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Kommentar: Nach dem Schnee-Chaos bei der Bahn ist der GDL-Streik nicht mehr vermittelbar

Kommentar

Nach dem Schnee-Chaos bei der Bahn ist der GDL-Streik nicht mehr vermittelbar

Lena Jakat
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    Schnee und Eis liegt auf den Gleisen am Hauptbahnhof.
    Schnee und Eis liegt auf den Gleisen am Hauptbahnhof. Foto: Sven Hoppe, dpa

    Eigentlich sollte es diesen Kommentar nicht geben. Eigentlich sollte die Autorin in einem Zug nach Berlin sitzen. Doch jetzt hat die Lokführergewerkschaft GDL für ein äußerst kommentarwürdiges Thema gesorgt und dafür, dass genug Zeit ist, diese Zeilen zu verfassen. Es wird wieder gestreikt bei der Bahn, von Donnerstag- bis Freitagabend, im Personen- und Güterverkehr, im Regionalen wie auf Fernverbindungen. Begeisterungsstürme unter Zugreisenden hat noch kein Bahnstreik ausgelöst, aber dieses Mal dürften Wut und Unverständnis neue Rekordwerte erreichen, vor allem im Süden Deutschlands. 

    In Teilen Bayerns hat der Wintereinbruch vom Wochenende tagelang für massive Beeinträchtigungen gesorgt, auf einigen Strecken ging gar nichts mehr. Viele Pendler mussten zwangsweise ins Auto steigen, was auf glatten vollen Straßen für noch mehr Unfälle und noch mehr Staus sorgte. Auf etlichen Strecken war am Mittwochabend immer noch nicht der Normalbetrieb zurück, Bahnkunden steckten fünf Tage Umwege und Dauerfrust in den Knochen, als sie die Nachricht vom neuerlichen Streik der GDL erreichte. Die Reaktionen: Unverständnis, Ärger, blanke Wut. Wer da noch ruhig bleiben konnte, sollte sich sofort zum Gelassenheitscoach umschulen lassen. 

    Streik bei der Bahn: Das Verhalten der GDL ist verantwortungslos

    Klar, könnte man sagen, die Zugreisenden müssten differenzieren in ihrem Frust: Die Wut für die tagelangen wetterbedingten Beeinträchtigungen sollte sich gegen den kaputtgesparten Konzern und die Verantwortlichen richten, der Zorn wegen der Ausfälle ab Donnerstag gegen die Kleingewerkschaft der Lokführer. Leider ist das Ergebnis in beiden Fällen dasselbe: Die Bahn kommt nicht. Und wer wütend ist und zornig und erschöpft, ist nicht so gut im Differenzieren. Vor allem aber ist das Vorgehen der GDL absolut rücksichts- und verantwortungslos. Erstens: das Timing. Das Mindeste, was die GDL hätte tun können, ist, vom Verkehrschaos der letzten Tage besonders betroffene Regionen von den Arbeitsniederlegungen auszusparen. Oder den Streik einfach ganz zu verschieben. 

    Zweitens: die Forderungen. Die Gewerkschaft verlangt aktuell neben einer Inflationsausgleichsprämie 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden. Der frustrierte Bahnkunde fragt sich, wie solche Beträge gezahlt werden sollten, wenn offenkundig nicht einmal das Geld da ist, um den Schnee von den Schienen zu kriegen. Und was dann eine Gewerkschaft dazu treibt, derart unrealistische Forderungen aufzustellen. Außerdem leidet die Bahn – und mit ihr die Passagiere – schon jetzt unter heftigem Fachkräftemangel. Bei der geforderten Reduzierung der Arbeitszeit bräuchte man nach Berechnungen des zugegeben arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft 10.000 neue Mitarbeitende, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Zehntausend. Selbst sonst wohlgesonnen Bahnreisenden ist das nicht mehr vermittelbar.

    Doch der Streik ist nicht nur zwischenmenschlich und unternehmerisch verantwortungslos, sondern auch politisch. Mit solchen Aktionen gefährden die Lokführer die so notwendige Verkehrswende in diesem Land. Wer in einer der wirtschaftsstärksten Regionen Deutschlands wie unserer fast eine Woche täglich neu von der Bahn enttäuscht wird, egal ob vom Konzern oder der Gewerkschaft, steigt vielleicht beim nächsten Mal halt doch wieder ins Auto Richtung Berlin – oder gleich in den Flieger. 

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