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Krieg in der Ukraine: Knappes Gas: Was will der Staat noch alles bezahlen?

Krieg in der Ukraine

Knappes Gas: Was will der Staat noch alles bezahlen?

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    Eine Gasflamme brennt hinter dem Sichtfenster eines Gas-Durchlauferhitzers. Das Gas wird gerade teurer, der Staat will helfen.
    Eine Gasflamme brennt hinter dem Sichtfenster eines Gas-Durchlauferhitzers. Das Gas wird gerade teurer, der Staat will helfen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Die Summen sind gewaltig. 500 Milliarden Euro an Konjunkturhilfen infolge der Corona-Pandemie, mindestens 17 Milliarden Euro als erste Reaktion auf die Energie-Krise, die Knappheit beim Gas soll für betroffene Unternehmen weitere Milliardenhilfen bringen. Solche Milliardenpakete sind nicht neu. Schon vor der Pandemie und dem Ukraine-Krieg federte der Staat außergewöhnliche Ereignisse ab, stützte beispielsweise mit 25 Milliarden die Konjunktur wie 2006 oder gab etliche Milliarden Euro für Folgen der vielen Hochwasserkatastrophen in Deutschland. Der Nutzen solcher Subventionen aus Steuermitteln ist umstritten. Fest steht: Der Staat tritt immer öfter als eine Art Vollkaskoversicherung auf. Das kostet nicht nur, das birgt auch Risiken.

    So hat sich der Wirtschaftsrat der CDU gerade gegen eine Umwidmung des Corona-Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) ausgesprochen. Generalsekretär Wolfgang Steiger sagte unserer Redaktion, sein Verband begrüße zwar die Bemühungen der Regierung, die Auswirkungen der gestiegenen Energiekosten und der Inflation auf die Bevölkerung und die Unternehmen abzumildern. „Doch bei aller Unterstützung dürfen wir die verfassungsrechtliche Verpflichtung einer nachhaltigen Haushaltspolitik sowie das EU-Beihilferecht nicht komplett aus den Augen verlieren“, warnte Steiger.

    Geld für Unternehmen in der Krise aus dem Corona-Fonds

    Hintergrund sind Pläne von Wirtschaftsminister Robert Habeck, den WSF zu öffnen, um durch den Ukraine-Krieg in Not geratene Unternehmen zu retten. Dabei geht es nicht nur um die Energiewirtschaft. Habeck will vielmehr alle „volkswirtschaftlich relevanten Unternehmen" stützen. Der Hinweis des Wirtschaftsrates auf das EU-Beihilferecht kommt in diesem Zusammenhang nicht von ungefähr. Ihr Chef habe, klagen Beamte in Habecks Ministerium, im Überschwang schon oft vergessen, dass EU-Staaten bei ihren Entscheidungen immer auch Brüssel im Blick haben müssen. In der EU gelten scharfe Beihilferegeln, sie sollen den europäischen Binnenmarkt vor Wettbewerbsverzerrungen durch unzulässige Subventionen der öffentlichen Hand zugunsten einzelner Unternehmen oder Wirtschaftszweige schützen.

    Ein solcher Fall könnte hier vorliegen, warnt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Denn nicht nur Deutschland, sondern auch viele andere EU-Länder legen nationale Programme auf, um gestiegene Energiepreise für Unternehmen und Privathaushalte abzufedern. Wenn Energie jedoch durch staatliche Subventionen erschwinglich bleibt, gibt es keinen Grund für die Kundinnen und Kunden, Energie zu sparen. Ist gleichzeitig das Angebot so begrenzt wie derzeit, steigen mit der Nachfrage die Preise weiter. „Im Ergebnis kommen die staatlichen Hilfen nicht den Energieverbrauchern, sondern den Anbietern zugute“, folgert IfW-Vizepräsident Stefan Kooths. Durch die Subventionen kann es am Ende also zu (verbotenen) Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt kommen.

    Verstaatlichung für mehr Energiesicherheit?

    Die Milliardenhilfen werden oft als Kredite ausgereicht und bestenfalls zurückgezahlt, wie es der Reisekonzern TUI gerade zumindest teilweise getan hat. Vielfach handelt es sich aber auch um Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen. So oder so muss sich der Staat das Geld selbst zunächst als Kredit besorgen. Das aktuelle Tempo bei der Schuldenaufnahme sorgt die Experten des Wirtschaftsrates. Erst vor kurzem habe die Ampel-Regierung ihre Entwürfe zur Errichtung der beiden Sondervermögen sowie den Haushalt vorgelegt, erklärte Steiger. „Dennoch diskutieren wir bereits jetzt über einen Nachtragshaushalt“. Wenn jetzt mit der Umwidmung noch einmal nachgelegt werde, dann sei das nicht solide. „Außerdem wird der finanzielle Spielraum für die späteren Legislaturperioden immer weiter eingeschränkt und wichtige Zukunftsprojekte können dann nicht mehr umgesetzt werden.“

    Die Milliardenspritzen für Unternehmen sollen den Abbau von Arbeitsplätzen verhindern. Das geht oft schief, wie die Beispiele Müller Milch, Siemens, Bombardier, Lufthansa und viele andere zeigen. Das könnte bei den Hilfen für die Energiekonzerne wieder so kommen. Die Linkspartei fordert deshalb, dass staatliche Subventionen „an klare Bedingungen gekoppelt werden“. Das Mindeste sei, „dass betriebsbedingte Kündigungen für den Zeitraum der Unterstützung ausgeschlossen werden müssen“, sagte der gewerkschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion, Pascal Meiser, unserer Redaktion. Zugleich müsse geprüft werden, ob angesichts der Bedeutung der großen Energieunternehmen für die Energiesicherheit Deutschlands eine direkte staatliche Beteiligung sowie mittelfristig die vollständige Überführung dieser Unternehmen in die öffentliche Hand nicht das bessere Mittel wären.

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