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Krieg in der Ukraine: Die Europäische Union will bei Energie-Importen den Turbo zünden

Krieg in der Ukraine

Die Europäische Union will bei Energie-Importen den Turbo zünden

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    Die EU will schneller weg von russischer Energie.
    Die EU will schneller weg von russischer Energie. Foto: Marijan Murat, dpa

    Die EU zieht bei der Energiewende das Tempo an. Zwar ist ihr Plan, unabhängiger von Energielieferungen aus Russland zu werden, keineswegs neu. Neu ist aber, dass die Abkapselung angesichts des Kriegs in der Ukraine jetzt deutlich schneller gehen muss.

    Und genau darin liegt das größte Problem, denn das zu lösen wird nicht nur schwierig, sondern vor allem sehr teuer. Bis zu 300 Milliarden Euro müsse die Staatengemeinschaft bis 2030 mobilisieren, um sich vom Energie-Tropf Moskaus zu befreien, prognostizierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch.

    Energieverbrauch bis Ende des Jahrzehnts um mindestens 13 Prozent senken

    Die Brüsseler Behörde stellte ihre ehrgeizigen Pläne vor. „REPower EU“ heißt das Paket mit einer Reihe neuer und recycelter Ideen, mit denen man Europas Energieversorgung auf eine neue Basis stellen will. Dabei liegt der Fokus auf dem Ausbau der erneuerbaren Energien, dem beschleunigten Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und einer Diversifizierung der Energieversorgung. Ziel sei es laut von der Leyen, im Laufe dieses Jahrzehnts keine Energie mehr von Russland kaufen zu müssen. Damit das klappt, will die Kommission das Ziel für den Anteil von erneuerbaren Energien in der Staatengemeinschaft bis 2030 von 40 auf 45 Prozent erhöhen. Außerdem soll der Energieverbrauch bis Ende des Jahrzehnts um mindestens 13 Prozent gesenkt werden, statt wie bisher vorgeschlagen um neun Prozent. Das Paket werde „für unseren europäischen ‚Grünen Deal‘ den Turbo zünden“, sagte von der Leyen.

    Mit den darin enthaltenen Maßnahmen verfolgt die Gemeinschaft das ambitionierte Ziel, die EU bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent der Welt zu machen. Dafür sollen unter anderem Genehmigungsverfahren für Anlagen von nachhaltigen Energie-Projekten verkürzt werden. Gleichwohl will man neben einem Ausbau der Infrastruktur – bis zu zehn Milliarden Euro sollen etwa in die Finanzierung fehlender Gas- und LNG-Verbindungen fließen – mehr klimafreundlichen Wasserstoff importieren wie auch selbst herstellen.

    Photovoltaik-Kapazität schon bis 2025 verdoppeln

    Bereits bis 2030 sollen zehn Millionen Tonnen Wasserstoff, der etwa aus Ökostrom produziert wird, in der EU produziert werden. Und auch Solarstromanlagen sollen eine größere Rolle spielen, wie es hieß. So schlägt die Kommission vor, die Photovoltaik-Kapazität schon bis 2025 zu verdoppeln, indem beispielsweise alle öffentlichen und gewerblichen Gebäude bis 2026 sowie neuen Wohngebäude bis 2029 mit Solarzellen bestückt werden.

    Die EU will weg von fossilen Brennstoffen aus Russland und die Klimakrise bewältigen, weiß aber auch um die steigenden Energiepreise, unter denen Verbraucher in ganz Europa ächzen. Dabei seien auch die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen, ihren Beitrag zu leisten, sagte ein Kommissionsbeamter. Den Zug nehmen statt Auto fahren. Wärmepumpenheizungen im Keller des Eigenheims einbauen. Alte Fenster austauschen. Laut der Behörde könnten durch solche und ähnliche Maßnahmen im Alltag rund fünf Prozent des derzeitigen Energieverbrauchs der EU eingespart werden.

    Das Geld für das Programm soll aus unterschiedlichen Töpfen stammen. Man mobilisiere rund 72 Milliarden Euro an Zuschüssen und 225 Milliarden Euro kämen durch Darlehen, sagte von der Leyen.

    BDI zum Krieg in der Ukraine: Neue Realität braucht neue Lösungen

    Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte das Ziel, auf eine beschleunigte Diversifizierung und mehr erneuerbare Gase, insbesondere Wasserstoff, zu setzen. „Eine neue Realität braucht neue Lösungen“, sagte Holger Lösch, stellvertretender BDI-Hauptgeschäftsführer mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.

    Der Verband der Chemischen Industrie (VCI) bewertete insbesondere die Pläne zur europaweiten Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren von erneuerbaren Energien als positiv. Die EU brauche einen „Marshallplan Bürokratieabbau“, forderte VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup.

    Im nächsten Schritt beschäftigen sich nun die EU-Länder und das EU-Parlament mit dem Paket. In den Verhandlungen wollen sich die Grünen dafür einsetzen, „dass die vorgeschlagene Solar-Strategie die Energiewende auf den Dächern anschiebt“, wie der-Europaparlamentarier Michael Bloss sagte. Als nächstes Ziel verlangte er „die Unabhängigkeit der EU von in China produzierten Solarzellen“. Kritik äußerte er über die vorgeschlagene Finanzierung des Pakets, da Geld unter anderem auch aus dem Emissionshandel kommen soll, indem neue Zertifikate versteigert werden könnten. Dies sei „der falsche Weg“.

    EVP-Abgeordneter Markus Ferber: Mehr Einsatz für kurzfristige Lösungen

    Dem CDU-Europaparlamentarier Markus Pieper zufolge habe das Paket „Licht und Schatten“. So drohten etwa die „zu strengen, zu komplizierten“ Vorgaben für die Wasserstoffproduktion „unserer jungen europäischen Wasserstoff-Produktion das Wasser abzugraben“. Damit gehe man „sehenden Auges in die nächste Abhängigkeit“. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber forderte mehr Einsatz für kurzfristige Lösungen. Ein Plan für die nächsten fünf Jahre sei wichtig. „Wir brauchen jetzt aber vor allem eine Antwort auf die Frage, was passiert, wenn Russland uns nächsten Winter den Gashahn zudreht.“

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