Die Zeit für Schnäppchenjäger läuft. Nur noch bis zum 31. Dezember gilt die zeitlich befristete Senkung der Mehrwertsteuersätze auf 16 statt 19 Prozent, beziehungsweise auf fünf statt sieben Prozent für den ermäßigten Satz. Doch kurz vor Ablauf des im Frühsommer beschlossenen Steuergeschenks hält sich die Kauflaune der Verbraucher offenbar in Grenzen.
Nach dem aktuellen Konsumbarometer des Handelsverband Deutschland (HDE) ist die Anschaffungsneigung im Dezember, dem Monat, in dem der Geldbeutel der Verbraucher traditionell eher locker sitzt, deutlich zurückgegangen. Der Verband rechnet auch damit, dass dies noch eine Weile anhält. Denn während im bisherigen „Lockdown light“ vor allem die Möglichkeiten zum Konsum in Gastgewerbe, Tourismus und Kultur eingeschränkt sind, verdichten sich nun die Anzeichen dafür, dass nach Weihnachten fast alle Geschäfte wieder vorübergehend geschlossen werden.
Olaf Scholz will keine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung
Doch auch ob die Steuersenkung, die laut ursprünglicher Schätzung von Finanzminister Olaf Scholz (SPD) den Staat rund 20 Milliarden Euro kosten sollte, in den vorangegangen Monaten die gewünschte Wirkung erzielt hat, ist umstritten.
Scholz sagt ja und sieht daher keinen Grund, die Maßnahme zu verlängern. Denn nur wegen der Befristung hätten Konsumenten ja Anschaffungen vorgezogen und so die Nachfrage angekurbelt. Dies und die positiven Aussichten für das Wirtschaftswachstum im Jahr 2021 machten eine Fortführung der Maßnahme nicht nötig, erklärte eine Sprecherin des Ministeriums auf Anfrage. Die Einnahmen aus der Umsatzsteuer für den Staat dürften im Vergleich zum Vorjahr um 10,1 Prozent von 243,3 auf 218,8 Milliarden Euro sinken. Doch der Rückgang erkläre sich auch durch den Einbruch der Konjunktur und steuerliche Hilfsmaßnahmen für Unternehmen, die intensiv genutzt würden, so die Sprecherin weiter.
Handelsverband setzt sich dafür ein, dass Mehrwertsteuer unten bleibt
Der HDE fordert, die Maßnahme zu verlängern. Der Aufwand für die Umstellung könne sonst für viele höher sein als der Nutzen. Wolfgang Puff, Hauptgeschäftsführer des HDE Bayern, sagte unserer Redaktion: „Die Maßnahme hat bei eher langlebigen Wirtschaftsgütern etwas Belebung gebracht. Bei Lebensmitteln oder Oberbekleidung spielen die eingesparten Beträge für den Verbraucher keine so große Rolle.“
Wenn die Verbraucher die Senkung denn überhaupt zu spüren bekamen. Denn in ihrem Monatsbericht vom November schreibt etwa die Bundesbank, dass die Mehrwertsteuersenkung insgesamt wohl nur zu 60 Prozent an die Verbraucher weitergegeben wurde. Vor allem bei Nahrungsmitteln profitierten die Konsumenten von niedrigeren Preisen. Gerade bei Dienstleistungen hingegen stärkten viele Anbieter ihre Margen – auch vor dem Hintergrund, dass durch die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen die Umsätze sanken und zusätzliche Kosten für Umbauten anfielen.
Umstellung der Mehrwertsteuer: Handwerksbetriebe sprechen von "bürokratischem Monster"
Simon Junker, Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sagt dennoch, Scholz habe sein Ziel erreicht: „Die Senkung der Mehrwertsteuer hat die Kaufkraft der Verbraucher gestärkt und damit die realen Einkommen stabilisiert. Besonders dürften hiervon Bezieher geringer und mittlerer Einkommen profitiert haben.“
Dass die Senkung nicht durchgehend an die Verbraucher weitergegeben wurde, sei wohl beabsichtigt gewesen. Denn in von der Pandemie besonders betroffenen Bereichen, wie etwa dem Gastgewerbe, trage dies auch zu einer Stabilisierung der Eigenkapitalbasis bei. Mit Maßnahmen wie den aktuellen Stützungszahlungen hätte dies aber zielgerichteter erreicht werden können. Gelinge es, das Infektionsgeschehen rasch einzudämmen und die Maßnahmen ab Mitte Januar nach und nach zurückzufahren, dürfte sich der Konsum rasch erholen. Weitere Anreize wie eine Mehrwertsteuersenkung seien dann nicht nötig, so Junker.
Im Handwerk stieß die Steuersenkung von Beginn an auf ein geteiltes Echo, sagt Ulrich Wagner, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) Schwaben. Weil der Aufwand bei der Umstellung so hoch war – manche Betriebe sprächen gar von einem „bürokratischen Monster“ –, befürworte man nun eine Verlängerung der Maßnahme um mindestens sechs, idealerweise zwölf Monate. „Der Druck auf kleinere Läden gerade des Lebensmittelhandwerks durch Supermärkte war enorm hoch, da diese die sofortige Preisumstellung sehr einfach und schnell realisieren konnten.“ Bei Bauprojekten, die nicht selten mehrere Jahre dauerten, führte die so kurz befristete Senkung dazu, dass für dasselbe Projekt Abschlagsrechnungen mit unterschiedlichen Steuersätzen ausgestellt werden mussten und müssen. „Rechts- und Anwendungsunsicherheiten waren und sind hier vorprogrammiert“, so Wagner.
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