Ein
Ferdinand Piëch
lässt sich nicht zwingen, seine Karten offenzulegen, und wenn er doch einen kleinen Einblick in seine Pläne ermöglicht, dann bestimmt er den Zeitpunkt. Da mögen die Aktionäre in der
Hauptversammlung
des Nutzfahrzeug- und
Maschinenbaukonzerns
MAN
in
München
noch so drängend und kritisch fragen, welche Pläne
VW
als Großaktionär mit
MAN
und dem schwedischen Lkw-Hersteller
Scania
hat - der mächtige Automanager, der gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender bei
Volkswagen
und bei
MAN
ist, schweigt erst einmal und überlässt es den MAN-Chefs, sich zu einer möglichen gemeinsamen Zukunft der beiden Konkurrenten zu äußern.
VW
besitzt 70 Prozent der Stimmrechte bei
Scania
und
MAN
gut 17 Prozent.
"Wir halten an unserer strategischen Beteiligung an Scania fest und sind weiter überzeugt, dass eine Zusammenarbeit sinnvoll ist", sagte der neue MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen, der im Dezember nach dem plötzlichen Rücktritt von Håkan Samuelsson von der Augsburger MAN Diesel SE an die Spitze des Konzerns wechselte. Neben dem Schweden Samuelsson, der von Scania zu MAN gekommen war, gingen auch Finanzvorstand Karlheinz Hornung und Nutzfahrzeuge-Chef Anton Weinmann. Dessen Job übernahm Pachta-Reyhofen gleich mit. Für Hornung kam Frank. H. Lutz als Finanzchef.
MAN abhängig von Volkswagen? Nein, das treffe nicht zu, beteuerten beide auf die kritischen Fragen der Aktionäre. Rein rechtlich ist das tatsächlich so, denn der Wolfsburger Konzern hält nur 29,1 Prozent der Aktien. Deshalb sah der Vorstand auch keinen Grund, nachzufragen, warum MAN in einem Strategiepapier von Volkswagen gar nicht erwähnt wird. Allerdings gibt es keinen anderen Großaktionär.
Einmal besaß VW sogar schon die Mehrheit in einer Hauptversammlung. Am Donnerstag verfehlten die Wolfsburger bei einer Präsenz von 60,73 Prozent der MAN-Stammaktien aber knapp die Hälfte der Stimmrechte. Dennoch gelang es Volkswagen - trotz heftiger Proteste und vieler Gegenstimmen - mit Ulf Berkenhagen von der Volkswagen-Tochter Audi einen dritten Vertreter im MAN-Aufsichtsrat unterzubringen. Neben Piëch gehört dem Gremium schon
Der Großaktionär aus Wolfsburg hat damit seine Position in München weiter gestärkt. Schon durch den Rücktritt von Samuelsson, Hornung und Weinmann, die offenbar zu sehr auf eine weitere Eigenständigkeit von MAN pochten, war Piëch seinem Ziel, unter dem Volkswagen-Dach einen neuen Lkw-Konzern zu schmieden, nähergekommen.
Als alle Fragen beantwortet waren, ließ Ferdinand Piëch doch noch die Katze aus dem Sack. Der Kampf David gegen Goliath sei zu Ende, sagte er. Soll heißen: Nach der Übernahmeschlacht zwischen Porsche und VW kann sich der Konzernkontrolleur "wieder mehr um diese Kooperation kümmern, und ich bin sicher: Wir bringen sie zustande." Dafür sprächen allein schon finanzielle Gründe. So müssten MAN und Scania für die künftige europäische Abgasnorm jeweils 1,5 Milliarden in die Motorenentwicklung stecken. Eine halbe bis eine Milliarde ließen sich bei einer Zusammenarbeit einsparen.
Dass es bisher nicht zu einer Kooperation kam, lag daran, dass Ex-MAN-Chef Samuelsson und Scania-Chef Leif Östling schlecht miteinander auskamen: "Die zwei hatten immer Ausreden, warum da nichts passiert ist." Jetzt ist der eine weg und der andere demnächst in Rente. Der neue MAN-Chef "hat einen anderen Zugang zur Kooperation", ist Ferdinand Piëch überzeugt. Klaus Köhler