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Kraftstoffpreise: Was die hohen Spritpreise für Speditionen und Taxifahrer bedeuten

Kraftstoffpreise

Was die hohen Spritpreise für Speditionen und Taxifahrer bedeuten

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    Benzin und Diesel werden immer teurer. Besonders schwierig ist die Situation für Speditionen und Taxiunternehmen.
    Benzin und Diesel werden immer teurer. Besonders schwierig ist die Situation für Speditionen und Taxiunternehmen. Foto: Luke Maguire (Symbolbild)

    Über 2,20 Euro für einen Liter Superbenzin; der einst so günstige Diesel ist mit 2,30 Euro pro Liter sogar noch teurer. Die Preise für Kraftstoffe sind in ganz Deutschland in die Höhe geschnellt. Besonders schwierig ist die Situation bei denen, deren Geschäft das Fahren ist. Speditionen und Taxler stehen vor großen Problemen.

    Ein Großteil der deutschen Speditionen sind Kleinunternehmen. Von den 47.000 Betrieben mit einem bis neun Beschäftigten haben über 20.000 nur einen bis drei Lkw. Es sind meist klassische mittelständische Betriebe, die nun Gefahr laufen, insolvent zu gehen. Unternehmerin Annette Weiß aus Pfullingen berichtet mit hörbarer Sorge in der Stimme, wie sie um ihr seit 1937 bestehendes Fuhrunternehmen fürchtet. Und sie erzählt, was für Folgen die Preissteigerungen haben: Wenn ihr Transport mit Baumaterialien teurer wird, wird das Eigenheim ganz am Ende der Lieferkette auch teurer.

    "Wir sind aktiv mit unseren Kunden im Dialog, um gemeinsam diese schwierige Zeit durchstehen zu können", sagt Helmut Treffer, Mitglied der Geschäftsführung beim Logistiker Andreas Schmid in Gersthofen. 140 eigene Lkw sind für die Firma auf den Straßen, dazu kommen selbstständige Transporteure. Die Kunden könnten die Probleme nachvollziehen, so Treffer. Die Transportkosten werden in Zukunft weiter steigen, die Energiepreise seien immer die größten Kostentreiber, sagt er. Laut Treffer liegt bei einem Diesel-Lkw der Anteil des Sprits an den Betriebskosten momentan zwischen 27 und 40 Prozent.

    Viele Lkw fahren auch mit Erdgas. Dort kommt man wegen der Preissteigerungen beim Gas bereits auf über 50 Prozent Anteil an den Betriebskosten. Weil Spritkosten schon immer ein Thema waren, setzt die Spedition längst auf moderne, sparsame Fahrzeuge. Treffer sagt: "Damit erreichen wir beste Verbrauchswerte und umweltfreundliche Abgaswerte. Dazu sorgen erfahrene Disponenten, unterstützt durch Telematik und modernste IT für eine gute Auslastung und wenige Leerkilometer."

    Umweltfreundliche Lkw sind besonders stark von Preissteigerung betroffen

    Andere alternative Antriebe sind derzeit noch nicht im Markt, der Wasserstoff-Lkw als einzige realistische Alternative zum Diesel wird erst 2027 kommen, heißt es vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL). Viele Speditionen nutzen zur Absicherung schon länger sogenannte Diesel-Floater. Das sind Klauseln im Vertrag zwischen Spedition und Kunden, die einen Kraftstoffzuschlag ermöglichen. Aber selbst hier gibt es einen zeitlichen Versatz von sechs bis acht Wochen. Daher fordert der BGL, dass die Kraftstoffpreise künftig wöchentlich vom Statistischen Bundesamt herausgegeben werden.

    BGL fordert Rettungsschirm von der Bundesregierung

    Eine Möglichkeit, der Krise zu begegnen wäre ein "Gewerbediesel". Damit ist eine geringere Energiesteuer für die Unternehmen gemeint. Solch eine Maßnahme wünscht sich Treffer umgehend und zeitnah – allerdings für alle Bürger und Bürgerinnen. Er sagt: "Andere Länder haben bereits reagiert. So ist in Polen nach Steuersenkungen der Liter Diesel aktuell bis zu 70 Cent pro Liter günstiger." Der Großteil der Treibstoffkosten sind Steuern und Abgaben.

    Die Firma Dachser in Kempten hat nur wenige eigene Lkw, meistens sind es Selbstständige, die für sie fahren. Auch bei Dachser sind längst alle Prozesse auf Effizienz getrimmt: "Wir bündeln in unserem Netzwerk deshalb Sendungen, wir verladen doppelstöckig, nutzen Wechselbrücken und sogenannte Megatrailer, um den verfügbaren Platz optimal zu nutzen", erklärt das Unternehmen auf Anfrage. Diesel-Floater nutzt auch Dachser. Doch die Kosten an die Kunden weiterzugeben, ist nicht immer möglich.

    Staatliche Unterstützung für Speditionen gefordert

    "Die Gespräche, die wir mit den Mitgliedsunternehmen führen, sind wirklich dramatisch", sagt BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt auf einer Online-Konferenz zum Thema. Um den Zeitverzug und die damit verbundenen Liquiditätsverluste aufzufangen, fordert der Verband Hilfe vom Staat. Engelhardt verweist dazu auf Belgien, wo neuerdings ein Referenzpreis ermittelt wird und die Unternehmen die Differenz vom Staat zurückbekämen. Ein Ausgleich zum Mehrpreis des LNG wird auch gefordert. Die Industrie sei gesprächsbereit, aber auch dort müssten die Firmen das Geld haben, um den Spediteuren die Mehrkosten erstatten zu können. Wenn keiner zahle, müssten die Lkw sonst irgendwann stehen bleiben, so Engelhardt.

    Taxen: Kaum Einnahmen und hohe Kosten

    Stark von den Energiepreisen abhängig sind auch Taxiunternehmen. "Viele Taxibetriebe stehen kurz vor der Insolvenz, weil die Aufwendungen für die Kraftstoffe momentan nicht mehr zu erwirtschaften sind", sagt Thomas Kroker, Vorsitzender des Landesverbands Bayerischer Taxi- und Mietwagenunternehmen. Die Taxitarife orientieren sich überwiegend an den Kraftstoffpreisen, wie sie bis vor einem Jahr üblich waren. Nun sind die Preise aber teilweise doppelt so hoch und in keinem der 96 bayerischen Tarife abgebildet, sagt Kroker. Für Taxiunternehmer versuchen Landes- und Bundesverband, eine Ermäßigung der Energiesteuer zu erreichen. Nur darüber entstehe eine echte Kostenentlastung, so Kroker.

    Taxiunternehmen leiden unter den Corona-Nachwehen

    Die Taxen haben 30 bis 50 Prozent Verlust, verglichen mit dem, was sie vor Corona einnehmen konnten. "Man arbeitet an einer schwarzen Null", sagt Kroker. Finanzielle Schwierigkeiten haben die Taxiunternehmen auch, weil die Corona-Hilfen noch zurückgezahlt werden müssen. In vereinzelten Genehmigungsbezirken wird derzeit überlegt, den Taxitarif an die gestiegenen Kraftstoffpreise anzupassen. Bis der Tarif geändert werden kann, dauert es in der Regel drei bis sechs Monate. In Bayern gibt es 96 Genehmigungsbezirke, in etwa einem Drittel davon sind die Tarifanträge schon gestellt. Nur wenige sind aber schon abgeschlossen und umgesetzt.

    Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. Die Augsburgerin Tanja Hoggan-Kloubert spricht über die Angst um ihre Eltern in der Ukraine – und die überwältigende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

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