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Kommentar: Günstig wohnen? Österreich macht es vor

Kommentar

Günstig wohnen? Österreich macht es vor

Michael Kerler
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    Mit der Wohngemeinnützigkeit hat auch Österreich gute Erfahrungen gemacht.
    Mit der Wohngemeinnützigkeit hat auch Österreich gute Erfahrungen gemacht. Foto: Roland Schlager, dpa

    Dass die Ampelparteien bei der Europawahl derart abgestraft wurden, zeigt die Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Der Absturz kommt nicht von ungefähr. Viele Probleme sind liegen geblieben. Eines unter vielen ist die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt. Schätzungen zufolge fehlen in Deutschland rund 800.000 Wohnungen. Wenn Mietwohnungen knapper werden, Interessenten bei einer Besichtigung Schlange stehen und die Mietpreise stark steigen, zeugt dies davon, dass Aufgaben ungelöst sind.

    Der Bundesregierung kann man zugutehalten, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine viel Energie gebunden hat und die Rahmenbedingungen ungünstig sind: Während der Bedarf an Wohnraum durch Zuzug steigt, haben zahlreiche Bauträger Projekte auf Eis gelegt

    Wohngemeinnützigkeit für günstigeren Wohnraum

    Endlich beginnt man, in Berlin auf die Wohnungsnot stärker zu reagieren. SPD-Bauministerin Klara Geywitz hat im Kabinett das Instrument der Wohngemeinnützigkeit wiederbelebt. Wer als Unternehmen, Verein oder Stiftung günstigen Wohnraum schafft, profitiert von Steuerbefreiungen. Die Ersparnis wird auf 1000 bis 2000 Euro pro Wohnung und Jahr geschätzt, Unternehmen mit 300 Wohnungen könnten also rund eine halbe Million Euro pro Jahr sparen. Die Kritik ließ allerdings nicht lange auf sich warten: Der Mieterbund hält das Instrument für eine Schmalspurlösung. Es fehlen zum Beispiel Investitionszulagen. 

    Österreich setzt auf Wohnbauförderung und Steuervergünstigung

    Trotzdem sind die neuen Maßnahmen ein Schritt nach vorne, weil sie stärker daran ansetzen, neuen Wohnraum zu schaffen statt Knappheit zu verwalten. Frühere Konzepte wie die in der Großen Koalition eingeführte Mietpreisbremse hat lediglich Symptome bekämpft; richtig funktioniert die Mietpreisbremse bis heute nicht. Die Wohngemeinnützigkeit geht einen Schritt weiter und knüpft an Erfolge an, die damit auch in Österreich erzielt werden. Dort können gemeinnützige Bauvereinigungen Steuervergünstigungen erhalten, wenn sie im Gegenzug bezahlbare Mieten sicherstellen. Österreich gilt europaweit als Vorbild einer sozialen Wohnungspolitik, das System ist allerdings sehr speziell. Neben den Steuerbefreiungen setzt Österreich auch auf eine spezielle Wohnbauförderung. Zahlreiche Wohnungen – gerade in Wien – befinden sich zudem in öffentlicher Hand. Das Wohnen im „Gemeindebau“ hat einen guten Ruf.

    In Deutschland wird deshalb eine Maßnahme alleine nicht reichen, die Wohnungsnot zu lösen. Nötig ist ein Bündel. Wenn die hohen Zinsen den Crash am Bau ausgelöst haben, müssen die Finanzierungsbedingungen schnell verbessert werden. Dass die Bauzinsen von alleine stark sinken, ist aber so schnell nicht zu erwarten. Förderbanken müssen deshalb stärker ins Spiel kommen: Zinsverbilligte Kredite der bundeseigenen KfW machen Projekte attraktiver. Der Bauindustrie schweben Sätze von zwei, besser einem Prozent Zins vor. 

    Privaten Wohnungsbau fördern

    Ein besonders deutsches Problem sind die hohen Bau-Auflagen. Hier geht es nicht nur um Klimastandards, sondern zum Beispiel auch um die Zahl vorgeschriebener Parkplätze. Die Bürokratie sollte nicht nur für einen speziellen, experimentellen "Gebäudetyp E" sinken, wie es Geywitz plant, sie gehört generell durchforstet. Häufig mangelt es auch an Bauland.

    Schließlich muss auch der private Wohnungsbau eine stärkere Chance bekommen. Jeder, der den Mut hat, ein Eigenheim zu errichten, macht eine Mietwohnung frei. Das Baukindergeld hatte hier früher einen großen Schub gebracht. 

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