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Kommentar: Hamburger Hafen: Deutschland muss China Grenzen aufzeigen

Kommentar

Hamburger Hafen: Deutschland muss China Grenzen aufzeigen

Stefan Stahl
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    China will bei einem Terminal des Hamburger Hafens landen.
    China will bei einem Terminal des Hamburger Hafens landen. Foto: BREUEL-BILD/CNTV

    Olaf Scholz gibt sich gerne als Pragmatiker, was für einen Politiker an sich nicht verkehrt ist. So sagte er, bezogen auf Unruhestifter wie den früheren amerikanischen Präsidenten Donald Trump: „Getanzt wird mit denen, die im Saal sind – das gilt in der Dorfdisco wie in der Weltpolitik.“ Doch grenzenloser Pragmatismus ist fatal. Das gilt für die Dorfdisco wie für die internationale Machtbühne. Auch in der Land-Diskothek kann es ratsam sein, sich einige Typen auf Distanz zu halten, aus Selbstschutz und um nicht falsche Erwartungen in ihnen zu wecken.

    Sowohl Kanzler Gerhard Schröder auch wie seine Nachfolgerin Angela Merkel haben viel zu oft und zu lange mit dem Russen weltpolitisch abgerockt. Die Strafe für die naive Haltung blieb nicht aus: Längst versucht der Diktator, Deutschland vor allem wirtschaftspolitisch schwindlig zu tanzen, indem er das Land durch den Entzug des lange reichlich gelieferten Gases erpresst. Das durchschaubare Manöver Putins läuft zum Glück in die Leere:

    Gibt der Kanzler dem trickreichen China nach?

    Doch noch erweckt der Kanzler den Anschein, als würde er dem trickreichen China zumindest teilweise nachgeben und trotz aller Warnungen seines Wirtschaftsministers Robert Habeck den Einstieg bei einem Terminal des Hamburger Hafens erlauben. Wenn der SPD-Mann sich dazu wirklich durchringt, würde China auf dem selbst gesteckten Ziel der maritimen Weltherrschaft bei einem weiteren europäischen Hafen den Fuß in die Türe quetschen. Dabei gehen die imperialistischen, erzkapitalistischen Kommunisten wie Erpresser vor, schließlich machen sie weitere Aufträge für den Hamburger Hafen von ihrem Einstieg bei dem Terminal abhängig. Im Umkehrschluss drohen sie also damit, nicht mehr so stark in der Hansestadt zu investieren, wenn ihnen eine Beteiligung verwehrt wird.

    Als beste Abwehrmaßnahme gegen Erpresser gilt es, sich erst gar nicht erpressen zu lassen. Das ist die einzige Sprache, die auf weltpolitischer wie Dorfdisco-Ebene verstanden wird. Wer sich einmal erpressen lässt, lädt zu neuen heimtückischen Versuchen ein. Da hilft nur das Prinzip „Klare Kante“. Noch ehe Scholz nach China reist, muss er dem dortigen Staatschef Xi Jinping, der sich (was leider kein weltpolitischer Witz ist) „überragender Führer“ nennen lässt, klarmachen, dass sein langer, machtgieriger Arm nicht auch nach Deutschland reicht. Das gelingt dem Bundeskanzler nicht, wenn er sich auf einen Kompromiss einlässt. Demnach würde den Chinesen zwar die gewünschte Beteiligung von 35 Prozent verwehrt. Sie bekämen immerhin noch 24,9 Prozent an dem Hafenterminal. Die Erfahrung zeigt indes, dass Investoren aus dem Land Meister der Salamitaktik sind. Geübt im Schreiben lang laufender Wirtschaftspläne schneiden sie geduldig Scheibe für Scheibe der Wurst ab, bis sie wie beim griechischen Hafen in Piräus oder beim Augsburger Roboterbauer Kuka am Ziel ihrer Machtträume sind.

    Hamburger Hafen: Wo bleiben die europäischen Kapitalisten?

    Dabei stellt sich die grundsätzliche Frage: Wo sind denn die europäischen Erzkapitalisten, wenn es darum geht, sensible Teile der Infrastruktur, wie es Häfen, aber auch Technologie-Perlen wie Kuka unbestritten sind, zu schützen? Warum verhindern Europäer nicht mit Milliarden, dass Filetstücke in die Einfluss-Sphäre eines autoritären, seine Bürgerinnen wie Bürger überwachenden und schikanierenden Regimes wie China gelangen? Die zunehmende Macht des Landes ist das Spiegelbild der Schwäche des demokratischen Westens. Dieses Defizit hat Scholz zumindest erkannt. Im Zusammenhang mit seinem problematischen Dorfdisco-Vergleich warb er für eine stärkere Zusammenarbeit in Europa, „damit wir in der Welt nicht herumgeschubst werden können“.

    Einigkeit auf EU-Ebene ist eben die beste Abwehrmethode gegenüber Schubsern wie Putin und Jinping. Die naive westliche Taktik des Lächelns und schöner Gruppenfotos prallt an derart ausgebufften Taktikern der Macht ab. Deswegen müssen auch deutsche Konzerne wie VW, Mercedes-Benz oder BASF, die stark vom China-Geschäft abhängig sind, aufpassen: Denn der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, warnt, auf Dauer gehe die weit erheblichere Gefahr für unsere Sicherheit von den Machthabern in Peking aus: „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel.“ Der Chef des Bundesnachrichtendienstes, Bruno Kahl, sieht das ähnlich: Wirtschaft und Politik in Deutschland seien bisher zu „vertrauensselig“ gegenüber Peking aufgetreten.

    China hat daher reichlich Misstrauen und nicht den Einstieg beim Hamburger Hafen verdient.

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