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Krieg in der Ukraine: Der Krieg in der Ukraine macht Lebensmittel für lange Zeit teurer

Krieg in der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine macht Lebensmittel für lange Zeit teurer

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    Landwirte ernten mit ihren Mähdreschern Weizen auf einem Weizenfeld in Südwestrussland. Baywa geht davon aus, dass in diesem Jahr ein erheblicher Teil der Getreideexporte aus Russland und der Ukraine ausfallen wird.
    Landwirte ernten mit ihren Mähdreschern Weizen auf einem Weizenfeld in Südwestrussland. Baywa geht davon aus, dass in diesem Jahr ein erheblicher Teil der Getreideexporte aus Russland und der Ukraine ausfallen wird. Foto: Vitaly Timkiv, AP/dpa

    Joachim Rukwied ist keiner, der zur Übertreibung neigt. Zum Ukraine-Krieg hat der Präsident des Deutschen Bauernverbandes eine klare Haltung, missbraucht den Konflikt aber nicht für marktschreierische Äußerungen. Dass Brot bald zehn Euro kosten könnte – wie es der Vizepräsident des Bauernverbandes Schleswig-Holstein, Klaus-Peter Lucht, gerade per Bild-Zeitung ausrief – weist Rukwied zurück. „Ich würde die Preiserhöhungen beim Brot geringer sehen“, sagt der Landwirt bei einer Pressekonferenz in Berlin.

    Lebensmittel allerdings werden deutlich teurer, darauf hat Rukwied schon früh hingewiesen und er bekräftigt es bei dieser Gelegenheit noch mal. Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen zusätzlich zu explodierenden Energiekosten mit weiter steigenden Preisen für Fleisch, Brot oder Milchprodukte rechnen. Das Schlimme: Ein Ende ist nicht in Sicht und für Geringverdiener wird der Staat deshalb womöglich in Zukunft Einkaufsgutscheine ausgeben müssen.

    Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes.
    Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Beim Thema Preise bleibt sich Rukwied treu und nennt auch trotz mehrfacher Nachfragen keine konkreten Zahlen, nicht einmal eine ungefähre Hausnummer. Im Laden seien die Preise im höheren einstelligen, teilweise im leicht zweistelligen Bereich gestiegen, sagt der DBV-Präsident. Das ist noch weit weg von den 20 bis 40 Prozent Teuerungsrate, die Lucht vorhersagt.

    Rukwied betont zudem, dass die europäische und deutsche Versorgungssicherheit bis ins erste Quartal 2023 gesichert sei und Hamsterkäufe absolut keinen Sinn ergeben. Gleichzeitig sagt er, und das mehrfach: „Wir erwarten aber, dass die Lebensmittelpreise weiter steigen werden.“ Und das noch für lange Zeit, denn die Landwirtschaft ist zu einem komplexen Gebilde gewachsen, in dem unterschiedliche Faktoren auf den Preis einwirken.

    Der Preis für eine Tonne Weizen stieg von etwa 180 Euro auf 300 Euro

    „Wir haben mittlerweile massive Verwerfungen auf den Märkten“, sagt Rukwied. Schiffe seien in der Ukraine mit Getreide beladen worden und jetzt nicht mehr auffindbar. Es gebe keine verifizierten Angaben über die Verladestationen an den Häfen, unter anderem im Schwarzen Meer. Aus Norddeutschland berichten Berufskollegen, dass am Seehafen Brake rund 26 Kilometer stromaufwärts der Wesermündung seit 14 Tagen keine Getreideschiffe mehr festgemacht haben.

    Die Lagerhallen dort, scherzen Landwirte, sind so riesig, dass man darin mit Schwerlastzügen mühelos Pirouetten drehen kann. Selbst, wenn er morgen beendet werden könnte, werden „die Auswirkungen des Krieges noch lange Bestand haben", sagt Rukwied. Und wenn nicht? „Wenn er in den nächsten Tagen nicht beendet werden sollte, dann wächst in der Ukraine nur eine geringe Ernte heran. Dann werden Felder nicht bestellt werden können“, sagt der Bauernpräsident. Die Nachwirkungen seien dann noch gravierender.

    Während vor dem Krieg die Tonne Weizen für etwa 180 Euro zu haben war, kostet sie jetzt 300 Euro. Raps, vormals bei einem Preis von 400 Euro pro Tonne, hat sich auf 700 Euro verteuert. Stickstoffdünger war zur Ernte 2021 für 175 Euro die Tonne zu haben, jetzt kostet sie 800 Euro, 900 Euro und gar noch darüber. Wenn überhaupt noch etwas zu bekommen ist, denn der Krieg in der Ukraine und die Sanktionen gegen Russland haben den Nachschub gekappt. Die Bäuerinnen und Bauern könnten auf herkömmliche, organische Weise düngen, dann allerdings würden die Ernteerträge um bis zu zwei Drittel geringer ausfallen.

    Nicht nur der Krieg treibt die Preise in die Höhe, sondern auch die Trockenheit

    Bundesregierung und Europäische Union haben sich bereits Gedanken gemacht, mit welchen Maßnahmen die Versorgungssicherheit langfristig gewährleistet werden kann. Rukwied lobt, dass Berlin ökologische Vorrangflächen für den Anbau von Tierfutter freigeben will. Das jedoch ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein und kann den Hunger nicht stillen. Apropos heiß: Nicht nur der Krieg treibt die Preise. Schon jetzt ist es in vielen Teilen Deutschlands erneut so trocken, dass eine schlechte Ernte ins Kalkül gezogen werden muss.

    Bislang war der Anteil von Lebensmitteln an den Lebenshaltungskosten in Deutschland vergleichsweise gering. Das ändert sich gerade und könnte in Zukunft für die Armen im Land zur Existenzfrage werden. „Ich will nicht ausschließen, dass wir zu dem Punkt kommen, wo wir drüber nachdenken müssen, wie man einkommensschwache Gruppen da unterstützt“, sagt Rukwied.

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