EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat mit Blick auf den russischen Umgang mit Getreide in der Ukraine Parallelen zur Sowjetzeit gezogen. „In der von Russland besetzten Ukraine konfisziert die Armee des Kremls die Getreidebestände und Maschinen“, sagte sie beim Weltwirtschaftsforum in Davos. „Das erinnert einige an eine dunkle Vergangenheit – die Zeiten der sowjetischen Beschlagnahme der Ernten und der verheerenden Hungersnot der 1930er Jahre.“ Moskau setze nicht nur die Energieversorgung als Waffe ein; bei der Ernährungssicherheit zeichne sich ein ähnliches Muster ab.
In einigen Ländern ist die Nahrungsmittelknappheit lebensbedrohlich
Russland bombardiere bewusst Getreidelager in der Ukraine und blockiere ukrainische Schiffe mit Weizen und Sonnenblumenkernen im Schwarzen Meer, sagte von der Leyen. Hinzu komme, dass Russland eigene Lebensmittel „als eine Form der Erpressung“ horte. Lieferungen seien gestoppt worden, um die Weltmarktpreise steigen zu lassen, und Weizen werde gegen geopolitische Unterstützung gehandelt. „Dahinter steckt nur ein Gedanke: Russland nutzt Hunger und Getreide, um Macht auszuüben“, sagte die Kommissionspräsidentin und kündigte Gespräche mit Moskau an. „Wir müssen versuchen, ob wir mit Russland darüber verhandeln können, Getreide aus der Ukraine herauszubekommen.“
In einigen Ländern wird die Nahrungsmittelknappheit inzwischen lebensbedrohlich, wie Christian Schneider, Geschäftsführer von Unicef Deutschland, im Gespräch mit unserer Redaktion warnt: „Der Krieg in der Ukraine verursacht nicht nur entsetzliches Leid im Land selbst. Er hat auch dramatische Auswirkungen auf die Lebensbedingungen von Millionen Kindern in den ärmsten Ländern und in Krisenregionen. Infolge der Unterbrechung der weltweiten Weizenlieferungen und der steigenden Preise werden Nahrungsmittel teurer.
Unicef-Geschäftsführer fordert von der EU einzuschreiten
Unzählige Familien wissen nicht, wie sie ihre Kinder ernähren sollen. Immer mehr lebensbedrohlich mangelernährte Mädchen und Jungen in Ländern wie Somalia, Afghanistan oder dem Jemen brauchen Hilfe.“ Schneider sieht hier nicht nur die EU in der Pflicht. „Die internationale Gemeinschaft muss jetzt gegensteuern, damit aus den Hungerkrisen keine Hungerkatastrophen werden. Wir sind an einem kritischen Punkt; den hungernden Kindern läuft die Zeit für ihr Überleben davon.“ (mit dpa)