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Kommentar: Theo Müller sollte sich Schrauben-Milliardär Würth zum Vorbild nehmen

Kommentar

Theo Müller sollte sich Schrauben-Milliardär Würth zum Vorbild nehmen

Stefan Stahl
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    Reinhold Würth, Vorsitzender des Unternehmensbeirats der Würth-Gruppe, hat seine Mitarbeiter vom Wählen der AfD abgeraten.
    Reinhold Würth, Vorsitzender des Unternehmensbeirats der Würth-Gruppe, hat seine Mitarbeiter vom Wählen der AfD abgeraten. Foto: Christoph Schmidt, dpa

    Wenn Reinhold Würth nicht schon mit staatlichen Ehrungen überhäuft worden wäre, müsste er sie unverzüglich erhalten. Denn der Schrauben-Milliardär hat der Demokratie den größtmöglichen Dienst erwiesen, schließlich ergreift er in einem unserer Redaktion vorliegenden Rundbrief an seine rund 27.000 Beschäftigten Partei für die liberale Verfassung und warnt davor, dass die AfD „mindestens eine Demokratur oder gar eine Diktatur einführen“ wolle. Wie ein weiser Vater redet der Baden-Württemberger den Mitarbeitern ins Gewissen, um sie aus seiner Sicht vor einer Dummheit zu bewahren, eben der Partei am rechten Rand ihre Stimmen zu geben: „Bloß wegen ein bisschen Spaß an der Freude Rabatz zu machen und aus Unmut über die Ampel-Regierung die

    Reinhold Würth, Vorsitzender des Unternehmensbeirats der Würth-Gruppe, hat seine Mitarbeiter vom Wählen der AfD abgeraten.
    Reinhold Würth, Vorsitzender des Unternehmensbeirats der Würth-Gruppe, hat seine Mitarbeiter vom Wählen der AfD abgeraten. Foto: Christoph Schmidt, dpa

    Würth ist ein politischer Kopf, der immer wieder seine Präferenzen durchblicken lässt. So äußerte er einst Sympathien für den CDU-Mann Friedrich Merz, outetet sich aber auch als Wechselwähler: „Ich bin sehr zufrieden mit Winfried Kretschmann, unserem Ministerpräsidenten.“ Denn er sei ein hervorragender Landesvater. Aus Anerkennung für Kretschmanns Leistungen hatte er bei der Europawahl die Grünen gewählt. 

    "Großer Respekt": Reinhold Würth lobt Bundeskanzler Olaf Scholz

    Auch ein dritter Politiker, der sonst Prügel einstecken muss, genießt den Respekt des Kunstsammlers aus Künzelsau. In dem Scheiben würdigt er Kanzler Olaf Scholz für seine umsichtige Außenpolitik nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine. Würth betrachtet es „mit großem Respekt“, dass der SPD-Mann Taurus-Marschflugkörper nicht an die

    Hier spielt sicher sein Alter eine Rolle, ist der 88-Jährige doch 1935 geboren und hat damit die Schrecken der Nazi-Herrschaft und die Auswirkungen des Kalten Krieges miterlebt. Aus eigener Anschauung ist ihm klar, was Feinde der Demokratie (und dazu zählt er die AfD) anrichten können. Würth ist zudem bewusst, dass ein Land wie Deutschland, welches einst Russland überfallen hat, der Ukraine unter keinen Umständen Marschflugkörper liefern sollte. 

    Würth erweist sich in seinem Rundbrief als guter Psychologe

    Dabei erweist sich der Milliardär als guter Psychologe, der sich in die Beschäftigten hineinversetzen kann, schließlich ermuntert er sie geschickt: „Meine Empfehlung ist, lassen Sie uns im heutigen System unseres so wunderbaren Grundgesetzes mit unseren unterschiedlichen Meinungen, Vorstellungen und Ideen weiter zusammenleben und schätzen wir wieder, was wir haben.“ Er empfiehlt Menschen, die immer weiter nach rechts abdriften, sich über ihre Familie, den Arbeitsplatz, das Auto, die Wohnung oder das Haus, Urlaubsziele, absolute Bewegungs- und Reisefreiheit oder die politische Vielfalt der demokratischen Parteien zu freuen. 

    Würth trifft damit den Nagel auf den Kopf. Denn vielen Deutschen geht es im internationalen Vergleich gut, vielleicht zu gut, um das, was sie haben, zu schätzen. Hier dürfte der Unternehmer mit seiner Wette richtig liegen, dass „der durchschnittliche AfD-Wähler über ein eigenes Auto verfügt und mindestens einmal im Jahr in den Urlaub fährt“. 

    Auch Patriarch Theo Müller sollte der AfD die braune Karte zeigen

    Würth stammt aus der Hohenlohe-Region. Dort, führt er aus, „beschreiben wir einen Menschen, der gut platziert ist und trotzdem durch besondere Unzufriedenheit auffällt als einen, dem man einmal die Zunge schaben müsste“. Das bringt den Unternehmer auf die handfeste Idee: „Vielleicht wäre das auch beim einen oder anderen Wähler angebracht.“ Seinen Beschäftigten versucht er, die Vorzüge der Demokratie zu verdeutlichen: Jeder könne sagen, Bundeskanzler Scholz sei ein Dummkopf, ohne dafür ins Gefängnis zu wandern. Herrlich ist auch seine Ampel-Analyse: Die Regierung laufe zwar „wie ein Hühnerhaufen“ durcheinander, bringe aber trotzdem das ein oder andere positive Gesetz auf den Weg. 

    Nach der Lektüre der Würth-Predigt müsste es einem anderen Milliardär, dem schwäbischen Molkerei-Patriarchen Theo Müller, dämmern, dass auch er der AfD die braune Karte wie der Schrauben-König zeigen sollte. Der Bayer ist 84 Jahre alt und sollte wissen, wie gefährlich es ist, wenn eine Gesellschaft zu weit nach rechts driftet, er nannte aber die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel „eine Freundin“, mit der er sich gerne unterhalte. Würth schließt sich hingegen den Protestzügen gegen den Rechtsextremismus „voll an“ und bestärkt die Anständigen, an ihrem friedlichen Aufstand gegen die Feinde der Demokratie festzuhalten. Fortan heißt es für Theo Müller: „Alles Würth, oder was?“. 

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