restliche Aktionäre raus

Augsburg

Chinesen drängen jetzt die restlichen Kuka-Aktionäre raus

    • |
    Kuka verschwindet von der Börse.
    Kuka verschwindet von der Börse. Foto: Ulrich Wagner (Archiv)

    „Die nächste Frage“. Immer wieder sagt Kuka-Chefsyndikus Marcus Gebert die drei Worte. Am Ende schnauft er tiefer, nimmt einen Schluck Wasser und meint zu Konzern-Chef Peter Mohnen: „Ich habe noch a bissel was vor mir.“ So beantworten die Verantwortlichen des Augsburger Roboter- und Anlagenbauers an dem für das Unternehmen historischen Dienstag mehr als 200 Fragen. Geschichtsträchtig ist der Tag, weil das Aktionärstreffen die wohl letzte Hauptversammlung der Kuka AG in der Form ist. Denn der chinesische Mehrheitseigentümer Midea, der knapp mehr als 95 Prozent an dem Konzern hält, ist fest gewillt, das Unternehmen vom Aktienmarkt zu nehmen – und das, obwohl die Chinesen einst zugesichert hatten, der Maschinenbauer bleibe bis Ende 2023 an der Börse.

    Haben die Midea-Manager den Vertrag gebrochen? Aus Sicht von Kuka ist das nicht der Fall, denn die Chinesen hätten das Gespräch mit den Verantwortlichen in Augsburg gesucht und um deren Einverständnis gebeten. Dabei wurde ein Deal geschlossen und der Investoren-Vertrag „angepasst“: Midea darf Kuka vorzeitig von der Börse nehmen, im Gegenzug sicherten die Chinesen zu, dass bis mindestens 2025 der Produktionsstandort für Kuka in Augsburg bleibt und der Hauptsitz des Konzerns in dem Zeitraum seine Position als führendes Zentrum für Forschung und Entwicklung behält.

    Überwältigende Mehrheit für Börsen-Aus unter Kuka-Aktionären

    Doch nach Recherchen unserer Redaktion hätten es viele bei Kuka lieber gesehen, wenn das Unternehmen weiter an der Börse und so – auch wegen der umfangreichen Veröffentlichungspflichten – sichtbarer für Interessierte geblieben wäre. Auch aus Sicht der Beschäftigten wird ein Arbeitgeber attraktiver, wenn er am Aktienmarkt beheimatet ist. Denn viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten selbst Wertpapiere und identifizieren sich dadurch mehr mit ihrem Unternehmen. Doch dank des nun durch die Hauptversammlung mit 99,90 Prozent gefassten Beschlusses, Kuka von der Börse zu nehmen, müssen auch die Beschäftigten Abschied von ihren Aktien nehmen. Sie werden in den kommenden Monaten nach dem Ablauf einer für Hauptversammlungen üblichen vierwöchigen Einspruchsfrist aus den Wertpapier-Konten ausgebucht. Ohne selbst tätig werden zu müssen, bekommen die Betroffenen im Rahmen eines solchen Squeeze-out-Verfahrens die Barabfindung von 80,77 Euro je Aktie auf ihre Konten überwiesen.

    Am Dienstag, dem Tag des Kuka-Aktionärstreffens, pendelte die Aktie bei Werten um 82,50 Euro. Es gibt immer noch Menschen, die Papiere des Unternehmens kaufen, weil sie darauf spekulieren, dass sie nach einer erfolgreichen Klage gegen die Höhe der Barabfindung mehr als 80,77 Euro für eine Kuka-Aktie bekommen. Bei solchen Squeeze-outs, also dem Rausdrängen von Minderheitsaktionären, kam es in der Vergangenheit immer wieder zu juristischen Nachspielen. Davon gehen Insider auch bei Kuka aus. Anteilseigner, die in den nächsten Monaten die Barabfindung von je 80,77 Euro pro Aktie überwiesen bekommen, müssen sich keine Sorgen machen, dass sie zu kurz kommen. Sollte vor Gericht ein höherer Preis durchgefochten werden, erhalten sie den Restbetrag schließlich erstattet. Doch warum verprellen die Chinesen Kleinaktionäre?

    Am Geld allein liegt es bei Kuka wohl nicht

    Midea argumentiert hier damit, dass der Roboter-Spezialist ohne eine Publikumshauptversammlung Beschlüsse schneller umsetzen könne. Die Chinesen nennen auch finanzielle Gründe für ihren Schritt: Durch das Ende der Börsenzulassung entfallen eine Reihe von Veröffentlichungspflichten, aber auch die Kosten für eine jährliche Hauptversammlung. Ein Aktionärsvertreter spricht dagegen von „Enteignung“ und moniert den „viel zu geringen Preis der Barabfindung“. Und Professor Roland Klose von der Deutschen Schutzvereinigung von Wertpapierbesitz beklagt: „Der Squeeze-out ist für die treuen Aktionäre der Kuka AG eine herbe Enttäuschung.“ Das Unternehmen, kritisiert der Anlegerschützer, hätte doch ein Leuchtturm-Projekt für das Miteinander von chinesischen und deutschen Investoren sein sollen. Rein die Kosten für die Börsennotierung, da sind sich Kuka-Beobachter einig, können den radikalen Schritt der Chinesen nicht erklären. Auf der Hauptversammlung ist von jährlichen Aufwendungen „im unteren einstelligen Millionenbereich“ die Rede.

    Was steckt hinter dem Börsen-Aus? Hier kursiert eine Theorie: Demnach habe Midea Kuka einst für rund 4,5 Milliarden Euro viel zu teuer gekauft. Zuletzt war Kuka an der Börse etwa 3,3 Milliarden Euro wert. Daran wird eine börsennotierte Gesellschaft jedoch immer wieder von Anlegern und der Presse erinnert. Das schmerzt. Kenner des Landes sagen: Chinesen legten Wert auf Gesichtswahrung. Deshalb müsse Kuka weg von der Börse.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden