Es hätte deutlich schlimmer kommen können: Wie aus den jüngsten Handelsdaten vom Donnerstag hervorgeht, sind die chinesischen Exporte zwar im August den vierten Monat in Folge gesunken. Dennoch werteten viele Beobachter die Daten der Pekinger Zollverwaltung als tendenziell positiv. Der Einbruch fiel nämlich weniger drastisch aus, als die meisten Ökonomen zuvor prognostiziert hatten.
So sind Chinas Ausfuhren im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 8,8 Prozent zurückgegangen, die Importe um immerhin 7,3 Prozent. Der Handel mit Deutschland hat mit einem Minus von 13,9 Prozent überproportional gelitten. Dementsprechend trüb ist die Stimmung bei den meisten deutschen Unternehmen, die derzeit vermehrt nach alternativen Märkten Ausschau halten – nicht um China zu ersetzen, sehr wohl jedoch die Risiken abzumindern.
Für China scheint die Talsohle wohl erreicht zu sein
Für die chinesische Volkswirtschaft scheint die Talsohle jedoch erreicht. Was die meisten Ökonomen hoffnungsvoll stimmt, ist die deutliche Verlangsamung des Einbruchs. Noch im Juli sah es so aus, als ob sich Chinas Volkswirtschaft im freien Fall befinden würde. Nun stabilisiert sich die Lage, nicht zuletzt weil auch die globale Nachfrage langsam wieder Fahrt aufnehmen dürfte. Im bestmöglichen Szenario für Peking könnte es bis Ende des Jahres zu einer zaghaften Erholung kommen.
Der vielleicht hellste Lichtblick sind derzeit die chinesischen Elektro-Autoproduzenten, die am Anfang ihrer globalen Expansion stehen. Im August sind Chinas Autoexporte um 69 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Die Immobilienkrise in China bleibt ein Problem
Doch trotz der Hoffnungsschimmer gibt es für die Parteiführung in Peking wenig Grund zur Freude. Denn die großen ökonomischen Probleme, die eine Rückkehr zu schnellen Wachstumsraten verhindern, bleiben weiter bestehen: Insbesondere die Immobilienkrise wird die Volkswirtschaft auf absehbare Zeit weiter lähmen.
Dass es sich dabei um eine potenzielle Blase handelt, ist mit bloßem Auge zu erkennen: Bereits außerhalb des fünften Pekinger Stadtrings stehen etliche Bauruinen in der Landschaft herum, im ganzen Land gibt es laut Schätzungen bis zu 90 Millionen leere Wohnungen. Ein erheblicher Teil von ihnen dürfte wohl niemals fertiggestellt werden, auch wenn die Apartments bereits verkauft sind. Damit verlieren unzählige Chinesen einen Teil ihres Vermögens.
Mit „Country Garden“ steht zudem einer der größten Bauentwickler des Landes kurz vor einer möglichen Pleite. Sollte es tatsächlich zur Insolvenz kommen und der Staat nicht helfend eingreifen, dürfte der resultierende Vertrauensverlust wohl einen Dominoeffekt auslösen und weitere Unternehmen in den Konkurs treiben.
Der Konsum in China schwächelt auch
Gleichzeitig schwächelt der Konsum der Chinesen weiterhin. Auf den ersten Blick ist dies wenig bemerkbar: Innerhalb der Volksrepublik sind die Flughäfen, Restaurants und Touristenattraktionen wieder gut besucht. Doch wer bei den Lokalbesitzern nachfragt, erhält die immer gleiche Antwort: Die Leute kommen zwar, aber sie geben deutlich weniger aus als noch vor der Pandemie.
Es darf nicht überraschen, dass das Geld nicht mehr so locker sitzt wie früher. Allein die Jugendarbeitslosigkeit befand sich im Juli mit über 21 Prozent auf einem historischen Rekordhoch, ehe die Statistik von den Behörden unter Verschluss gehalten wurde. Zudem gibt es nach wie vor mehrere Hundert Millionen Chinesen, die mit umgerechnet weniger als 200 Euro pro Monat auskommen müssen – und sprichwörtlich von der Hand in den Mund leben.
Ökonomen fordern seit Längerem bereits ein großes Stimuli-Paket von der Regierung. Bislang jedoch hält sich Peking mit substanziellen Maßnahmen zurück.