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Kommentar: Was nach Pandemie und Krieg von der Globalisierung übrig bleibt

Kommentar

Was nach Pandemie und Krieg von der Globalisierung übrig bleibt

Stefan Stahl
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    Was nach Pandemie und Krieg von der Globalisierung übrig bleibt
    Was nach Pandemie und Krieg von der Globalisierung übrig bleibt Foto: Stringer, dpa

    Schon im Jahr 2017, vor Corona und dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine, fällte der inzwischen verstorbene Cambridge-Ökonom Finbarr Livesey eine treffende Diagnose: „Die Globalisierung, wie wir sie kennen, ist längst überholt, aber die Experten haben es nicht bemerkt.“ Das Jahr, in dem er das sagte, war eines der schwärzesten in der Nachkriegszeit. Schließlich wurde mit Donald Trump ein Mann US-Präsident, der als Protektionist gegenüber China die reaktionäre Keule der Handelsbeschränkungen schwang. Damit einher ging das falsche Versprechen, so lasse sich Amerika wieder „great“ machen.

    Für Populisten wie Trump ist die internationale Arbeitsteilung, also die Globalisierung, ein Abbau-Programm für heimische Jobs. Dabei hat die Entwicklung über Jahrzehnte nicht nur den Wohlstand exportstarker Länder wie Deutschland gemehrt, sondern auch hunderte Millionen Menschen in Asien aus der Armut befreit. Dort entstand eine Mittelschicht, die in der Lage ist, sich Autos zu kaufen. Dass Chinesinnen und Chinesen deutsche Premium-Fahrzeuge amerikanischen Modellen vorziehen, ist nicht das Resultat böser globaler Mächte, wie sie Trump heraufbeschworen hat. Deutsche Fabrikate sind bis auf Tesla-Elektroautos schlicht meist deutlich attraktiver als US-Wagen.

    Nicht erst mit Trump geriet die Globalisierung ins Stocken

    Doch nicht erst mit Trump geriet die Globalisierung ins Stocken, ja waren, wie es der Ökonom Gabriel Felbermayr sagt, ihre glorreichen 30 Jahre vorbei. Der Prozess einer De-Globalisierung setzte schon als Folge der Finanzmarkt-Krise der Jahre 2008 und 2009 ein. Denn die Ereignisse kamen einer Bankrott-Erklärung einer hemmungslos liberalisierten und globalisierten Wirtschaftswelt gleich. Kapitalismus hatte sich in Turbo-Kapitalismus verwandelt. Damals fielen Banken wie Lehman reihenweise um. Sie erstickten daran, dass außer Rand und Band geratene Glücksritter toxische Finanzprodukte rund um die Welt verkauft haben. Das war ein Faustschlag für die Philosophie der Globalisierung: Menschen verstanden, dass in zu freizügigen Märkten Geldhäuser wie die Bayerische Landesbank oder die HRE sich eine Lungenentzündung holen, wenn in den USA die Finanz-Grippe um sich geht.

    Der Kapitalismus bekam eine böse Fratze der Gier. Spätestens seit der Finanzmarktkrise macht vielen die zu exzessive Vernetzung der Weltwirtschaft Angst. Mit der Pandemie beschleunigte sich der Trend einer De-Globalisierung: Denn Lieferketten brechen seitdem ab und Halbleiter sind knapp. Das neue Zauberwort heißt „Reshoring“. Es steht für die Zurückverlagerung von Produktion nach Europa und in die USA. Volkswirtschaften wie Deutschland werden sich zunehmend regionalisieren. Dabei ist der Begriff „Region“ weit zu fassen. Darunter fällt die Rückverlagerung weit entfernt gelegener Fabriken in den europäischen Raum, also etwa nach Portugal oder Rumänien. Denn kürzere Lieferketten sind sicherer. Das hat die Pandemie verdeutlicht. Doch der Krieg lehrt uns auch, wie verwundbar selbst kürzere Lieferketten sind: So fehlten plötzlich Auto-Kabelbäume aus der Ukraine.

    Russland zahlt einen hohen Preis für den Einmarsch in die Ukraine

    Am Ende hat Larry Fink, Chef des mächtigen US-Vermögensverwalters BlackRock mit seinem Befund Recht, „dass die russische Invasion der Globalisierung, wie wir sie aus den vergangenen drei Jahrzehnten kennen, ein Ende gesetzt hat“. Doch die Globalisierung lebt auf geringerer Drehzahl weiter, wenn auch in anderer Form: Wirtschaftsblöcke wie Europa rücken enger zusammen und intensivieren den Warenaustausch. Damit einher geht eine Abschottung Russlands, für die das Land einen hohen Preis zahlen muss. Nationalismus und Militarismus töten auch Wohlstand.

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